Der Mann, der's wert ist
bei dem
Geschäft könnte durchaus ein Paar Schuhe für mich rausspringen.«
»Ein Paar Schuhe?«
»Elisabeths Schuhe gefielen ihm
nicht«, erklärte Peter, »der Herr war der Meinung, eine Vollblutfrau wie sie
sollte nur hohe Absätze tragen.«
»Mehr hat er nicht geboten? Nur
ein Paar Schuhe?!«
»Ich habe ihm ganz sachlich
gesagt, daß ich jährlich nur für einen begrenzten Betrag billiger einkaufen
kann und diesen Betrag für meinen eigenen Bedarf brauche. Und da sagte die
Halbglatze: >Diese Möbel können Sie sich doch nicht leisten! Oder haben Sie
einen reichen Freund?< Und da bin ich aufs Klo gegangen und nie
wiedergekommen.«
Typisch Elisabeth!
»Wäre ich wiedergekommen, hätte
mich das 8,50 Mark gekostet. Der hätte das Glas Sekt nicht bezahlt, nachdem er
wußte, daß er an mir nichts verdienen kann. Oder ich hätte zur Entschädigung
für seinen Rabattausfall mit ihm ins Bett müssen.«
»Hast du das deinem Chef
erzählt?«
»Der hat mich am nächsten
Morgen sofort gefragt, ob der Kunde mit mir zufrieden war. Als ich ihm sagte,
daß der Typ nur Sonderrabatte wollte, sagte er, da hätte ich unsere
Sonderangebote offerieren sollen. Ich kann froh sein, solange ich nicht zum
Probebumsen für Matratzeninteressenten angefordert werde. Und was mich am
meisten geärgert hat: Einige liebe Kolleginnen behaupten jetzt, ich hätte
diesen Laffen selbst bestellt, um beim Chef anzugeben, wie gut ich bei der
Kundschaft ankomme.«
»Scheiß-Job, Scheiß-Chef,
Scheiß-Kundschaft«, sagte Peter. »Dieses Pseudo-Luxus-Milieu ist rundum
bescheuert. All diese Statusgeier. Die Frauen sind genauso. Erst erklären sie
protzig: >Geld spielt keine Rolle, Hauptsache, es gefällt mir<, aber dann
sprechen sie die magischen sieben Worte...«
»Was für sieben Worte?«
»Da-muß-ich-erst-meinen-Mann-fragen.
Die Frauen können nicht mal einen lumpigen Kerzenhalter kaufen, ohne darauf
hinzuweisen, wer angeblich über ihr Geld bestimmt. Auch wenn man genau weiß,
die Frau verdient selbst genug, um sich alles zu leisten. Gerade dann sagen die
Weiber: >Da-muß-ich-erst-meinen-Mann-fragen.< Und wenn sie tatsächlich
mit ihrer angeblichen Geldquelle wiederkommen, sagt der Mann garantiert:
>Viel zu teuer.< Frauen suchen die Möbel für die Räume aus, in denen sie
sich selbst aufhalten, also Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Kinderzimmer — das
sind alles Frauenräume, da soll gespart werden. Aber jeder Mann, der einmal im
Monat einen Brief für seinen Kleintierzüchterverein schreibt, richtet sich zu
Hause ein Büro ein, als wär er ein Konzernchef. Da ist alles möglich. Das darf
nicht zu wenig kosten.«
»Aber bei den wirklich reichen
Männern...«
»Bei den Reichen ist
Pfennigfuchserei Statussymbol. Reich wird man nicht durch Verschwendung. Je
reicher einer ist, desto mehr feilscht er. Noch um Zehntelprozent Rabatt. Die
pokern mit ihren Beziehungen. Beziehungen haben, heißt wissen, wo man etwas
billiger bekommt. Mein Chef erzählt immer dieses Witzchen: >Warum sind die
Männer gegen die Ehe und für Beziehungen? Weil sie in Beziehungen die Frauen
billiger bekommen.<« Das hätte auch von meinem Vater sein können. »Und was
willst du jetzt machen?«
»Ich muß noch vier Monate
warten, bis ich kündigen kann. Dann hab ich ein halbes Jahr dort gearbeitet, und
erst dann bekomme ich Möbel mit Rabatt. Das einzige, was mich nämlich an dem
Laden interessiert, ist der zwölfbeinige Tisch und die Stühle aus der
Kahnweiler-Kollektion. Ein phantastischer Ausziehtisch mit extrem dünnen
Metalltischplatten, da können vierzehn Personen dran sitzen, und man kann ihn
auf 60 x 110 Zentimeter zusammenschieben. Er hat zwölf Tischbeine aus Metall,
jedes Bein ist anders — eines gebogen wie bei einem Barocktisch, das daneben
wie ein Blitz, dann ein Spiralfuß, der nächste wie ein Ausrufungszeichen, es
gibt auch einen Renaissancefuß mit Löwenklaue und eine Säule. Ein totales
Kunstwerk und total funktional. Es war Liebe auf den ersten Blick, den will ich
als Arbeitstisch fürs Leben. Und dazu sechs Stühle, jedes Stuhlbein ist auch anders.
Nur darauf warten wir.«
»Wer ist wir? Peter und du?«
»Ja, Elisabeth und ich«, sagte
Peter. »Sobald Elisabeth ihren geliebten Ausziehtisch gekauft hat, machen wir
uns selbständig. Wir wollen versuchen, für Architekturbüros Modelle zu bauen.
Immer mehr Büros geben solche Spezialarbeiten außer Haus. Wir arbeiten präzise,
pünktlich und mit Liebe zum Detail.« Ich staunte nur noch. Sie waren
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