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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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also doch
liiert. Seit wann? Seit dem Abschiedsfest bei mir? Ich wagte nicht zu fragen —
die beiden sprachen nur über ihre Arbeitszukunft. Sie malten sich aus, daß
irgendwann ein Heer von Modellbauern für sie arbeiten würde, und sie würden
demnächst Fotos vom Bankfilialen-Modell an Architekturbüros schicken, um
Aufträge zu bekommen. Peter würde die Briefe dazu schreiben, Elisabeth die
persönlichen Kontakte übernehmen. Peter würde in seiner Zweizimmerwohnung ein
Zimmer als Büro einrichten, Elisabeth würde dort ihren Kahnweiler-Tisch als
Arbeitstisch aufstellen. Peter erklärte, allein hätte er nie gewagt, sich
selbständig zu machen, aber gemeinsam mit Elisabeth könne er nichts falsch
machen. Das Merkwürdigste aber war: Die beiden wirkten überhaupt nicht wie ein
Liebespaar, eher wie Spielkameraden. Als seien sie überhaupt nicht ineinander
verliebt, nur in ihre Arbeit!
    Als ich ging, begleitete mich
Elisabeth zur U-Bahn. Vorsichtig fragte ich: »Geht es gut zwischen Peter und
dir?«
    »Großartig, wir sind wahnsinnig
glücklich, daß wir uns entschlossen haben, demnächst gemeinsam ins kalte Wasser
zu springen.«
    Großartige Zukunftsaussichten:
im kalten Wasser unterzugehen.
    Elisabeth lachte: »Was ich noch
sagen wollte — wenn es bei dir schiefgeht, kannst du bei uns anfangen.«
    »Wieso sollte es mit Benedikt
schiefgehen?«
    »Ich meinte, wenn es mit deinem
Job schiefgeht.«
    »Dann würde ich trotzdem bei
Benedikt bleiben. Wir wohnen ja nicht mehr hier. Aber was machst du, wenn es
mit Peter schiefgeht?«
    »Warum sollte es nicht klappen?
Peter weiß meine Arbeit zu schätzen, das ist mehr wert. Viel mehr als der
berühmte reiche Mann zum Beispiel. Die meisten Frauen sind mit einem reichen
Mann arm dran.«
    »Daß Peter kein Geld hat,
genügt auch nicht, um glücklich zu werden.«
    »Mir genügt es«, sägte
Elisabeth, »ich interessiere mich nicht für Männer, nur für Möbel.«
    Eine Frau, schön wie Catherine
Deneuve oder Grace Kelly, die sich nur für Möbel interessiert! Ich umarmte sie:
»Alles Gute.« Ich sagte es, wie man einem Schwerkranken gute Besserung wünscht.
Was sollte aus Elisabeth werden ohne einen richtigen Mann? Einen Mann wie
Benedikt?
     
    Als ich Benedikt und meinen
Eltern von Elisabeths Plänen erzählte, meinte Benedikt: »Mit einer
Modellbauklitsche ist nicht viel Geld zu machen.«
    Mein Vater sah Benedikt lauernd
an: »Hauptsache, sie wird für ihre Arbeit bezahlt.«
    »Mach dir keine Sorgen, Viktor«,
lachte Benedikt, »ich sorg schon für Viola. In drei Wochen hab ich den
Altersheim-Wettbewerb gewonnen, und dann können wir Viola einstellen.« Damit
gab mein Vater Ruhe.
     
    Spät nachts, als wir mit 220
Stundenkilometern über die Autobahn nach Hause rasten, wurde mir klar, warum
ich mir Sorgen machte um Elisabeth: Sie dachte nur an ihre Karriere. Liebe war
für sie Nebensache. So kann man nicht glücklich werden!
     
     
     

27. Kapitel
     
    In der letzten Woche des
Jahres, in den letzten Tagen vor Abgabe des Wettbewerbs, arbeitete Benedikt
fast rund um die Uhr. Mein Onkel machte mit Familie Urlaub in der Karibik. Nur
Herr Wöltje war bei Benedikt im Büro, um seiner Familie zu entfliehen. Herr
Wöltje sprach nicht mehr über Sandy, er war immer noch mit Beruhigungsmitteln
vollgepumpt, er störte Benedikt mehr, als er half, weil er nur apathisch
rumhockte und sagte: »Mir ist alles scheißegal.«
    Benedikt mußte den Vorentwurf
von Herrn Wöltje immer mehr ändern. Herr Wöltje sagte selbst, daß er eine
Standard-Scheiße hingeknallt habe, nun war Benedikt dafür verantwortlich, und
Benedikt wollte keine Standard-Scheiße abliefern.
    Und Benedikts Entwurf wurde
wirklich kühn. Er gestaltete die Fassade als unregelmäßige Zackenlinie, auf der
Rückseite des Gebäudes waren sogar die Balkone gezackt. Innen, im
Eingangsbereich des Altersheims, wiederholte sich diese Struktur in zwei
gebogenen Zackenwänden, die die Halle gliederten. Es war ein ähnlicher Entwurf
wie in seiner Diplomarbeit, nur noch kühner. Das war genau die betont
auffallende Lösung, die Benedikt wollte, denn jeder Architekt muß eine
auffallende Handschrift haben, sonst bleibt er ewig unbeachtet.
    Obwohl sein Entwurf grundlegend
anders war als Herrn Wöltjes Vorentwurf — Benedikts Altersheim sah eher aus wie
ein futuristischer Jugendtreff -, hatte sogar Herr Wöltje gesagt, wenn er,
falls überhaupt, je in ein Altersheim ziehen würde, dann nur in dieses!
    Am letzten Arbeitstag des
Jahres,

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