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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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zu. Die gereckten Gesichter verschwammen. Eigentlich ist es egal, dachte er. Wird schon schiefgehen. Es wird interessant sein zu sehen, was passiert. »Gut«, sagte er plötzlich mit fester Stimme, »das Gerücht stimmt. Ich habe vor, das Bauamt um die Erlaubnis zu bitten, ein Siedlungsprojekt zu beginnen.«
    Er machte eine Pause, im Saal war es mucksmäuschenstill. Er konnte Betsys Gesicht in der Menge nicht entdecken. Er holte tief Luft. »Ich möchte nicht, dass meine Pläne für das Siedlungsprojekt die Chancen für diese neue Schule schmälern«, sagte er. »Beide Themen sollten getrennt behandelt werden. Eine neue Schule wird sofort gebraucht. Ich habe auf der alten zwei Kinder, und ich habe sie gesehen – sie ist schrecklich. Behandeln wir erst die neue Schule und führen wir den Kampf um mein Siedlungsprojekt später.«
    »Aber mit der Schule kommt alles ins Rollen!«, fiel Parkington ihm ins Wort. Bernstein knallte mit dem Hammer.
    »Mr Parkington«, fuhr Tom fort. »Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen. Auch ich bin in South Bay geboren, und ich mag die Stadt so, wie sie ist. Und noch mehr mochte ich sie, wie sie früher einmal war, Sie nicht auch? Sie war hübscher, bevor die Häuser auf dem Golfplatz entstanden. Damit will ich sagen, dass die Stadt sich eben verändert, und wir können nicht gegen die Veränderung stimmen. Falls das Bauamt mir den Bau einer Siedlung genehmigt, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit sie nicht unansehnlich wird oder die Stadt finanziell aussaugt, aber ich werde nicht versprechen, Haus und Grundstück meiner Großmutter unverändert zu lassen. Das ist unmöglich. Und ich hoffe, Sie werden die Schule, die wir haben, nicht unverändert lassen. In ihrem jetzigen Zustand ist sie eine Schande für uns alle.«
    Spärlicher Beifall erklang, als Tom vom Podium trat. Fast sofort sprang Parkington wieder auf. »Ich möchte allen hier nur sagen, dass die Aufteilung des Rath’schen Anwesens bloß der Anfang ist«, sagte er. »Wenn wir die Steuern nicht niedrig halten, gehen auch andere große Anwesen. Gerade habe ich gehört, dass das große Haus, das der Vorstandsvorsitzende einer Fernsehgesellschaft da am Wasser gebaut hat, verkauft werden soll.«
    »Davon weiß ich wenig, aber es hat nichts mit Schulen oder Steuern zu tun«, sagte Tom rasch.
    »Kann sein«, erwiderte Parkington, »aber wenn die großen Anwesen gehen und wir weiter Schulen bauen, verdoppeln sich unsere Steuern!«
    »Ich glaube nicht, dass die großen Anwesen gehen, nur weil wir eine neue Schule bauen, und selbst wenn, glaube ich nicht, dass wir so arm und hilflos sind, dass wir unsere Kinder nicht unterrichten können«, sagte Tom.
    »Schön und gut«, erwiderte Parkington hitzig, »aber ich sage Ihnen hier und jetzt, dass South Bay, wenn wir die großen Anwesen durch Siedlungsprojekte ersetzen, in zehn Jahren ein Slum ist – ein Slum, sage ich Ihnen, ein Slum!«
    Er machte eine Pause, und die Stille war eindrucksvoll.
    »Ich bin da anderer Meinung«, sagte Tom ruhig. »Wir lassen nicht zu, dass aus der Stadt ein Slum wird.« Dann ging er nach hinten zu Betsy. Sofort sprangen ein Dutzend Leute auf und baten um das Wort. Antonio Bugala, der Bauunternehmer, begann mit einem leidenschaftlichen Aufruf zu gesteigerten Geschäftsmöglichkeiten. Über eine Stunde lang wogte der Streit, die Stimmen wurden lauter und schriller. Tom sah zu Betsy hin. Sie wirkte verängstigt. Wie seltsam, dachte er, dass wir so abhängig sind – dass unsere Zukunft so sehr davon abhängt, was diese schreienden Leute hier beschließen. Er bekam Kopfschmerzen, und er sehnte sich nach der kühlen Luft draußen.
    Endlich entstand eine Pause. »Hat noch jemand etwas zum Bau einer neuen Schule zu sagen?«, fragte Bernstein müde.
    Sofort sprang Parkington wieder auf. »Um es noch einmal zusammenzufassen, eine Stimme für die Schule ist eine Stimme für ein Siedlungsprojekt, das Tom Rath plant, wie er es zugegeben hat«, sagte er. »Es ist eine Stimme dafür, dass diese Stadt zum Slum wird!«
    Bernstein hob den Hammer. »Falls nicht noch weitere Meinungen geäußert werden …«, sagte er.
    »Ein Slum!«, wiederholte Parkington düster.
    »… erkläre ich diese Versammlung hiermit für …«, begann Bernstein.
    »Einen Moment!«, rief Betsy ungestüm und stand plötzlich aufrecht da. Tom sah sie verblüfft an. Ihr Gesicht war gerötet.
    »Mrs Rath hat das Wort«, sagte Bernstein.
    Einen kurzen Augenblick lang zögerte Betsy.

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