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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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Absprung. »Wünsch mir Glück«, sagte er zu Betsy, nachdem er Mrs Manter abgeholt hatte und nun zur Bahn fahren wollte.
    »Du kriegst den Job schon«, sagte Betsy zuversichtlich.
    So war sie eben immer. Während des Krieges hatte sie sich nie Sorgen um ihn gemacht, das wusste er genau – sie war voller Zuversicht, dass er unversehrt wiederkommen würde. Ihre unverzagten Briefe, die manchmal eingetroffen waren, als er sicher war, er werde den nächsten Sprung nicht überleben, hatten ihn sehr einsam gemacht, und genauso fühlte er sich jetzt, als er sich zu ihr niederbeugte und sie küsste.
    Es gibt keinen verdammten Grund auf der Welt, so nervös zu sein, dachte er am späteren Vormittag, als er zum Gebäude der United Broadcasting Corporation ging. Nach allem, was ich durchgemacht habe, warum sollte ich jetzt nervös sein? Er fragte sich, wie Hopkins wohl war. Wie musste einer sein, damit er so verdammt viel Geld machte? Dazu gehört doch nicht einfach nur Glück, dachte er, und auch nicht nur, wen man kennt – ich tappe nicht in die Falle, das zu denken. Hopkins hat etwas, etwas Spezielles, sonst würde er keine zweihunderttausend im Jahr machen. Was ist es nur?
    Ich muss einfach nur ich selbst sein, dachte er. Ihn einfach behandeln wie jeden anderen auch. Wie es wohl ist, so viel Geld zu haben? Wie es wohl ist, sich nie Gedanken über abgewetzte Hemdkragen und Risse in der Wohnzimmerwand und Löcher im Küchenlinoleum zu machen und wie man eine Frau bezahlen soll, damit sie sich um die Kinder kümmert, wenn die eigene Frau krank ist? Wie es wohl ist zu wissen, dass reichlich Geld da ist, um seine Kinder aufs College zu schicken? Wie es ist, erfolgreich zu sein?
    Lampenfieber, dachte er – ich habe Lampenfieber. Ich habe den Kerl im Visier, und mir zittern die Hände. Dieser Hund. Warum sollte er mich denn nicht mögen? Er mag ja hart sein, aber wäre er mal vor einigen Jahren bei mir gewesen, dann hätte ich sehen wollen, wie hart er ist, wenn der Sergeant in siebenhundert Metern Höhe die Tür aufmacht und sagt: »Wir wären jetzt bald da, Sir. Sind Sie bereit?«
    Bestimmt hat der alte Hopkins auch Schlachten geschlagen, dachte Tom, aber seine haben sich ausgezahlt. Plötzlich stieg in ihm das lächerliche alte Ressentiment auf, der verrückte Zorn, den er so oft empfunden hatte, wenn er Angst hatte und einen armen harmlosen Colonel sah, der hinter seinem Schreibtisch saß und nie springen musste, der vielleicht einen Kaffee trank und mit einem Sergeant scherzte, wann sie wohl ihren nächsten Urlaub kriegten. Wenn er so etwas gesehen hatte, erst recht ein paar Stunden vor einem Start, war dieser irrwitzige Zorn in ihm aufgestiegen, und ohne jeden Grund empfand er ihn auch jetzt. Dann war er in dem goldenen Fahrstuhl und fuhr hinauf, hoch in den Himmel hinein. Er musterte den Fahrstuhlführer und war absurderweise erleichtert, dass es nicht der Mann war, dessen Gesicht und Stimme ihm so merkwürdig bekannt vorgekommen waren.
    »Hallo!«, sagte Walker, als Tom in sein Büro trat. »Sie sind ja pünktlich!«
    Tom lächelte. »Darum bemühe ich mich immer«, sagte er überkorrekt und kam sich lächerlich vor.
    Walker legte die kleinen aufgedunsenen Hände auf den Schreibtisch und wuchtete seine gewaltige Masse ächzend aus seinem Lehnstuhl. »Wir holen Bill Ogden ab und gehen dann zu Mr Hopkins«, sagte er.
    Ogden sah mehr denn je wie ein Modegeck aus. »Sehr erfreut, Sie zu sehen«, sagte er zu Tom, aber er klang alles andere als das – er klang überhaupt nicht so, als freute er sich über etwas außer die glücklichen Umstände, deretwegen er gut aussah, schlank und gut gekleidet war und eine Position mit wenigstens einer gewissen Autorität innehatte.
    Ogden ging voraus, Walker schnaufte hinterher, dann stieg Tom wieder in den goldenen Fahrstuhl. Hinter Ogden trat er hinaus auf den sechsundfünfzigsten Stock. Dort waren die Flure breiter, wie ihm sofort auffiel. Auf den Fußböden lag dickere Auslegeware, und selbst die Deckenleuchten waren aus schwererem Messing als auf den Stockwerken darunter. In der Luft, fand er, lag fast ein Geruch von Geld, der moschusgleich alles durchdrang.
    Hopkins’ Vorzimmer war ein großer Raum, in dem zwei hübsche junge Frauen und eine grauhaarige ältere an großen Schreibmaschinen saßen, die wie Registrierkassen aussahen. Um einen Aschenbecher auf einem Ständer herum gruppiert waren fünf bequeme Sessel aus gepresstem Sperrholz. Drei Türen, allesamt geschlossen,

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