Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
Hopkins’ Projekt für psychische Gesundheit immer ironisch geredet, und wenn du das so siehst, dann solltest du für den Mann nicht arbeiten. Du solltest denken, das ist die beste Idee der Welt! Und warum ist es denn keine gute Idee, wenn man mal darüber nachdenkt? Was ist schlimm daran, etwas für die psychische Gesundheit zu tun? Warum musst du darüber so verdammt zynisch reden?«
»Von nun an bin ich brav«, sagte er. »Wenn du versprichst, nicht mehr unerträglich zu sein.«
»Ich will nur, dass du einen guten Anfang hast«, sagte sie. »Magst du Mr Hopkins?«
»Ich glaube schon.«
»Du sollst versuchen , ihn zu mögen! Sieh alles immer zu seinen Gunsten. Oder hör sofort auf, für ihn zu arbeiten!«
»Ich mag ihn«, sagte er einfach. »Ich verehre ihn. Mein Herz gehört ihm.«
»Du machst mir Angst, Tommy«, sagte sie. »Das ist mein voller Ernst. Du jagst mir eine Höllenangst ein, wenn du so bist. Für mich bedeutet das, dass du dein ganzes weiteres Leben für nichts mehr Begeisterung zeigst.«
»Ich werde versuchen, den Job gut zu machen«, sagte er. »Mach dir da mal keine Sorgen. Ich werde es versuchen.«
»Setz dich und gieß dir was ein«, sagte sie. »Heute haben sich drei Leute das Haus angesehen, und einer kommt vielleicht wieder.«
15
Tom und Betsy machten sich gerade bettfertig, als das Telefon klingelte. Es war Lucy Hitchcock von nebenan. »Hi!«, sagte sie, einen leicht alkoholisierten Jubel in der Stimme. »Könnten du und Tom morgen Abend auf einen Cocktail vorbeischauen? Bob hat eine wunderbare Gehaltserhöhung bekommen, das wollen wir feiern.«
»Glückwunsch«, sagte Betsy. »Wir kommen.«
»Ich muss noch zwanzig andere Leute anrufen«, sagte Lucy. »Tschüs!«
Von jähem Widerwillen erfüllt, legte Betsy den Hörer auf. Diese Einladung für eine Party, um eine Gehaltserhöhung für den Gastgeber zu feiern, die noch so spät abends kam, enthielt für Betsy alles, was sie an der Greentree Avenue verabscheute. Die Heftigkeit ihrer Abneigung überraschte sie, und noch lange lag sie wach und versuchte, sie zu analysieren.
Es ist ja nicht so, dass ich ein Snob wäre, dachte sie wütend. Es gibt alle möglichen Gründe. Langsam zählte sie sie auf.
Der erste Grund, dass die Einladung sie ärgerte, war der, dass sie sich verpflichtet fühlte, sie anzunehmen. Sie und Tom hatten schon Einladungen der Hitchcocks zu zwei Partys abgelehnt, ein drittes Mal würde Lucy als Kränkung auffassen, egal, welche Entschuldigung angeführt würde.
Der zweite Grund war, dass diese Cocktailparty wie die meisten in der Greentree Avenue an den Rand der Erschöpfung führen würde. Die Cocktailpartys in der Greentree Avenue begannen um halb acht, wenn die Männer aus New York heimkamen, und gingen ohne jedes Abendessen bis morgens um drei oder vier Uhr. Es war den Besitzern der kleinen Häuser fast unmöglich, ihren Gästen ein Essen zu servieren – in dieser Straße war der Brauch, Leute zum Abendessen einzuladen, fast verschwunden. Die Küchen waren klein, Esszimmer praktisch nicht vorhanden, und wenn die Frauen die Kinder ins Bett gesteckt hatten, hatten sie keine Lust mehr, das Essen für eine ganze Gesellschaft zu machen. Cocktailpartys waren eine einfachere Form der Geselligkeit, und das einzig Dumme daran war, dass jeder, der zum Essen nach Hause ging, als Spielverderber galt. Irgendwann gegen halb zehn Uhr abends ging man dann von Martinis und Manhattans zu Highballs über, doch die Förmlichkeit, zwischendurch etwas anderes als Häppchen zu essen, wurde völlig übergangen.
Es kann doch nicht wahr sein, dass die ganze Straße so ist, dachte Betsy – es sind sicher nur die Leute, die wir kennen. Lange Zeit noch lag sie da und dachte an die verschiedenen Familien in der Straße. Fast alle Häuser waren von Paaren mit kleinen Kindern bewohnt, und nur wenige betrachteten die Greentree Avenue als permanenten Wohnsitz – die Straße war nur ein Zwischenstopp, wo die Familien warteten, bis sie sich etwas Besseres leisten konnten. Bei fast jeder waren die Finanzen ein offenes Buch. Das Haushaltsgeld wurde freimütig erörtert, und die öffentliche Feier von Gehaltserhöhungen war üblich. Die größten Partys überhaupt waren Auszugspartys, die diejenigen gaben, die sich endlich ein größeres Haus leisten konnten. Natürlich gab es in der Gegend auch einige Männer, die die Hoffnung auf einen Aufstieg aufgegeben hatten, und einige wenige, die aus einer schlechteren Umgebung hergezogen waren und
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