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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wieder zurück. Direkt vor ihm sprangen Wogen goldenen Lichtes in die Luft, nahmen einmal die Form eines Schwans an und ein anderes Mal die eines Baums. Die linke Schulter von Ned Rawlins verzog sich zu weit nach oben. Ein Buckel entwickelte sich auf seinem Rücken. Ein Bein trat nach vorn und das andere nach hinten. Durch einen goldenen Nebel sah Boardman den Leichnam von Marshall, der an eine Wand gepfählt war. Marshalls Augen waren weit aufgerissen. Gab es denn auf Lemnos keine Fäulnisbakterien? Als Boardman in diese Augen sah, bemerkte er dort die verzerrte Widerspiegelung seiner selbst: das ganze Gesicht eine einzige Nase, aber kein Mund. Boardman schloß die Augen.
    Erleichtert dirigierte der Computer ihn weiter.
     
     
9
     
    Ein Blutmeer. Eine Tasse Blutwasser.
     
     
10
     
    Zu sterben, ohne jemals geliebt zu haben …
     
     
11
     
    Dies ist das Tor zu Zone F. Ich verlasse nun das andere Königreich des, Todes. Wo ist mein Paß? Brauche ich ein Visum? Ich habe nichts zu verzollen. Nichts. Nein, nichts. Nein, gar nichts.
     
     
3
     
    Ein frostiger Wind bläst aus dem Morgen.
     
     
7
     
    Die Jungs, die in F ein Camp errichtet haben, sollten laut Plan herauskommen, sich mit uns treffen und uns durch das Tor führen. Ich hoffe, sie stören uns nicht. Wir finden den Weg auch ohne sie. Wir müssen nur an dem Störfeld vorbeikommen, und schon liegt das Schlimmste hinter uns.
     
     
5
     
    So oft habe ich von dieser Route geträumt. Und jetzt hasse ich sie, obwohl sie wunderschön ist. Man kommt nicht umhin, es zuzugeben: Sie ist einmalig schön. Und wahrscheinlich sieht sie im Augenblick meines Todes am schönsten aus.
     
     
3
     
    Maribeth Chambers hat kleine Falten am Hintern. Bevor sie dreißig wird, sieht sie schon wie eine fette Matrone aus.
     
     
10
     
    Man tut alles Mögliche, wenn es nur der eigenen Karriere nutzt. Ich hätte längst damit aufhören sollen. Ich habe niemals Rousseau gelesen. Ich habe niemals Zeit für Donne gehabt. Ich weiß nichts über Kant. Falls ich das hier überlebe, will ich mich sofort daran machen, sie zu lesen. Ich leiste diesen Eid bei vollem Bewußtsein, bei völliger Gesundheit und im Alter von achtzig Jahren. Ich, Ned Rawlins werde Ich Richard Muller werde lesen Ich will Ich Ich Ich will lesen Ich Charles Boardman.
     
     
13
     
 
14
     
    Jenseits des Tores hielt Ned Rawlins kurz an und fragte den Computer, ob er sich gefahrlos hier hinhocken und einen Moment verschnaufen könne. Die Datenanlage bejahte. Behutsam ging Ned in die Knie, blieb einen Augenblick hocken und berührte mit dem Knie den kühlen, kieselbelegten Straßenbelag. Er sah zurück. Hinter ihm waren kolossale Steinblöcke fünfzig Meter hoch aufgetürmt, ohne Mörtel, aber fugenlos zusammengesetzt. Sie flankierten eine schmale Öffnung, durch die sich nun die massige Gestalt von Charles Boardman schob. Der alte Mann sah verschwitzt und verwirrt aus. Rawlins konnte den Blick nicht von ihm wenden. Er hatte den alten Fuchs noch nie so ohne aalglatte Selbstgefälligkeit gesehen. Aber sie waren auch noch nie zusammen durch dieses Labyrinth gegangen.
    Rawlins selbst fühlte sich auch nicht mehr allzu frisch. Stoffwechselgifte kochten in seinem Körper. Er war so durchgeschwitzt, daß seine Kleidung Überstunden machen mußte, um die Feuchtigkeit wieder loszuwerden. Sie destillierte die Nässe und verdunstete das Substrat aus chemischen Reststoffen. Es war noch zu früh, um sich zu freuen. Brewster war hier in Zone F gestorben, weil er geglaubt hatte, die Gefahren seien nun vorüber, nachdem er der Zone G entronnen war. Nun, immerhin hatten sie es so weit geschafft.
    „Ein kleines Päuschen?“ fragte Boardman. Seine Stimme klang dünn und unsicher.
    „Warum nicht? Ich habe einiges geleistet, Charles.“ Rawlins grinste matt. „Ebenso wie Sie. Der Computer sagt, man kann hier gefahrlos eine kleine Weile verschnaufen. Setzen Sie sich neben mich, ich rücke ein Stück zur Seite.“
    Boardman trat heran und ließ sich nieder. Rawlins mußte ihn stützen, als er beim Hinknien das Gleichgewicht zu verlieren drohte.
    „Muller ist auch diesen Weg gekommen und hat es geschafft“, sagte Ned.
    „Muller war immer schon außergewöhnlich.“
    „Was glauben Sie, wie er es geschafft hat?“
    „Warum fragen Sie ihn nicht selbst?“
    „Das werde ich auch“, verkündete Rawlins. „Vielleicht sitze ich ihm schon morgen um diese Zeit gegenüber und rede mit ihm.“
    „Vielleicht. Wir sollten jetzt

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