Der Mann im Park: Roman (German Edition)
passiert?«
Ivar Hammar beugte sich über den Tisch.
»Entschuldigung, was haben Sie gefragt? Ich höre ein bisschen schlecht.«
»Wo haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«, fragte Stierna weiter. »War das hier in Lerborn?«
»Nein, das war in Ludvika. Bei der Beerdigung seiner Mutter. In der Lyvikskapelle. Seine Mutter starb kurz nach Weihnachten 1927. Kalt und ungemütlich war es damals … Kälter als die anderen Jahre. Sein Vater war ja schon seit Langem tot. Er war danach ganz allein.«
»Er hatte keine Verwandten mehr? Keine Geschwister?«
»Nein, keine Geschwister. Er war Einzelkind.«
»Aber Sie haben doch gesagt, dass ein Verwandter bei Gericht beantragt hat, dass er für tot erklärt wurde. Wer war das denn?«
»Ich weiß es nicht. Vermutlich ein Onkel. Aber ich weiß es wirklich nicht.«
»Hatte er noch andere Verwandte?«
»Bei der Beerdigung waren ein paar Cousins und Cousinen dabei. Aus Gävle und weiter oben aus dem Norden … Aber Genaueres weiß ich nicht, und ich würde sie auch nicht wiedererkennen. Vielleicht waren auch Tanten und Onkel da. Aber viele waren an dem Tag nicht in der Kapelle. Wahrscheinlich habe ich mit einigen von ihnen sogar ein paar Worte gewechselt.«
»Aber Sie wissen nicht, wie diese Familienangehörigen hießen? Oder wie man Kontakt zu ihnen aufnehmen könnte?«
»Nein, das weiß ich nicht.«
»Und dass Enberg verschwand, das war nach der Beerdigung?«, hakte Stierna nach.
»Genau.«
»Und später haben Sie nie wieder etwas von ihm gehört?«
»Nicht, soweit ich mich erinnere.«
»Hat er hier in Lerborn gewohnt, als seine Mutter starb?«
»Nein, er hat in Ludvika gewohnt. Seit vielen Jahren. Ich habe ihn in Ludvika gesucht, nach der Beerdigung. Aber er war weg, ist weggezogen. Wohin, weiß ich nicht. Das wusste niemand.«
»Waren Sie vorher schon mal bei ihm in Ludvika?«
»Nein, nie.«
»Aber trotzdem haben Sie dann nach ihm gesucht?«
»Ja, ich habe mich gefragt, wo er abgeblieben ist.«
»Haben Sie mit vielen Leuten gesprochen, als Sie versucht haben, ihn zu finden?«
Ivar Hammar zuckte mit den Schultern.
»Nun ja, nicht mit so schrecklich vielen. Er wollte wohl einfach weg … Ich weiß nicht, aber so habe ich damals gedacht. Ich glaube nicht, dass sich viele für ihn interessiert haben.«
Um den Jahreswechsel 1927/28 ist also Arvid Enbergs Mutter gestorben, dachte Stierna. Und Anfang September 1928 wurde Ingrid Bengtsson ermordet.
»Haben Sie mit Arvid Enberg bei der Beerdigung gesprochen?«
»Ja. Aber über nichts Besonderes, jedenfalls erinnere ich mich nicht mehr, was ich gesagt habe.«
»Und was hat er gesagt? Erinnern Sie sich daran?«
»Nein. Ich glaube, nicht so viel. Aber er war ziemlich am Boden zerstört. Nicht wie sonst.«
»Inwiefern?«
Hammar überlegte. Stierna musterte Ivar Hammar, ihm kam erneut der Gedanke, dass er etwas Widersprüchliches an sich hatte. Dieser kräftige Körperbau, dazu dieses Zurückhaltende, fast Überhöfliche, als er den Landjäger begrüßte. Und dann dieser lockere Handschlag.
»Er war so abwesend. Als ginge ihn alles, was um ihn herum geschah, gar nichts an. Nun ja, es war natürlich auch eine Beerdigung. Seine Mutter war gestorben, da ist es kein Wunder, wenn man sich so verhält. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckte.«
Stierna machte sich Notizen.
»Hat Enberg jemals über Stockholm gesprochen oder erwähnt, dass er dort hinfahren wollte?«
»Nicht, soweit ich mich erinnere. Aber im Grunde genommen hatten wir auch nicht viel Kontakt. Schon seit der Volksschule nicht mehr.«
»Der Volksschule? Hier in Lerborn?«
»Ja.«
»Hat er damals hier in Lerborn gewohnt?«
»Vielleicht hundert Meter von hier, am Wasser.«
»Auf dem Hof, der abgerissen worden ist?«
Hammar schaute ihn an, schien aber nicht überrascht zu sein.
»Ja, das Haus, in dem er gewohnt hat, ist inzwischen abgerissen worden. Kurz nachdem seine Mutter dort ausgezogen und nach Ludvika gezogen war … Birgersson hat es gekauft, das Land ist gut. Aber das Haus war nichts wert, es hat nur unnötig Platz weggenommen. Kennen Sie Birgersson?«
»Ich habe von ihm gehört.«
»Er hat das gekauft. Wie vieles andere hier in der Gegend.«
Stierna wechselte das Thema.
»Hatte Enberg einen Führerschein?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wissen Sie, ob er Auto fahren konnte?«
»Nein.«
Eine Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet, aber gleich wieder geschlossen. Stierna konnte nicht sehen, wer die
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