Der Mann im Park: Roman (German Edition)
Polizeiarbeit.
Kriminaldirektor Berner erklärt, er rechne fest damit, den Mord in nächster Zukunft aufklären zu können. Da ein so erfahrener Kriminalbeamter wie Kommissar J. Stierna die Ermittlungen leitet, darf man auf ein baldiges Ergebnis hoffen.
Den Rest der Zeitung überflog Lindberg in zehn Minuten. Dann legte er sie beiseite.
Stierna hatte alles perfekt geregelt. Er hatte alle Ressourcen bekommen, um die er gebeten hatte. Gut dreißig Polizeibeamte von der Abteilung Gewaltverbrechen arbeiteten an dem Fall Ingrid Bengtsson. Außerdem hatten sie zehn Mann aus der Zentralabteilung und weitere fünfzehn von den Wachmannschaften ausgeliehen – für die Zeugenbefragungen, das Durchsuchen des Geländes um den Tatort nach neuen Spuren und die Überprüfung von Angaben aus der Bevölkerung. Sie hatten in Djurgårdsstaden und in Vasastaden Zettel aufgehängt. Hatten mit Leuten im Vasapark gesprochen. Chemische Reinigungen aufgesucht, um nach Personen zu fragen, die blutige Kleidungsstücke abgeliefert hatten. Hatten die Familie, Freunde, Nachbarn und Schulpersonal überprüft.
Stierna hatte einen der älteren Kollegen, Hauptwachtmeister Johan Lundby, mit der Führung der Akten beauftragt, damit das eingehende Material gesammelt und logisch abgeheftet wurde. Stierna wusste, dass der 59-jährige, fast krankhaft pedantische Lundby genau der richtige Mann für diese Aufgabe war. Sie sammelten Ausschnitte aus allen Zeitungen, die über den Mord berichteten, und würden das weiterhin tun, bis der Fall gelöst war. Eines Tages konnte der Mörder vor ihnen sitzen und behaupten, er hätte irgendwelche Details in der Zeitung gelesen. Dann würden sie ihn widerlegen können, denn sie hatten alles schwarz auf weiß, jeder Artikel, der über Ingrid Bengtssons Tod geschrieben wurde, wäre bei ihnen gesammelt. So lautete Stiernas Anweisung. Lindberg selbst hatte damit begonnen, Sittlichkeitsverbrecher und Gewalttäter aufzulisten, bevor er nach Göteborg gefahren war.
Lindberg gähnte. Vielleicht sollte er doch ein wenig schlafen.
Der Organisator John Stierna, dachte er, als er auf die graue Landschaft schaute, die vor dem Fenster vorbeistrich.
Sie hatten sich vor vielen Jahren kennengelernt, Anfang des Weltkriegs in der Polizeischule in Uppsala. Waren gemeinsam in Södermalm auf Streife gegangen. Hatten dann beide den Schritt in die Kriminalpolizei getan, auch wenn er immer das Gefühl gehabt hatte, dass Stierna ihm einen Schritt voraus war. Hatten eine Freundschaft aufgebaut, die im Lauf der Jahre immer tiefer geworden war. Als Lindberg heiratete, war Stierna sein Trauzeuge. Sie waren im selben Jahr geboren, er im Frühling, Stierna im Herbst.
Als der Zug viele Stunden später am Stockholmer Hauptbahnhof hielt, merkte Roland Lindberg, wie sehr er sich nach seiner Frau Karin sehnte. Sie hatte ihm nach Jahren des Junggesellenlebens und späten Samstagabenden in der Stadt endlich Manieren beigebracht.
Und er sehnte sich nach seinen beiden kleinen Töchtern. Nach dem Haus in Ålsten, wo dringend das Gras gemäht werden musste, da er sich fast nie die Zeit nahm, das zu tun. Aber jetzt wollte er es noch tun, bevor es zu kalt wurde.
Lindberg nahm seine Reisetasche und trat hinaus auf den Bahnsteig.
15
Wie üblich ging Stierna zu Fuß. Es war früher Morgen, die Kirchenglocke hatte noch nicht sieben geschlagen.
Der Park vor dem Polizeihauptgebäude war menschenleer, und auch auf den Treppenstufen, die zu der großen Eingangstür führten, begegnete er niemandem.
Stierna blieb stehen. Er überlegte, wer wohl da drinnen noch in seiner Dienstwohnung schlief.
Der Polizeipräsident Solman im südlichen Flügel, in seiner protzigen Sechszimmerwohnung. Sein Schwiegersohn, Kommissar Oskar Wallbom, mit Frau und zwei Kindern in der Wohnung daneben. Und neben ihm Kommissar Thurgren mit Ehefrau – die Kinder waren erwachsen und bereits ausgezogen.
Wer von ihnen schlief noch, wer war bereits wach?
Berner wohnte im nördlichen Flügel. Drei Treppen hoch, sein Dienstzimmer direkt unter sich.
Im selben Flügel wohnten noch weitere drei Kommissare.
Erik Martinsson, mit Frau und sechs Kindern. Da reichten die vier Zimmer und Küche kaum.
Verner Lydman, Experte für Diebstähle. Bekannt für sein extrem gutes Gedächtnis, er erinnerte sich praktisch an die Namen aller Diebe in der Kartei. Er wohnte dort mit seiner Frau. Kinder hatten sie keine.
Und Karl-Gustaf Hillgren. Der Chef des Betrugsdezernats, der Mann, der Tag und Nacht Jagd
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