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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Menschen ihre Musik online kauften. Es war ein beengter, modrig riechender, dunkler Ort, die Wände waren mit Postern statt mit Tapeten beklebt, und die einzige Vorraussetzung, um hier einen Job zu kriegen, war offensichtlich, dass man die Haare mehr als schulterlang trug und ein T-Shirt mit irgendeinem halluzinogenen Bild vorne drauf besaß.
    Trotzdem mochte ich den Laden. Heutzutage ist alles viel zu unpersönlich geworden, wir kaufen und lesen alles am Computer. Ich dagegen hielt immer noch gerne eine Zeitung in
der Hand. Und ich zog es vor, mich in einem Laden durch CDs zu wühlen. Während ich wartete, ging ich ein paar alte Smiths-Alben durch. Sie hatten eine ziemlich gute Auswahl. Ich kaufte eine gebrauchte CD von Strangeways, Here We Come , weil ich meine irgendwann verloren hatte, und eine Single-CD von »The Queen Is Dead«, für mich nach wie vor ihr bester Song.
    »Morrissey. Guter Geschmack.«
    Ich drehte mich um, während der Kassierer meine Einkäufe eintippte, und entdeckte einen Kerl, den ich auf Anhieb für Nick Trillo hielt. Archie Novotny hatte mir seinen Namen gegeben; er war der Gitarrenlehrer, der ihm ein Alibi verschaffen sollte. Ich hatte mir bisher noch kein genaues Bild des Mannes zurechtgelegt, aber nachträglich betrachtet entsprach er genau dem, womit ich gerechnet hätte. Er war mager, aber mit einem kleinen Bäuchlein, trug einen schütteren Ziegenbart und einen langen grauen Pferdeschwanz.
    »Sie auch«, gab ich zurück und nickte in Richtung seines T-Shirts, auf dem das Cover von That What Is Notvon Public Image Ltd. prangte, der Band, die Johnny Lydon nach den Sex Pistols gegründet hatte, auch wenn ich PILs früheren Kram lieber mochte. »Gibt es einen besseren Song als >Acid Drop    »Nein.« Sein Gesicht begann zu strahlen. »Nein, Mann, gibt es nicht.« Er stupste mich leicht gegen den Arm. Ich hatte seine Sympathie gewonnen. Der Alt-Hippie und der Yuppie im Anzug teilten ihre Begeisterung für einen frühen Pionier des Punk-Rock.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    »Ja, genau. Können wir irgendwo in Ruhe reden?«
    »Klar, Mann. Hier lang.« Ich folgte ihm durch den Raum zu einer Tür, auf der ein Zettel mit der Aufschrift klebte: Hey!
Falls du kein Angestellter bist, was hast du hier verloren? Mach auf der Stelle kehrt und kauf was! Der Hinweis sorgte dafür, dass ich den Laden noch mehr ins Herz schloss.
    Er führte mich in ein Zimmer, in dem er vermutlich seine Gitarrenstunden abhielt. An den Wänden hingen die besten Gitarren, die je hergestellt worden waren: eine LesPaul, eine Stratocaster, eine Flying V. Abgesehen davon war der Raum leer bis auf zwei Stühle in der Mitte und eine einsame Gitarre in einem Ständer, offensichtlich das Instrument, das Nick Trillo während seiner Stunden spielte. Ich kommentierte ausgiebig die Klassiker an der Wand, um weiter das Eis zu brechen, das möglicherweise allein durch meinen Beruf entstand. Immerhin war ich Anwalt. Normalerweise wurden Leute in meiner Gegenwart sofort vorsichtig.
    »Hat Archie Ihnen gesagt, dass ich anrufen werde?«, fragte ich.
    »Ja, er hat irgendwas über Termine gesagt. Und dass ich Ihnen geben soll, was Sie brauchen.«
    Das war hilfreich. Dieser Trillo brauchte nicht zu wissen, auf welcher Seite ich stand und dass ich gegen Archie Novotny arbeitete. Vielleicht dachte er, ich sei Archies Anwalt. Wenn dem so war, würde ich meine Worte sorgfältig wählen, um ihn weiter daran glauben zu lassen, ohne direkt zu lügen.
    »Der 21. September 2006«, sagte ich.
    »Whoa.«
    »Ein Donnerstagabend«, fügte ich hinzu. »Wissen Sie, ob er an dem Abend eine Unterrichtsstunde hatte?«
    »Na ja, er hat immer donnerstags Unterricht. Aber das ist über ein Jahr her, Mann. Trotzdem, ich denke schon, dass er da war.«
    Ich wollte hier nicht den Großinquisitor spielen. Ich musste
es vorsichtig angehen. »Das Einzige, was mir daran Sorgen bereitet, ist, dass jemand anders die gleiche Frage stellen könnte, Ihnen aber keinen Glauben schenkt. Die wollen Unterlagen. Die wollen Beweise.« Ich beugte mich zu ihm vor. »Ich werde Ihnen verraten, was ich befürchte, Nick.« An diesem Punkt zahlte sich hoffentlich unser guter Draht aus. »Meine große Befürchtung ist, dass Archie und ich denen die falsche Antwort geben. Ich will nur die Wahrheit. Wenn wir behaupten, er war hier, und er war es gar nicht, dann stecken wir in Schwierigkeiten. Umgekehrt genauso. Wenn wir denen erklären, er sei nicht hier gewesen, und er war es doch, dann,

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