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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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dachte ich, dass er eigentlich ein besseres Schicksal verdient hatte.
    »Jason Kolarich, der große Anwalt«, sagte er, während er sich auf den Stuhl mir gegenüber fläzte.
    »Ronald Dice, der kleine Schnorrer.«
    Er ignorierte meine Bemerkung und stürzte sich sofort in den Bericht über seinen jüngsten Konflikt mit dem Gesetz. Eine Story, die ich mit geringfügigen Variationen schon x-mal gehört hatte. Zur Einstimmung versicherte er mir, bei der ganzen Sache handle es sich lediglich um ein gewaltiges Missverständnis. Denn natürlich hatte er nicht den blassesten Schimmer gehabt, dass die Tasche, die er von einer erbärmlichen Gestalt zur nächsten befördern sollte, Dope enthielt. Er hatte versucht, diesen unbegreiflichen Irrtum dem freundlichen Streifenpolizisten aus der Nachbarschaft zu erklären, aber der erwies sich als wenig empfänglich für Ronnies Erörterungen.

    Manchmal geht es einem Strafanwalt ähnlich wie einem Redakteur, der einen Text zusammenstreicht. Mandanten erzählen ihm alle möglichen Dinge, die nicht das Geringste mit dem Fall zu tun haben. So schien Ronnie nicht nur zu glauben, dass ich die Anklage gegen ihn niederschmettern, sondern auch, dass ich eine fette Schadensersatzklage für ihn einreichen würde, da sein Kopf versehentlich gegen die Tür des Streifenwagens gestoßen war, während die Cops ihn auf den Rücksitz beförderten.
    »Ronnie, wenn ich mich recht erinnere, habe ich vor knapp einem Monat eine Jury zu Ihren Gunsten manipuliert. Und ich habe einen Deal für Sie ausgehandelt, der Ihnen achtzehn Monate Knast erspart hat. Aber als ich Ihnen dann die Rechnung geschickt habe, haben Sie mir erklärt, ich könne Sie mal.«
    »Irrtum, Chef, Sie hätten die Zahlung längst kriegen müssen.«
    Eine interessante Formulierung. »Richtig, Ronnie, eigentlich hätte ich sie längst kriegen müssen.«
    »Keine Ahnung, was da schiefgelaufen ist.«
    Offensichtlich ein weiteres großes Missverständnis. »Sie haben bloß Glück, dass ich heute guter Laune bin.«
    »Das nennen Sie gute Laune?« Er lachte übertrieben, um seine Unsicherheit zu überspielen. Dann informierte er mich über die Details, den Termin der Voruntersuchung, die Namen einiger Zeugen, und versicherte mir, bis spätestens morgen Abend würden meine zweitausendfünfhundert Dollar eintrudeln.
    »Versuchen Sie aber, das Geld auf legale Weise zu beschaffen«, schlug ich vor, was weiteres Gelächter provozierte. Wahrscheinlich belustigte ihn die Tatsache, dass meine Chancen,
auch nur einen Cent von meinem Honorar zu sehen, noch weit geringer waren als die von Ronnie Dice, bei Holiday on Ice als Eiskunstvirtuose zu brillieren.
     
     
    Heute findet das Mittagessen in Form eines Picknicks im Park statt. Talia breitet die rot-weiß karierte Decke aus - sie ist Teil des Picknicksets, das wir zur Hochzeit geschenkt bekommen haben -, während Emily mit ausgebreiteten Armen im Kreis herumrennt und Flugzeug spielt.
    Talia verteilt das Essen auf die Teller - ihren wunderbaren Hühnchensalat, neue Kartoffeln und Krautsalat. Ein Lunch für zwei. Sie öffnet eine Flasche Evian und ruft nach unserer Tochter. »Komm, Schätzchen, lass uns essen.«
    Emily, die immer noch Flugzeug spielt, umkreist die Picknickdecke und verringert die Flughöhe für eine sanfte Landung. Sie schnappt sich eines der kleinen Sandwichdreiecke, die ihre Mutter extra für sie gemacht hat, und rümpft die Nase. »Mag ich nicht«, sagt sie.
    »Du magst doch Hühnchensalat. Letzte Woche hat er dir geschmeckt.«
    Emily lässt das Sandwich fallen und runzelt die Stirn. »Schmeckt mir nicht.«
    Talia legt ihre Hand auf Emilys blonde Locken, das einzige äußerliche Merkmal, das sie von mir geerbt hat. »Magst du Erdnussbutter und Marmelade?« Talia hat vorsorglich ein Extra-Sandwich mitgebracht.
    Emily blickt in die Sonne und blinzelt, als die Strahlen ihr Gesicht treffen. »Kommt Daddy heute?«
    Talia bückt sich und gibt ihrer Tochter einen Kuss. »Heute nicht, Liebling«, erwidert sie. »Aber wir treffen ihn bald.«
    Ja, wir treffen uns. Wir werden uns schon bald wiedersehen.

8
    Er hieß nicht Smith, obwohl er sich bei diesem Anwalt so genannt hatte. Er hatte auch nicht erwartet, dass Kolarich ihm das abkaufen würde. Allerdings war er davon ausgegangen - und das offensichtlich zu Recht -, dass der Mann nicht allzu viele Fragen stellen würde, wenn ein unbekannter Wohltäter dreihundert Dollar die Stunde springen ließ und der Mandant ein alter Freund war.
    Smith

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