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Der Mann mit dem Fagott

Titel: Der Mann mit dem Fagott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Juergens , Michaela Moritz
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mal getrost uns«, erwidert Brettschneider ruhig. »Worüber haben Sie denn mit den Leuten gesprochen, wenn nicht über Politik?«
    »Nun, ich habe sie natürlich über Rußland ausgefragt, über die Orte meiner Kindheit, über Straßennamen, an die ich mich erinnere und über das Bolschoj-Theater und über solche Dinge. Und wir haben natürlich über das, was auf dem Gut zu tun ist, gesprochen. Niemals über etwas anderes.«
    »Sie haben die Politik so wenig ernstgenommen, daß Sie Ihren Arbeitern, wie ich höre, nicht einmal die Schriften der Partei, die wir eigens für diese Leute auf russisch haben drucken lassen, ausgehändigt haben.«
    Rudi zuckt mit den Schultern. »Solche Schriften habe ich angefordert aber aus irgendwelchen Gründen niemals bekommen. Obendrein können die meisten der Leute ohnedies nicht lesen und schreiben. Das haben sie erst hier ein bißchen gelernt. So viel, wie eben gerade nötig ist.«
    »So, so«, antwortet Brettschneider süffisant. »Sie wollten die Leute wohl lieber an Gorkij und die anderen verbotenen Autoren in Ihrem Hause heranführen als an die Schriften unserer Partei.«
    Rudi schüttelt den Kopf. »Nichts dergleichen trifft zu. Ich glaube, ich habe die Leute so gut wie möglich behandelt, und sie haben deshalb so gut wie möglich für mich gearbeitet.«
    »Wenn Sie keinen besonderen Einfluß ausgeübt haben, wie kommt es dann, daß die Leute sich weigern weiterzuarbeiten, solange Sie nicht auf Ihren Hof zurückkehren?«

    Rudi braucht einen Augenblick, um zu begreifen, was er da hört. Natürlich hat er von diesem »Streik« nichts gewußt. Er ist ja seit seiner Einlieferung ohne Nachricht von draußen. Doch Brettschneider scheint keine Antwort zu erwarten, sondern spricht gleich weiter: »Ihr Gut ist von großer Bedeutung für das Wohl unseres Volkes, und es ist dringend dafür Sorge zu tragen, daß er diese Bedeutung weiterhin erfüllen kann.« Er macht eine Pause. »Natürlich könnten wir die Leute alle erschießen, aber bis wir dann neue Kräfte angefordert, und eingearbeitet haben, kann ein großer Schaden angerichtet worden sein. Die einzige Macht, die Sie noch haben, ist die, diesen Streik zu beenden, und ich rate Ihnen, diese Macht einzusetzen. Es ist in Ihrem ureigensten Interesse, denn ohne diesen funktionstüchtigen Hof müssen wir mit Ihnen, Herr Bürgermeister , leider kurzen Prozeß machen.«
    Brettschneider hält inne und genießt die Wirkung, die seine Worte auf Rudi haben. Dann fährt er fort: »Aber vielleicht könnte man, wenn Sie kooperieren, sogar darüber nachdenken, Sie vor Ihrer Hinrichtung zu einem Minenräumdienst oder an die Front zu schicken. Daß Sie genau wie Ihre Herren Zellengenossen dem sicheren Tod ins Auge sehen, ist Ihnen inzwischen ja sicher klar. Die Frage ist nur, wann und wie. Wir könnten Sie einfach an die Wand stellen oder aufhängen. Aber das Land braucht gerade jetzt Männer, die nichts zu verlieren haben, für ganz spezielle Einsätze. Das wäre dann doch wenigstens noch ein würdiger Tod, auch wenn Sie den ganz bestimmt nicht verdient haben. Und Sie hätten ein paar Tage oder Wochen länger Zeit, das Tageslicht und vielleicht sogar noch einmal Ihre Familie zu sehen. Das muß für jemanden wie Sie doch schon ein unermeßlicher Gewinn sein, nicht wahr?«
    Brettschneiders Stimme hat wieder ihren zynischen Tonfall angenommen.
    Rudi atmet tief durch. Seine Lippe blutet immer noch. Er weiß, er hat keine Wahl. »Was muß ich tun?«
    »Sie nennen uns den Namen einer Vertrauensperson auf Ihrem Hof. Wir bringen diese Person zu Ihnen, und Sie sorgen dafür, daß alles so weiterläuft als wären Sie selbst da. Aber keine faulen Tricks und keine Hinhaltetaktik. Ich warne Sie! Wenn wir davon etwas merken, sind Sie fällig. Ich persönlich finde ja sowieso, daß man Leute wie Sie ohne großes Aufsehen wegräumen müßte, schon aus
Abschreckungsgründen, aber leider, leider hab ich das nicht allein zu entscheiden.«
    Brettschneider seufzt und schraubt an irgendeiner Kanne herum. Köstlicher Duft echten Kaffees steigt auf. Ein beinahe vergessener Geruch. Erinnerung an bessere Zeiten. Was würde Rudi für einen einzigen Schluck davon geben. Oder auch nur für sauberes Wasser.
    Brettschneider schlürft hörbar. Rudi gibt sich einen Ruck. »Wäre es vielleicht möglich, daß ich einen Schluck Wasser bekommen könnte?«
    Der Kommissar lacht. »Sieh einer an, Wünsche haben wir auch noch.«
    Dann steht er aber tatsächlich auf, geht an den

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