Der Mann mit dem Fagott
begabten Nachwuchssänger und Pianisten - - Udo - - Jürgens!!!!!«
Applaus übertönt die Orchestereinleitung meines Eröffnungsliedes, und während ich »All of me - why not take all - - of me« anstimme, spüre ich, wie die Musik, das Publikum mich trägt, wie ich in diesen Momenten erst anfange, zu leben. Und ich weiß, daß ich Gitta verloren habe, weil ich ihr nicht »alles« von mir geben kann, wie es so schön in dem Lied heißt.
Die Trennung
Das letzte Lied des Abend. Es ist ein Uhr nachts. Nachtschwärmer wiegen sich im Takt der Musik. Die Reihen der Gäste haben sich gelichtet.
Plötzlich sehe ich an einem Tisch ganz hinten in der Ecke Gitta. Es besteht kein Zweifel: Sie ist es! Verwundert versuche ich, ihren Blick festzuhalten, aber ich bin nicht ganz sicher, ob sie mich ansieht oder durch mich hindurch. Sie wirkt ein bißchen so, als sei sie nicht sicher, ob sie hier wirklich hergehört oder ob sie besser wieder gehen soll. Insgeheim denke ich: Geh nicht, was immer du über mich denken magst. Bleib hier und laß uns reden. Plötzlich sehne ich mich nach ihrer Nähe, obwohl das bevorstehende Gespräch mir ein mulmiges Gefühl verursacht.
Das Lied ist zu Ende. Ich verbeuge mich, gehe ab, und während Johannes Fehring wie jeden Abend die Abschlußmoderation spricht, gehe ich nicht hinter die Bühne, sondern direkt auf Gitta zu, schließe sie fest in die Arme. »Schön, daß du da bist!«
»Können wir reden?« fragt sie freundlich und selbstbewußt.
»Natürlich. Aber nicht hier.«
Wortlos gehen wir in die Musikergarderobe. Auf dem Tisch immer noch die Papierschnipsel. Gittas Blick fällt darauf. Sie wird ein wenig blaß. Ich werfe die Schnipsel mit einer entschlossenen Geste in den Papierkorb.
Gitta sieht mich etwas verlegen an. Leise sagt sie: »Das hätte ich nicht tun sollen. Ich meine, ich hätte das Bild nicht zerreißen sollen. Dazu hatte ich kein Recht.«
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann ihre verletzte, wütende Reaktion gut verstehen.
»Das ist schon in Ordnung«, murmle ich und beginne, mich umzuziehen. Meine Musikerkollegen drängen um uns herum. Es wird geraucht, gelacht. Man begrüßt Gitta freundlich und vertraut. Man kennt sie gut, sie gehört irgendwie dazu.
»Wenn ihr Lust habt, wir gehen noch in die Adebar.« Charly Drewo fordert Gitta und mich auf mitzukommen.
Gitta sieht mich fragend an. »Vielleicht kommen wir später noch nach.«
Der »Volksgarten« hat inzwischen geschlossen. Kellner räumen die letzten Spuren der Nacht beiseite. An der Theke lehnt beschwipst ein Einsamer. Schweigend treten Gitta und ich auf die Straße. Vor uns der wie leergefegt wirkende, riesige Heldenplatz.
»Wie lange geht das denn schon?«
Ich zögere, will ihr nicht weh tun. Am liebsten würde ich mit der Frage »Was meinst du denn?« Zeit gewinnen, aber das wäre lächerlich, also atme ich tief durch und will sie nicht länger belügen. »Ein paar Monate.«
Erschrecken auf Gittas Gesicht, dann ein ahnungsvolles Nicken. »Irgendwie hab ich’s gewußt. Ich meine, ich hab nichts von dieser Frau gewußt. Aber ich hab gewußt, daß etwas nicht stimmt und daß es da noch jemanden gibt.« Vorsichtig fragt sie: »Ist es etwas Ernstes?«
Ich zucke mit den Schultern. »Was heißt schon ›was Ernstes‹? Du weißt ja, wie ich bin. Ich will eigentlich gar nichts Ernstes. Ich meine, ich will eigentlich nichts, was mich verpflichtet. Ich will etwas Schönes, ich will frei leben. Ernst und wichtig ist mir die Musik .«
Ich spüre, daß ich das, was ich fühle, nicht erklären kann. Meine
Worte müssen Gitta verletzen. Es klingt ja, als wäre sie mir nicht wichtig. Sie nicht und Panja nicht und einfach gar niemand, deshalb beeile ich mich hinzuzufügen: »Das hat aber alles nichts mit dir zu tun. Du bedeutest mir sehr viel, und das mit Panja ist etwas ganz anderes. Das kann man nicht vergleichen. Was zwischen ihr und mir ist, macht das, was zwischen dir und mir ist, kein bißchen kleiner oder unwichtiger. Entscheidend ist, daß ich im Moment mit keiner Frau meine Zukunft plane.«
Der letzte Satz hat härter und abweisender geklungen als er gemeint war, wie immer, wenn ich mich von einer Situation in die Ecke gedrängt fühle.
Gitta lacht bitter. »So genau will ich das, was zwischen euch ist, auch eigentlich gar nicht wissen, du hast schon alles Entscheidende gesagt. Dem ist im Grunde gar nichts hinzuzufügen.« Und nach einer kleinen Pause sagt sie ganz leise: »Irgendwie kann ich
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