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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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ersetzen oder kompensieren sollte.
    Einem Artikel über diesen Mann im Magazin Time habe ich auch eine Tatsache entnommen, die meine ^eorie unterstützt, daß Scaramanga möglicherweise sexuell anomal ist. In der Aufzählung seiner Eigenschaften notiert Time die Tatsache - ohne sie jedoch zu kommentieren -, daß der Mann nicht pfeifen kann. Nach einer volkstümlichen Ansicht hat ein Mann, der nicht pfeifen kann, homosexuelle Neigungen. Diese Ansicht entbehrt freilich jeder wissenschaftlichen Grundlage. (Was diesen Punkt anbelangt, so kann der Leser vielleicht aus eigener Kenntnis und Erfahrung diese Volksmeinung als richtig oder falsch erkennen helfen! C. C.«)
    M hatte seit seiner Jugendzeit nicht mehr gepfiffen. Unbewußt spitzte er den Mund, und ein klarer Ton kam heraus. Er stieß ein ungeduldiges »Pah!« aus und las weiter.
    »Ich wäre also nicht erstaunt zu erfahren, daß Scaramanga in Wirklichkeit nicht der Casanova ist, für den ihn das Volk hält. Wenden wir uns weiteren Folgerungen aus seiner Eigenschaft als Revolverheld zu, so betreten wir das Reich des Adlerschen Machttriebes als Kompensation für den Minderwertigke itskomplex, und hier möchte ich einige gut formulierte Sätze zitieren, die aus dem Vorwort von Harold L. Petersons schön illustriertem >Book of the Gun< (Buch über die Schußwaffe), erschienen bei Paul Hamlyn, stammen. Mr. Peterson schreibt:
    >Unter der großen Anzahl von Dingen, die der Mensch zur Verbesserung seiner Lebensbedingungen erfunden hat, haben ihn wenige stärker fasziniert als die Schußwaffe. Ihre Funktion ist einfach; wie Oliver Winchester mit der Selbstzufriedenheit des 19. Jahrhunderts sagt: ,Ein Gewehr ist eine Maschine zum Werfen von Kugeln.’ Aber ihre immer größer werdende Leistungsfähigkeit und ihre schrecken- und ehrfurchtgebietende Eigenschaft, auf große Entfernung zu treffen, haben ihr außerordentliche Anziehungskraft verliehen.
    Denn der Besitz einer Schußwaffe und die Geschicklichkeit, sie zu verwenden, erhöhen die persönliche Macht des Schützen ungeheuerlich und vergrößern die Sphäre seines Einflusses und Erfolges tausendfach über die Länge seines Armes hinaus. Und da die Schußwaffe die Kraft in sich trägt, so kann der Mann, der sie handhabt, schwach sein, ohne deshalb benachteiligt zu sein. Das blitzende Schwert, die eingelegte Lanze, der gespannte Langbogen waren in ihrer Wirkung durch den Mann begrenzt, der sie hielt. Die Kraft der Schußwaffe liegt in ihr selbst und muß nur freigelassen werden. Ein sicheres Auge und genaues Zielen genügen. Wo immer die Mündung hinsieht, dorthin geht die Kugel und trägt des Schützen Wunsch oder Absicht schnell zum Ziel . . .
    Vielleicht mehr als jedes andere Werkzeug hat die Schußwaffe das Leben der Völker und das Schicksal des Menschen geformt.<« C. C. bemerkte dazu: »Die Unterstützung meiner Prämisse ist klar in Mr. Petersons gewundener Prosa ausgedrückt, und wenn ich auch in seinem Schlußabsatz das Gewehr durch die Druckerpresse ersetzen möchte, hat er doch die wesentlichen Punkte gut herausgearbeitet.
    Scaramanga ist meiner Meinung nach ein Paranoiker in unterbewußter Auflehnung gegen die Vatergestalt (das heißt die Autorität) und ein Sexualfetischist mit möglicherweise homosexuellen Neigungen.
    Er besitzt noch andere Eigenschaften, die sich aus dem früheren Zeugnis von selbst ergeben.
    Abschließend und in Anbetracht des Schadens, den er dem Personal des Geheimdienstes bereits zugefügt hat, bin ich der Ansicht, daß seine Karriere mit größtmöglicher Eile beendet werden sollte - wenn nötig mit den unmenschlichen Mitteln, die er selbst anwendet, vorausgesetzt, es kann ein Agent mit ebensoviel Mut und Geschicklichkeit gefunden werden.« Unterzeichnet: »C. C.«
    Darunter hatte der Leiter der Abteilung für die Karibik und Mittelamerika geschrieben: »Einverstanden«, unterschrieben: »M. A.«, und der Personalchef darunter mit roter Tinte: »Notiert. P. C.«
    M sah vielleicht fünf Minuten lang ins Leere.
    Dann nahm er seine Feder und kritzelte mit grüner Tinte das Wort »Einsatz?«, gefolgt von einem gebieterischen »M«.
    Dann saß er weitere fünf Minuten ganz still und fragte sich, ob er James Bonds Todesurteil unterzeichnet hatte.
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    Es gibt nichts Trostloseres als den Internationalen Flugplatz in Kingston, Jamaika, an einem heißen Nachmittag. Alles Geld war dazu verwendet worden, die Landebahn bis zum Hafen hinaus zu verlängern, damit auch die großen

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