Der Mann mit dem goldenen Colt
Futter auslegen.«
Er klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter und ging zu Scaramanga hinüber.
»Vielleicht war das ein guter Zirkusakt« - er benutzte absichtlich nochmals das Wort - »aber für das Mädchen war es hart. Geben Sie Ihr wenigstens etwas Geld.«
»Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten«, sagte Scaramanga mit schiefem Lächeln. Dann mißtrauisch: »Und was reden Sie da andauernd vom Zirkus?«
Er wandte sich ganz Bond zu. »Bleiben Sie mal, wo Sie sind, Mister, und beantworten Sie mir ein paar Fragen. Sind Sie von der Polizei? Sie riechen ja danach. Und wenn Sie kein Polyp sind, was treiben Sie dann hier in der Gegend?«
Bond antwortete: »Die Leute sagen mir nicht, was ich tun soll. Ich sag es ihnen.«
Er ging in die Mitte des Raumes und setzte sich an einen Tisch. »Kommen Sie, setzen Sie sich her und hören Sie auf, in diesem Ton mit mir zu reden. Das hab ich nicht gern.«
Scaramanga zuckte die Achseln. Er machte zwei lange Schritte, ergriff einen der Metallstühle, wirbelte ihn herum und setzte sich rittlings darauf. Sein linker Arm lag auf der Rückenlehne. Sein rechter Arm blieb an der Hüfte, nur Zentimeter von dem Elfenbeingriff des Revolvers entfernt, der aus dem Hosenbund hervorsah.
Bond erkannte, daß das eine gute Arbeitsstellung für einen Revolvermann war. Die Metallehne diente gleichsam als Schild für den größten Teil des Körpers.
Das war wirklich ein sehr vorsichtiger Fachmann.
Bond hielt beide Hände deutlich sichtbar auf der Tischplatte und sagte fröhlich: »Nein, ich bin nicht von der Polizei. Ich heiße Mark Hazard und bin bei einer Gesellschaft namens >Transworld Consortium<. Ich habe eben bei Frome,
der WISCO-Zuckeranlage, zu tun gehabt. Kennen Sie die?«
»Sicher kenn ich die. Was haben Sie dort gemacht?«
»Nicht so rasch, mein Freund. Sagen Sie mir erst mal, wer Sie sind und was Sie treiben.«
»Scaramanga. Francisco Scaramanga. Gewerkschaftsmann. Je von mir gehört?«
Bond furchte die Stirn.
»Kann ich nicht sagen. Sollte ich?«
»Ein paar Leute, die nichts von mir gehört hatten, sind jetzt tot.«
»Massenhaft Leute, die nie von mir gehört haben, sind tot.«
Bond lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Es wäre mir sympathisch, wenn Sie aufhörten, so hochtrabend zu reden. Siebenhundert Millionen Chinesen haben zum Beispiel von uns beiden noch nie gehört. Sie müssen ein Frosch in einem sehr kleinen Teich sein.«
Scaramanga ignorierte die Stichelei.
Er sagte nachdenklich: »Tja, ich nehme an, Sie können die Karibik einen ziemlich kleinen Teich nennen. Aber man kann trotzdem gute Beute darin machen. Den >Mann mit dem goldenen Colt< nennt man mich hier.«
»Ein handliches Werkzeug zur Lösung von Problemen. Droben bei Frome könnten wir Sie brauchen.«
»Hat es dort Schwierigkeiten gegeben?«
Scaramanga sah gelangweilt aus.
»Zu viele Zuckerrohrbrände.«
»War es das, worum Sie sich gekümmert haben?«
»Gewissermaßen. Eine der Aufgaben meiner Gesellschaft ist Versicherungsnachforschung.«
»Sicherungsarbeit. Ich habe schon früher Leute von Ihrer Sorte getroffen. Dachte mir doch, daß Sie ein Polyp sind.«
Scaramanga sah befriedigt aus. »Haben Sie was erreicht?«
»Ein paar Rastafaris geschnappt. Ich wäre sie gerne alle losgeworden. Aber sie sind zu ihrer Gewerkschaft weinen gegangen, daß man sie wegen ihrer Religion diskriminiere, also mußten wir damit aufhören. Da werden eben die Feuer bald wieder anfangen. Deshalb sagte ich, wir könnten dort einen guten Zwangsvollstrecker brauchen.« Höflich fügte. Bond hinzu: »Ich nehme an, das ist ein anderer Name für Ihren Beruf?«
Wieder überging Scaramanga den Hohn.
Er sagte: »Sie haben einen Revolver?«
»Selbstverständlich. Ohne den kann man nicht gegen die Rastas vorgehen.«
»Was für einen?«
»Walther PPK, 7.65 mm.«
»Ja, das ist wirklich ein Stopper.«
Scaramanga wandte sich zur Bar.
»Hei, kalte Katze, zwei Red Stripes, wenn du wieder im Geschäft bist.«
Er drehte sich wieder um, und die ausdruckslosen Augen musterten Bond scharf. »Was ist Ihre nächste Arbeit?«
»Weiß ich nicht. Muß in London anfragen, ob sie noch andere Probleme in der Gegend haben. Aber es ist nicht eilig, ich arbeite für sie mehr oder weniger als freier Mitarbeiter. Warum?«
Der andere saß ruhig da, während Tiffy hinter der ^eke hervorkam. Sie ging an den Tisch und stellte das Blechtablett mit Flaschen und Gläsern vor Bond ab. Sie sah Scaramanga nicht
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