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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Bewohnern. Nicht einmal ein Hund bellt.
    Ola will schon ein zweites Mal auf den Klingelknopf drücken, als sie ein scharfes, kurzes Summen vernehmen. Mit einem trockenen, metallischen Laut springt die Gartentür auf.
    Langsam betreten sie den kiesbestreuten Weg.
    Mit einem leisen Knack fällt die Tür hinter ihnen zu.
    Zögernd nähern sich die beiden Jungen der Haustür.
    Und wieder bestaunen sie den gleichen Vorgang.
    Kaum haben sie die erste Stufe betreten, als sich wie von Geisterhand die Haustür öffnet.
    „Alles elektrisch!“ murmelt Ola anerkennend.
    Neugierig betreten die Zwillinge das Haus, um wenig später erschreckt zusammenzufahren. Mit einem dumpfen Laut schließt sich auch die Haustür hinter ihnen selbsttätig.
    Sie stehen in einer schmucklosen Diele.
    Es gibt weder Stühle noch Tische. Ein dunkelbraunes präpariertes Eichhörnchen auf einem Ast ist der einzige Schmuck innerhalb der vier kahlen Wände.
    Während Ola schnuppernd die Nase rümpft, starrt Jonas bestürzt auf die Tür, durch die sie soeben gekommen sind.
    „Ola, die Tür — die hat ja weder Griff noch Klinke!“
    Erstaunt wendet Ola seinen Blick nach der Eingangstür zurück. Tatsächlich, die Tür weist keinerlei Beschläge zum Öffnen auf.
    „Sie geht eben nur elektrisch“, stellt Ola ohne jede Gefühlsbewegung fest.
    „Aber was ist mit uns?“ will Jonas aufgeregt wissen. „Wir sitzen in der Falle!“
    „Quatsch! Irgendwie kommen wir schon heraus.“ Lebhaft schnuppernd fragt er seinen Bruder: „Riechst du nichts?“
    Jonas hebt ebenfalls die Nase.
    „Es riecht nach was“, geht er lustlos auf Olas Bemerkung ein, ohne die Haustür eine Sekunde lang aus den Augen zu lassen.
    „Weißt du, wo es auch so riecht? — Im Zoo! — Es riecht nach Tieren.“ Ola ist seiner Sache absolut sicher und will gerade zu einer längeren Erklärung über den spezifischen Geruch von Tieren ansetzen, als sich etwas sehr Merkwürdiges ereignet.
    Die Köpfe der Zwillinge fahren fast gleichzeitig nach oben. Kaum, daß das leise Geräusch verklungen ist, hören sie eine Stimme:
    „Bitte, die Tür geradeaus!“
    Gebannt hängen die Augen von Jonas und Ola an der Decke. Genauer gesagt, an einem kleinen andersfarbenen Viereck an der Decke.
    „Das ist ein Lautsprecher“, flüstert Ola und zeigt mit ausgestrecktem Arm hinauf.
    „Was jetzt?“ erkundigt sich Jonas, und das helle Entsetzen steht ihm im Gesicht geschrieben.
    Doch Ola ist schon an der bewußten Tür.
    Behutsam drückt er die Klinke herunter.
    Ein entsetzlicher Lärm schlägt den beiden entgegen. Rechts und links eines Mittelganges sehen sie eine Reihe von festen Käfigen. In denen zur Rechten kreischen eine Anzahl Affen, während sich in den Käfigen zur Linken mindestens zwanzig buntschillernde Papageien tummeln. Jeder versucht, den anderen zu überschreien.
    Für Augenblicke wandern die Augen der Jungen gebannt von Käfig zu Käfig. Doch plötzlich scheint Jonas das Ungewöhnliche der Situation zum Bewußtsein zu kommen. Mit einer hastigen Bewegung will er den Raum verlassen, als die Stimme von vorhin, wie aus dem Nichts, durch den Raum klingt:
    „Ihr braucht keine Angst zu haben. Die Gitter sind fest. Durchquert den Raum bis zur nächsten Tür.“
    Ola und Jonas sehen sich an. Dann setzen sie stumm ihren Weg fort. Das Gekreisch der Affen und Papageien wird so beängstigend schrill, daß sie unwillkürlich ihre Schritte beschleunigen.
    Der nächste Raum sieht dem ersten täuschend ähnlich. Nur die Bewohner hinter den Gittern sind anderer Art.
    Drei mittelgroße Braunbären, jeder in einer tiefen Nische für sich, wandern mit immer gleichen Schritten und Bewegungen durch die Enge ihrer Behausungen.

    Jonas und Ola schlucken schwer. Dabei schielen sie verstohlen nach oben. Wo bleibt die Stimme? mögen diese Blicke heißen. Und da ist sie auch schon:
    „Durch die Tür in den nächsten Raum“, weist sie die beiden an.
    Sie beeilen sich, dieser Aufforderung Folge zu leisten.
    Aufatmend schließen sie die Tür hinter sich und sind erstaunt über die Veränderung.
    Fast sieht es wie ein Wartezimmer aus.
    Freundliche Blumen in schönen Vasen.
    Korbsessel, ein großer runder Tisch und eine Vielzahl von Zeitungen auf diesem Tisch. Ein Schirmständer, zwei Kleiderhaken in Form von Hirschgeweihen und viele Bilder an den Wänden. Bilder von Tieren mannigfaltiger Art.
    Ihre Lage kommt ihnen mit einem Male viel weniger gefährlich und unheimlich vor.
    „Na, ihr beiden — immer noch

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