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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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auf seine Uhr. Es ist genau dreißig Minuten vor einundzwanzig Uhr. Er schüttelt den Kopf und hält die Uhr an sein Ohr. Es kommt ihm vor, als verginge die Zeit überhaupt nicht.
    Als er zu Rankfield hinüberblickt, sieht er, wie dieser die Augen zusammengekniffen hat und sie gespannt im Theaterraum wandern läßt.
    So, frohlockt Olanson, jetzt hat den Herrn anscheinend auch die Nervosität befallen.
    Der Detektiv sieht schon wieder zur Uhr.
    Noch fünf Minuten, dann gehe ich in den Sicherungsraum, beschließt er und tupft sich den Schweiß von der Stirn. Mitten in dieser Handbewegung erstarrt er. Auch Rankfields Hände pressen in diesem Augenblick die Logenbrüstung.
    Es ist geschehen!
    Die Scheinwerfer sind erloschen.
    Die Notbeleuchtungen brennen nicht mehr. Bühne und Parkett, Logen und Ränge liegen in Dunkel gehüllt. Flüstern und Tuscheln setzt ein.
    Rufe nach Licht werden laut, und hier und dort werden Streichhölzer oder Feuerzeuge angezündet.
    Der Gesang auf der Bühne und das Orchester sind verstummt. Zuletzt waren noch einige Töne der Harfe zu hören.
    Während irgend jemand aus der Dunkelheit von der Bühne her um Verständnis und Nachsicht für ein anscheinend technisches Versagen bittet, ist Erik Olanson aufgesprungen.
    „Er ist zu früh dran, der Herr!“ flüstert er aufgeregt Samuel Rankfield zu, der sich wieder in seinem Stuhl zurückgelehnt hat und mit Ruhe die Situation genießt. Olanson tastet sich zum Logenausgang. Im gleichen Augenblick setzen die Notbeleuchtungen wieder ein, die von einem separaten Aggregat gespeist werden.
    Olanson muß feststellen, daß er nicht der einzige ist, der seinen Platz verlassen hat. Leute stehen oder gehen im Foyer und in den Gängen herum.

    Jonas und Ola sitzen steif und unbeweglich hinter ihrer Holztafel.
    Sie wissen, daß etwas passiert sein muß. Sie wissen aber auch, daß sich noch niemand an den Sicherungen zu schaffen gemacht hat. Also was ist es, das da draußen geschehen ist?
    Die Zwillinge haben die Musik verstummen hören. Ihnen sind die lauten Rufe nicht entgangen, die hinter der Bühne aufgeklungen sind. Und wenn sie auch nicht hinter den Sinn der Rufe kommen konnten, so waren es unzweifelhaft Befehle oder Anweisungen.
    Jonas und Ola halten den Atem an. Laute, polternde Schritte nähern sich.
    Ola richtet sich sprungbereit auf.
    Jeden Augenblick wird jemand den Raum betreten.
    Da, die Tür wird aufgerissen. Jemand ruft laut „Verdammt!“ Er muß gegen einen Gegenstand gerannt sein.
    Der Augenblick zum Handeln ist gekommen. Halb fallend, halb springend stürzen Ola und Jonas hinter ihrer Tafel hervor.
    Die Taschenlampe flammt auf.
    Ihr Schein richtet sich auf einen Mann, der in einem blauen Overall vor ihnen steht. Geblendet vom grellen Schein der Taschenlampe, schließt er die Augen.
    Mit einem wilden Satz springt ihn Ola an. Er hängt sich auf den Rücken des Mannes, während Jonas seine Beine umklammert.

    „Hilfe!“ brüllt der Mann, der starr vor Schreck und Entsetzen sein letztes Stündlein gekommen sieht. Seine Glieder sind steif und die Arme hängen schlaff herunter.
    „Halt die Beine fest, Jonas!“ brüllt in diesem Augenblick Ola seinem Bruder zu, der nur laut keuchend zurückruft: „Ich hab’ sie schon.“
    Was war denn das? Waren das nicht Kinderstimmen? fährt es ihm erwachend durch den Kopf...
    Da kommt neues Leben in den Mann. Mit wenigen Bewegungen schleudert er die beiden Jungen von sich. Die Taschenlampe, die auf den Boden gefallen war, verbreitet genügend Licht, um ihm zu zeigen, daß es zwei halbwüchsige Jungen sind, mit denen er es zu tun hat.
    Jetzt dreht er den Spieß um und stürzt sich mit einem wütenden Ruf auf die beiden Angreifer.
    Jonas ist der erste, den er zu greifen bekommt. Wie ein Schraubstock umklammert er dessen Arm. Jonas verzieht schmerzhaft das Gesicht.
    Ola will seinem Bruder zu Hilfe kommen. Er nimmt kurz Anlauf und springt dem Mann, der statt eines roten Zylinders einen blauen Overall trägt, abermals auf den Rücken.
    Seine Beine umklammern die Hüften des Mannes. Das heißt, er versucht es. Doch der Versuch scheitert kläglich. Mit der freien Linken ergreift der Mann, dessen Wut sich inzwischen noch gesteigert hat, Ola am Bein, und Sekunden später, ohne Jonas auch nur für Bruchteile loszulassen, schnappt er auch den Arm Olas. —
    Der Kampf ist zu Ende.
    Genau zur rechten Zeit. Denn jemand schaltet die Notbeleuchtung im Raum ein.
    In der Tür stauen sich vier... fünf Männer, die

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