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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Erklärung sachlich und logisch ist, muß er seinem Auftraggeber im stillen recht geben.
    Bei sich denkt er: Wenn er es nicht wissen will, habe ich keinerlei Veranlassung, es ihm zu erzählen. Spätestens bei der Spesenberechnung wird er dann schon Fragen stellen.
    Und plötzlich schießt ihm eine Idee durch den Kopf.
    „Ich werde Sie kurz vor Ende des ersten Aktes allein lassen.“
    „Damit habe ich gerechnet“, entgegnet der Amerikaner.
    „Vielleicht ist es gut, wenn ich einen kurzen Besuch bei den Hauptsicherungen mache.“
    Für einen Augenblick will es ihm scheinen, als sei ein Schatten über Rankfields Miene gehuscht. Doch als er jetzt spricht, ist seine Stimme ruhig wie immer.
    „Sie können sich natürlich auch irren, Mister Olanson. Vielleicht ist der Mann mit dem roten Zylinder weitab vom Schuß. Ich könnte mir denken, daß er sich Einlaß zum Elektrizitätswerk verschafft hat und den ganzen Stadtteil in Dunkel hüllt.“
    Einem aufmerksamen Zuhörer konnte die leichte Ironie nicht entgehen, die in Rankfields Worten mitschwang.
    Olanson stutzt, dann aber lächelt er: „Ich traue dem Herrn durchaus zu, daß das, was er schreibt, Hand und Fuß hat. Und da er schreibt, daß er in der Dunkelheit drei Gegenstände an sich bringen will, muß er sich dazu schon hierher bemühen.“
    „Lassen wir uns überraschen“, ist alles, was Rankfield erwidert. Gelassen lehnt er sich in seinem Stuhl zurück, um wenig später ärgerlich zu brummen: „Entsetzlich, daß man hier nicht einmal eine Zigarre rauchen darf.“
    In diesem Augenblick ertönt das erste Klingelzeichen. In Scharen nehmen die Gäste ihre Plätze ein.
    Das zweite und das dritte Klingelzeichen. Langsam verlöschen der Reihe nach die Lichter.
    Vom Orchesterraum hört man das letzte Stimmen der Instrumente.
    Stille. Die Scheinwerfer flammen auf. Björn Nielson, der Dirigent, hebt den Taktstock. Die ersten Töne der Ouvertüre erfüllen das Haus.

    Ola und Jonas haben ein zweites Mal Glück. Außer zwei geschäftigen Kulissenträgern ist ihnen niemand auf ihrem Weg in den Hauptsicherungsraum begegnet. Und Ola, der sich von seinem Schulkameraden Knut den Weg hatte genau beschreiben lassen, hat den Raum auch mit fast schlafwandlerischer Sicherheit gefunden.
    Der kleine Raum ist nur durch eine Notlampe erhellt. Es fällt den Zwillingen nicht schwer, ein geeignetes Versteck zu finden.
    Eine große Holztafel, die, an die Wand gelehnt, einen spitzwinkligen Hohlraum freiläßt, bietet den beiden genügend Platz.
    Ola findet, daß es besser ist, das Notlicht auszuschalten. So wird es der Mann mit dem roten Zylinder schwerer haben, den richtigen Hebel zu finden. Sie, Jonas und Ola, sind ihm gegenüber aber im Vorteil. Daß sie diesen Vorteil auch werden wahrnehmen können, daran gibt es für Ola keinen Zweifel.
    Jonas hockt wie ein jämmerliches Häufchen Unglück neben ihm und fummelt aufgeregt mit der Taschenlampe herum. Er kommt sich vor wie ein Kälbchen, das man zur Schlachtbank geführt hat.
    „Jetzt sitz doch endlich mal ruhig!“ zischt ihm Ola zu.
    „Wie spät ist es denn?“ fragt Jonas flüsternd zurück.
    „Leuchte mal meine Uhr an!“
    Grell, so erscheint es ihnen jedenfalls, blitzt der Strahl der Taschenlampe auf.
    „Mach aus! Es ist fünfunddreißig Minuten vor einundzwanzig Uhr!“ stellt Ola rasch fest. „Knut sagt, daß der erste Akt bis zehn Minuten vor einundzwanzig Uhr dauert. Wir haben noch Zeit.“
    Jonas antwortet nicht. Auch Ola schweigt jetzt.
    Beide lauschen sie den Geräuschen nach, die zu ihnen dringen. Sie hören gedämpft Gesang und Orchestermusik. Dazwischen auch irgendwelches Rumpeln, das sie sich jedoch nicht zu erklären wissen.

    Auch Fredrik Hake und seine sieben Studenten sind auf dem Posten.
    Sie halten sich alle in der Nähe von Türen auf, die ihnen Fredrik zugewiesen hat.
    Das „Horchgerät“ selbst befindet sich in einer entsetzlichen Verfassung. Wie konnte ich Ola nur von der heutigen Aktion erzählen, fragt er sich im stillen wohl schon zum hundertsten Male und weiß keine Antwort darauf. Oder will sie nicht wissen. Ob es nicht ein bißchen Prahlerei war? Schließlich ist er heute abend Anführer einer siebenköpfigen Streitmacht. Er, Fredrik Hake. Wie wohl wäre ihm jetzt, wenn er den Mund gehalten hätte.
    Es gibt nichts, was er Ola nicht Zutrauen würde. Er hat keine Ahnung, daß es sich nur um knappe drei Minuten gehandelt hat, und die Zwillinge wären ihm direkt in die Arme gelaufen.

    Erik Olanson sieht

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