Der Mann mit dem roten Zylinder
Kopenhagen herumkutschieren...“ Als er die Zerknirschtheit seines Partners sieht, klopft er ihm auf die Schultern:
„Mach dir nichts draus, Knut. Wie ich vermute, wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, daß uns die Herrschaften auf die Hacken getreten sind.“
„Das nächste Mal werde ich ganz genau aufpassen, Herr Patò“, beteuert Knut mit einem treuherzigen Augenaufschlag. Dann ballt er die Faust und schüttelt sie drohend dem nicht mehr vorhandenen fremden Auto nach. „Das nächste Mal wird er mir nicht durch die Lappen gehen.“
„Das beruhigt mich. Dann wollen wir uns mal auf den Weg zur nächsten Tat machen.“
Henry Patò macht sich Notizen
Vorsichtig lenkt Henry Patò seinen Wagen durch die Toreinfahrt, die in den Hof des Hotels „Astoria“ führt.
„So, mein Sohn. Ich werde dir jetzt fünf Kronen geben.“
„Und was soll ich damit?“ erkundigt sich Knut Larsen mißtrauisch.
„Ins Kino gehen. Oder hast du keine Lust?“
Knuts Mißtrauen ist noch nicht restlos verschwunden. Und plötzlich dämmert ihm etwas.
„Oh, jetzt weiß ich, warum Sie mich ins Kino schicken... Sie haben etwas vor, wo ich nicht mit darf.“
Patò nickt ihm zu. „Du hast recht. Ich gehe jetzt auf mein Zimmer und werde schreiben.“
„Schreiben?“
„Ja, schreiben. Ich habe nämlich die Angewohnheit, den Tatbestand schriftlich zu rekonstruieren. Verstehst du das?“
„Nein!“ antwortet Knut und schüttelt den Kopf.
„Hm“, macht Patò und gibt ihm einen leisen Nasenstüber, „das ist auch nicht schlimm.“
„Und wann soll ich wiederkommen, Herr Patò?“
„Morgen früh um neun Uhr holst du mich hier im Hotel ab.“
„Fein, dann also auf Wiedersehen bis morgen.“
Behend klettert Knut hinaus und schmettert die Tür hinter sich zu.
„Auf Wiedersehen“, ruft ihm Patò nach. Langsam fährt er in die Tiefgarage des Hotels und schließt sorgfältig seinen Mietwagen ab.
Zwei Stunden später.
Henry Patò sitzt vor der Schreibmaschine und grübelt vor sich hin. Seine Jacke hat er über das Bett geworfen, während seine Schuhe im Zimmer herumliegen.
Mehrere eng mit Maschine beschriebene Blätter liegen vor ihm auf dem Tisch. Nacheinander liest er sie mehrmals durch, wobei er leise vor sich hin murmelt.
Plötzlich schlägt er mit der Faust auf den Tisch und springt anschließend auf. Als müsse er seine eingerosteten Glieder wieder gelenkig machen, beginnt er eine Reihe von Freiübungen durchzuführen. Kniebeugen, Armeschleudern, Schattenboxen und Auf-der-Stelle-Hüpfen. Als sich die ersten Schweißtropfen auf der Stirn bilden, läßt er es genug sein. Nachdem er sich kräftig abfrottiert hat, stürzt er sich mit einem wahren Feuereifer auf seine Schreibmaschine und bearbeitet die Tastatur.
Daß ihm dabei die graue Löwenmähne ins Gesicht hängt, stört ihn keinen Augenblick. Was er schreibt, scheint der Extrakt aus den vielen Blättern zu sein.
Nach zehn Minuten hat er es geschafft. Mit einem lauten Seufzer zieht er das eben beschriebene Blatt aus der Maschine. Langsam im Zimmer auf und ab gehend, liest er sich selbst laut vor:
„Steinbach kommt zu mir... er kommt und berichtet von einer Erbschaft. Die Erbschaft besteht aus einer geschnitzten Elfenbeinfigur, genannt das gelbe Krokodil...“
Patò macht eine Pause und drückt dabei auf die Taste seines Kofferradios. Als die ersten Klänge ertönen, nimmt er seine Wanderung wieder auf.
„Außer Steinbach existieren noch zwei weitere Erben. Ein Mann aus England — ein Mann aus Dänemark. Der Engländer erbt das Barvermögen — der Däne das Haus... Steinbach sucht vergeblich nach seinem Erbstück. Es ist wie vom Erdboden verschwunden. Wer wußte von der Existenz des gelben Krokodils? Das wäre Frage Nummer eins.“
Wieder macht Patò eine Pause. Nachdenklich fährt er sich mit den gespreizten Fingern durch die Haare. Mitten in der Bewegung stutzt er. Sein feines Gehör hat ein Geräusch wahrgenommen. Ein Geräusch, das zweifellos von seiner Zimmertür her kam. Mit zwei Schritten ist er an der Tür und reißt sie mit Schwung auf. Er sieht mitten in zwei vor Schreck geweitete Augen.
„Mir scheint, du hast durchs Schlüsselloch geguckt.“ Der Page Gerd steht wie vom Donner gerührt. Sein Mund versucht eine Entschuldigung zu formulieren, aber er bringt keinen Ton heraus.
„Na, wird’s bald? Oder soll ich erst den Geschäftsführer holen?“
Da wird Gerd lebendig. Nur das nicht...
„Ich... ich wollte...“Er verhaspelt sich in
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