Der Mann mit dem roten Zylinder
zufriedener Miene seinen Krimi unter der Zeitung hervor.
Mister Georg Catman hat längst sein Zimmer im dritten Stock erreicht. Besonders müde von der Reise scheint er nicht zu sein. Im Gegenteil, die Tätigkeit, die er im Augenblick entfaltet, läßt auf alles andere schließen als auf ein Zu-Bett-Gehen.
Henry Patò und Sven Trellen haben es sich im Badezimmer bequem gemacht.
Während der Däne auf dem Badewannenrand sitzt, läßt Patò keinen Blick von dem Spiegel, der dicht neben der Badezimmertür hängt und in dem man die offenstehende Balkontür übersehen kann. Endlos tropfen die Sekunden und Minuten dahin. Nach beider Berechnung hätte Romas längst hiersein müssen.
Immer, wenn der laue Wind die Gardine an der Balkontür bewegt, hält Patò den Atem an. Alles in ihm ist gespannt. Er wendet sich Trellen zu, der eine fragende Miene zeigt. Patò zuckt nur mit den Schultern. Und wieder starrt er in den Spiegel.
22 Uhr 38.
Trellen hat sich aufgerichtet und streckt sich geräuschlos. Man kann es ihm ansehen, daß diese Art des Wartens nicht seinem Geschmack entspricht.
„Wo der Halunke nur bleibt?“ flüstert er Patò zu.
„Vielleicht haben wir seine Kletterkünste überschätzt“, flüstert dieser zurück, ohne den Spiegel aus den Augen zu lassen.
Da, wieder hebt und senkt sich die dünne Tüllgardine. Patò kneift die Augen zusammen... Ist da nicht eben eine Hand gewesen? Nein, er muß sich getäuscht haben...
Vom Hof her erklingt jetzt das Geräusch eines anspringenden Wagens...
Irgend jemand scheint einer Konservendose einen Tritt versetzt zu haben. Hell ertönt ein schepperndes Rollen.
„Idiot!“ flucht Trellen leise... und hockt sich wieder auf den Rand der Wanne.
Und dann halten beide die Luft an... Trellen hat sich in Sekundenschnelle aufgerichtet und steht sprungbereit neben Patò.
Es hat an der Tür geklopft... leise und eindringlich.
Damit haben beide nicht gerechnet... Zu allem Unglück ist ihnen die Sicht zur Tür versperrt. Da... wieder... Es klingt wie ein leiser Trommelwirbel...
„Rufen Sie leise und verschlafen ,herein 4 , Patò!“ zischt Trellen aufgeregt. Patò nickt kurz und beugt sich vor. Mit verschlafener Stimme ruft er ins Zimmer: „Kommen Sie herein... was ist denn los?“
Patò und Trellen hören, wie die Außentür geöffnet wird...
Am Herumdrehen des Schlüssels können sie feststellen, daß der Eindringling bereits im Zimmer ist. Er muß auch schon die Nachbildung im Bett gesehen haben... Und da ist seine Stimme... Voller Ironie.
„Guten Abend, Patò... Es war ein Fehler von Ihnen, die Tür unverschlossen zu lassen…“
Noch immer sehen die beiden Detektive nichts... Dem Eindringling scheint das Schweigen nicht weiter verdächtig zu sein.
„Na, Sie großer Detektiv, hat es Ihnen die Sprache verschlagen...? Jaja, so was kann an die Nieren gehen...“
Ein leises, siegessicheres Kichern dringt ins Badezimmer.
„Ich weiß, daß Sie in Aarhus waren... Ich weiß auch, daß Sie das gelbe Krokodil gefunden haben... Sie waren schneller als Erikson und dieser Mister Romas, was...“
In diesem Augenblick tritt der Fremde in das Blickfeld der versteckten Detektive... Sie sehen einen Mann, dessen Gesicht zur Hälfte von einem vorgebundenen Halstuch bedeckt wird. Auf dem Kopf trägt er eine Baskenmütze... Drei Schritt steht er noch von Patòs Bett entfernt... Seine Stimme tropft vor Hohn...
„He, Sie... hat Ihnen der Schreck die Zunge gelähmt? Wo haben Sie das Krokodil versteckt?“ Noch immer Schweigen.
Der Fremde wird unruhig. In seiner Stimme ist Unsicherheit...
„Sie sollen antworten...!“ Und plötzlich stürzt er sich auf den vermeintlichen Patò... Mitten in der Bewegung erstarrt er... geht ein... zwei Schritte zurück...
„Verdammt... eine Falle!“
Der Eindringling versucht, mit einem riesigen Satz die Tür zu erreichen. Seine eigene Vorsichtigkeit von vorhin wird ihm zum Verderben. Bevor er auch nur die Hand am Schlüssel hat, ist Sven Trellen bei ihm. Ein einziger Stoß genügt, um den Fremden ins Zimmer zurücktaumeln zu lassen.
Patò hat inzwischen in aller Seelenruhe die Oberbeleuchtung eingeschaltet.
Einige Atemzüge lang schließen alle drei geblendet die Augen.
Dann ist es Henry Patò, der dem Maskierten mit einer fast liebenswürdigen Bewegung das Halstuch vom Gesicht zieht.
„Guten Abend! Eigentlich hatte ich Mister Romas erwartet... und wen sehe ich? Ich sehe tatsächlich Mister Alexander Romas, genannt Samor...“
Romas
Weitere Kostenlose Bücher