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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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verfolgte er das Heck des Kajütbootes, dem ein langer, niedriger Schatten folgte. Das war es, woran er gestoßen war: das Beiboot am Schlepptau der Jacht.
    Wieder streifte etwas seine Beine. Die Angst trieb ihn an. Ohne auf die Schmerzen in Schulter und Schädel zu achten, drehte sich Buchanan auf den Bauch und schwamm mit beiden Armen und Beinen weiter. Das andere Ufer, die erleuchteten Hotels entlang der Küstenlinie, kamen rasch näher. Dann berührten seine Zehen Sand, er hatte das flache Wasser erreicht. Er richtete sich auf und stürzte zum Strand, seine Knie pflügten durch die Wellen. Hinter ihm spritzte es auf. Am Ufer angekommen, drehte er sich um und sah noch den phosphoreszierenden Streifen, den das ihn verfolgende Ungeheuer im dunklen Wasser bei seiner Umkehr zurückließ. Vielleicht lebte es aber auch nur in seiner Phantasie …
    Schwer atmend wäre er am liebsten einfach auf den Strand hingesunken und hätte sich ausgeruht. Doch das ohrenbetäubende, an- und abschwellende Heulen der Polizeisirenen sagte ihm, daß er trotz der Dunkelheit nicht hierbleiben durfte. Er riß sich zusammen, wandte sich fest entschlossen von der Brücke ab und folgte schwankend dem Uferbogen.

3
     
    Hier war der Strand menschenleer, die Touristen gingen früh schlafen oder feierten in den zahlreichen Nachtclubs von Cancún. Buchanan wählte ein Hotel ohne Bar im Freien und steuerte darauf zu. Er hielt sich im Schatten, bis er unter einer Palme einen Sessel fand und sich erschöpft darauf fallen ließ. Was ihm wie ein Geschenk des Himmels erschien, war das Handtuch, das ein Gast hier vergessen hatte.
    Er entfernte den Gürtel von der rechten Schulter, preßte das gefaltete Handtuch auf die Wunde und schlang den Gürtel wieder mehrmals darüber; er zog fest zu, um die Wirkung eines Druckverbands zu erzielen. Obwohl das Handtuch stellenweise feucht wurde und sich dunkel färbte, schien es den Blutverlust einzudämmen. Ob das reichte, wußte er nicht. Er hatte jetzt keinen anderen Wunsch, als sich auszuruhen.
    Er entknotete die Schnürsenkel und nahm die Turnschuhe vom rechten Handgelenk. Sie anzuziehen und zuzubinden, gehörte zu den schwierigsten Aufgaben, die er je zu lösen hatte. Sein Schädel pochte noch vom Zusammenstoß mit dem Beiboot. Vorsichtig tastete er mit der linken Hand über das Haar, berührte eine klaffende Wunde und eine großflächige Schwellung. Da das Haar naß war, konnte er nicht feststellen, ob die Wunde noch blutete.
    Was die rechte Schulter betraf, so hatte das Salzwasser die Schmerzen beträchtlich verstärkt. Außerdem zitterten ihm die Finger der rechten Hand und schienen zugleich gefühllos zu sein. Er machte sich wirklich Sorgen, daß er ernsthaft verletzt war.
    Reg dich ab. Du tust, als seist du noch nie in eine Schießerei verwickelt gewesen. Beweg dich lieber, statt hier herumzusitzen.
    Mühsam näherte er sich der Hinterfront des Hotels. Geduckt betrat er eine betonierte Fläche, ging an Palmen vorbei und stand im gedämpften Licht eines ovalen Schwimmbeckens. Menschenleer, nur tropische Sträucher und Terrassenmöbel. Er hielt sich im Schutz der Büsche, bis er unter der ersten trüben Laterne feststellte, daß seine nassen Schuhe Spuren auf dem Boden hinterließen. Auch Hemd und Hose tropften noch. Gut nur, daß die Wellen das Blut von den Kleidern gespült hatten. Hemd und Hose würden nicht auffallen, wenn sie trocken waren, nur das blutige Handtuch würde die Aufmerksamkeit der Leute erregen. Er brauchte ein Jackett, doch das war nur durch einen Einbruch in ein Hotelzimmer zu beschaffen und kam deshalb nicht in Betracht.
    Er wandte sich zu einem Durchgang. Eine Betontreppe führte rechts zu den Räumen der oberen Stockwerke. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Treppe, die nach unten führte, wo sich wahrscheinlich Lager- und Wartungsräume befanden.
    Buchanan warf rasch einen Blick auf seine Digitaluhr. Sie hatte das Bad gut überstanden, und auf Knopfdruck zeigte das Display die Zeit: 23.09. So spät arbeiteten die Monteure wohl nicht mehr. Er lauschte auf Stimmen und Schritte. Es war alles ruhig, und er stieg hinunter.
    Seine Gummisohlen machten fast kein Geräusch. Er kam in einen spärlich beleuchteten Gang, wo es nach Moder roch. Am Fuß der Treppe sicherte er nach beiden Seiten und schlich dann bis zu einer Eisentür, wo er horchte und, als er nichts vernahm, den Türknopf drehte. Sie war verschlossen.
    An der nächsten Tür lauschte er abermals und atmete auf, als der Knopf sich

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