Der Mann mit der dunklen Maske
Durchdringendes gefühlt.
Zuerst war sie gefolgt. Jetzt konnte sie führen. Und das tat sie.
Sie grub ihre Finger in seine Schultern, spürte mit jeder Faser ihres Körpers auch die kleinste Berührung. Als sie in der Ekstase explodierte, zog er sie nach unten neben sich und war auch schon über ihr. Die Welt verschmolz mit den lodernden Flammen im Kamin.
Noch keuchend berührte sie sein Gesicht.
„Warum?“ fragte sie leise.
Sie dachte, er würde sich zurückziehen, aber das tat er nicht. Er stemmte sich hoch, aber sein Körper schwebte immer noch über ihr, seine Beine zwischen ihren Schenkeln.
„Anfangs, weil es grässlich aussah.“
„Aber da … da ist nichts als eine Narbe.“
„Ist das so schlimm?“ fragte er sanft.
Sie schüttelte den Kopf. „Aber es ist eine Lüge.“
„Keine Lüge. Denn ich bin noch nicht wieder so weit, mich der Welt zu öffnen.“
„Die Maske, das bist nicht du“, entgegnete sie.
Er lachte, dann küsste er sie erneut.
„So streng. Du bist immer so streng. Wir haben doch alle unsere Geheimnisse.“
Sie schüttelte den Kopf. „Leider, Lord Stirling, bin ich ein offenes Buch.“
„Voller eng beschriebener Seiten.“
„Du spielst schon wieder mit mir.“
„Es bleibt ein Spiel. Ein tödliches Spiel“, erwiderte er und erhob sich.
Und schon brachen wieder all ihre früheren Überzeugungen über sie herein. Was tat sie hier? Sie wollte aufstehen. Er ließ es nicht zu, beugte sich zu ihr hinunter, nahm sie in seine Arme und zog sie auf die Füße. Seine Hand stützte ihren Kopf, als er sie an sich zog und seine Lippen auf ihren Mund presste.
„Ich muss gehen“, keuchte sie.
Er schüttelte den Kopf.
„Aber ich kann doch nicht … hier bleiben.“
„Warum nicht?“
Sie wich zurück. „Du bist der Earl of Carlyle“, erwiderte sie.
„Nun, und du bist die bezaubernde Frau, die offensichtlich nie in einem Zimmer des Schlosses bleiben kann“, murmelte er.
Er trug sie in den nächsten Raum, dann fiel er mit ihr auf das kühle, saubere Laken seines großen Bettes. „Du darfst wirklich nicht nachts durchs Schloss laufen“, erklärte er.
„Werde ich auch nicht.“
„Du hast es in den vergangenen Nächten aber getan.“
„Habe ich dir ein solches Versprechen schon mal gegeben?“
„Du scheinst allgemein etwas gegen Versprechen zu haben.“
„Man darf sie nur geben, wenn sie ernst gemeint sind.“
„Siehst du. Du würdest in dein Zimmer zurückkehren oder dich über deinen lieben Freund Alex beugen, bis dich die Versuchung packt, und schon wärst du wieder auf dem Weg hinunter in die Gruft. Und du findest, dass
ich
seltsam bin.“
Sie zeichnete mit einem Finger seine Narbe nach. „Sie ist kaum zu sehen“, murmelte sie.
„Es tut mir Leid. Offensichtlich entspreche ich nicht deinen Erwartungen.“
„Ich hege keinerlei Erwartungen“, erklärte sie. „Doch ich mag auch nicht getäuscht werden.“
„Ich hatte nicht vor, dich zu täuschen.“
„Nein, ich bin erst dazugestoßen, als diese Scharade schon längst im Gang war“, erwiderte sie. „Aber heute Abend hast du Alex gerettet, und dafür bin ich dir dankbar.“
„Du
hast ihn gerettet.“
Sie schüttelte den Kopf. „Du warst viel geschickter als ich.“
„Ich hatte schon mit Schlangenbissen zu tun“, sagte er. „In Indien … im Sudan.“ Er zuckte die Schultern und wandte sich plötzlich ab. „Selbst in Kairo“, fügte er bitter hinzu.
Seine Worte verunsicherten sie plötzlich. „Aber du hast nie Schlangen gezüchtet, oder?“
Überrascht sah er sie an. „Warum zum Teufel sollte ich das tun? Die sind sehr gefährlich, wie du heute Abend gesehen hast.“ Er wandte sich ab, verschränkte die Finger hinter dem Kopf und starrte an die Decke. „Alex hatte einfach Glück. Ungeheures Glück. Dieses Gift ist unglaublich toxisch. Es scheint, dass er durchkommt, obgleich er noch Schmerzen haben und benommen sein wird. Aber wenn er sich weiter so erholt …Ich habe morgen früh einiges zu erledigen. Und du wirst, wie ich annehme, wieder deinen Freund pflegen wollen.“
Camille antwortete nicht. Sie wollte ihn in dem Glauben lassen, obwohl sie selbst ein paar Pläne für den Tag hatte.
Offenbar missverstand er ihr Schweigen. „Camille, Alex wird es schaffen.“
„Ja“, murmelte sie. „Ich glaube auch, dass er überlebt.“
„Er ist ein sehr guter Freund von dir, nicht wahr?“
„Ja, Alex ist mein Freund.“ Jetzt, fand sie, war es an der Zeit, ihn noch einmal auf die
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