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Der Mann mit der Ledertasche.

Der Mann mit der Ledertasche.

Titel: Der Mann mit der Ledertasche. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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die mir Joyce gegeben hatte, und ich sagte zu dem Zwerg: »Das reicht, Kleiner. Bring mich jetzt zurück. Und fahr langsam. Ich will mir nicht mit einem Schlag alles kaputtmachen lassen.«
Ich spielte die Rolle des Gauners, um ihn nicht zu ent- täuschen.
»Selbstverständlich, Mr. Chinaski. Sofort.«
Er bewunderte mich. Er hielt mich für einen Windhund.
Als ich zurückkam, fragte Joyce: »Nun, hast du alles ge- sehen?«
»Jedenfalls genug«, sagte ich. Und wollte damit andeuten, daß sie versuchten, mich umzubringen. Ich wußte nicht, ob Joyce etwas damit zu tun hatte oder nicht.
Dann fing sie an, mich auszuziehen und mich zum Bett zu drängen.
    »Augenblick mal, Baby! Wir haben schon zwei Runden hinter uns, und es ist noch nicht mal zwei Uhr am Nach- mittag!«
    Sie kicherte nur und machte weiter.

    3
    Ihr Vater haßte mich aus ganzem Herzen. Er glaubte, ich sei hinter seinem Geld her. Ich wollte doch sein gottver- dammtes Geld überhaupt nicht. Und ich wollte nicht mal seine gottverdammte kostbare Tochter.
    Ich sah ihn nur ein einziges Mal, und das war, als er eines morgens gegen zehn Uhr plötzlich in unserem Schlafzimmer erschien. Joyce und ich waren im Bett, wir machten gerade eine Pause. Zum Glück hatten wir eben aufgehört.
    Ich schaute ihn über den Rand der Bettdecke hinweg an. Dann kam es einfach über mich. Ich grinste und zwinkerte ihm zu.
    Knurrend und fluchend lief er aus dem Haus.
    Wenn es eine Möglichkeit gab, mich aus dem Weg zu räumen, dann würde er sein Möglichstes tun.
Opa war da nicht so. Wenn wir zu ihm gingen, trank ich Whisky mit ihm und hörte seine Cowboy-Schallplatten an. Seine Alte war einfach neutral. Sie empfand weder Zunei- gung noch Haß für mich. Sie stritt sich oft mit Joyce, und ein- oder zweimal schlug ich mich auf ihre Seite. Damit hatte ich sie irgendwie für mich gewonnen. Doch Opa blieb cool. Ich glaube, er gehörte zu den Verschwörern.
Wir hatten in diesem Gasthaus gegessen, wo alle vor uns katzbuckelten und uns anglotzten. Opa, Oma, Joyce und ich.
Dann stiegen wir in den Wagen und fuhren weg.
»Hast du schon mal Büffel gesehen, Hank?« fragte mich Opa.
»Nein, Wally, noch nie.«
Ich nannte ihn Wally. Alte Saufkumpane. Wie Katz und Maus.
»Hier gibt's welche.«
»Ich hab geglaubt, die seien so gut wie ausgestorben?« »Aber nein, hier gibt's Dutzende davon.«
»Das glaub ich nicht.«
»Zeig sie ihm doch, Daddy Wally«, sagte Joyce.
Alberne Gans. Sie nannte ihn Daddy Wally. Er war nicht ihr Daddy.
»Also gut.«
Wir fuhren eine ganze Weile, bis wir zu dieser leeren, eingezäunten Weide kamen. Das Gelände war wellig, und man konnte nicht bis zum anderen Ende der Weide sehen. Sie war kilometerlang, in allen Richtungen. Nichts war zu sehen, nur kurzes grünes Gras.
»Ich seh aber nirgends Büffel«, sagte ich.
»Die Windrichtung stimmt«, sagte Wally. »Steig über den Zaun und geh ein Stück weit. Du mußt ein Stück weit gehen, bevor du sie sehen kannst.«
Auf der Weide war nichts. Die hielten sich für große Witzbolde, die ein Bürschchen aus der Großstadt reinlegten. Ich stieg über den Zaun und marschierte los.
»Okay, wo sind nun die Büffel?« rief ich zurück.
»Die sind da drin. Geh nur weiter.«
Ach du lieber Gott, das alte Späßchen. Verdammte Bau- ern. Sie würden warten, bis ich weit genug weg war, und dann lachend davonfahren. Aber bitte, warum auch nicht. Ich konnte zu Fuß zurück. Dann war ich wenigstens eine Weile vor Joyce sicher.
Ich ging sehr schnell über die Weide und wartete nur darauf, daß sie wegfuhren. Es war aber nichts zu hören. Ich ging immer weiter, drehte mich dann um, formte meine Hände zu einem Trichter und schrie zurück: »WO BLEIBEN DIE BÜFFEL?«
Die Antwort kam aus der anderen Richtung. Ich hörte die Füße, die auf die Erde trommelten. Sie waren zu dritt, große Tiere, wie im Kino, und sie rannten, sie kamen auf mich zu, und zwar SCHNELL! Einer hatte einen kleinen Vorsprung vor den anderen. Es gab keinen Zweifel, wem ihr Angriff galt.
»Scheißspiel!« sagte ich.
Ich drehte mich wieder um und fing an zu laufen. Der Zaun schien sehr weit weg. Ihn zu erreichen, schien un- möglich. Ich konnte mir nicht die Zeit nehmen, mich umzu- blicken. Das konnte nachher die entscheidende Sekunde sein. Ich flog über die Weide, mit aufgerissenen Augen. Mann, war ich schnell! Doch sie kamen mir immer näher! Ich spürte, wie rings um mich der Boden bebte, sie mußten mich fast erreicht haben. Ich hörte, wie sie schnauften und schnaubten. Mit

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