Der Mann mit der Ledertasche.
Bei dir alles in Ordnung, Hank?«
»Komm doch vorbei und tröste mich.«
»Ich müßte Paul mitbringen.«
Paul war ihr Mann.
»Vergessen wir's.«
Und jetzt waren wir also unterwegs zu einer halben Be- erdigung.
Larry blickte von seinem Kaffee auf. »Wegen eines Grab- steins schreibe ich Ihnen dann später. Im Augenblick habe ich kein Geld mehr.«
»Schon gut«, sagte ich.
Larry bezahlte den Kaffee, dann gingen wir hinaus und stiegen wieder in den Mercedes-Benz.
»Augenblick mal«, sagte ich.
»Was ist?« fragte Larry.
»Ich glaube, wir haben etwas vergessen.«
Ich ging zurück in das Cafe.
»Marcia.«
Sie saß immer noch am Tisch.
»Wir gehen jetzt, Marcia.«
Sie stand auf und folgte mir zum Auto.
Der Priester las sein Zeug. Ich hörte nicht zu. Da war der Sarg. Was einmal Betty gewesen war, lag da drin. Es war sehr heiß. Die Sonne brannte gnadenlos. Eine Fliege irrte umher. Als die halbe Beerdigung etwa halb vorbei war, kamen zwei Typen in Arbeitskleidung mit meinem Kranz daher. Die Rosen waren tot, tot und in der Hitze sterbend, und sie lehnten das Ding an einen Baum in der Nähe. Gegen Ende der Zeremonie beugte sich mein Kranz vor und fiel hin. Niemand las ihn auf. Dann war es vorbei. Ich ging zum Priester hin und schüttelte ihm die Hand. »Danke.« Er lächelte. Damit lächelten immerhin zwei: der Priester und Marcia.
Auf dem Rückweg sagte Larry noch einmal:
»Ich schreibe Ihnen dann wegen eines Grabsteins.« Ich warte heute noch auf diesen Brief.
11
Ich ging nach oben, zu 409, trank ein großes Glas Scotch mit Wasser, nahm etwas Geld aus der oberen Schublade, ging die Treppe wieder hinunter, stieg in mein Auto und fuhr zur Rennbahn. Ich war rechtzeitig zum ersten Rennen dort, wettete aber noch nicht, weil ich keine Zeit mehr hatte, die Tips zu lesen.
Ich ging auf einen Drink an die Bar, und ich sah diese hellhäutige Negerin in einem alten Regenmantel vorbei- gehen. Sie war wirklich schäbig angezogen, aber da ich ge- rade in der Stimmung war, sagte ich ihren Namen eben laut genug, damit sie's im Vorbeigehen hören konnte:
»Vi, Baby.«
Sie blieb stehen und kam dann herüber.
»Tag, Hank, wie geht's?«
Ich kannte sie vom Hauptpostamt. Sie arbeitet auf einem
anderen Postamt, beim Wasserwerk, aber sie schien freund- licher als die meisten anderen.
»Mir geht's dreckig. Die dritte Beerdigung in zwei Jah- ren. Erst meine Mutter, dann mein Vater. Heute eine alte Freundin.«
Sie bestellte etwas. Ich warf einen Blick auf die Tips. »Sehn wir uns dieses zweite Rennen an.«
Sie kam herüber und lehnte sich mit Bein und Brust
mächtig an mich. Unter dem Regenmantel verbarg sich aller- hand. Ich halte mich immer an das namenlose Pferd, das den Favoriten schlagen kann. Wenn ich feststelle, daß nie- mand den Favoriten schlagen kann, setze ich auf den Favo- riten.
Ich war nach den beiden anderen Beerdigungen zur Pferderennbahn gegangen und hatte gewonnen. Beerdigun- gen hatten es irgendwie in sich. Man sah danach alles klarer. Täglich eine Beerdigung, und ich wäre reich.
Die Nummer 6 hatte bei ihrem letzten Rennen, über eine Meile, um Nasenlänge gegen den Favoriten verloren. Die 6 hatte noch am Eingang der Zielgeraden zwei Längen vor dem Favoriten gelegen und war dann überholt worden. Die 6 war 35:1 gewettet worden. Der Favorit in dem Rennen 9:2. Und jetzt waren die beiden wieder in einem Rennen. Der Favorit hatte zwei Pfund zugelegt und hatte jetzt 118. Die 6 trug immer noch 116, aber sie hatten einen weniger beliebten Jockey gewählt, und außerdem ging es diesmal über l 1 / 10 Meile. Die Menge sagte sich, da der Favorit die Nummer 6 schon beim Rennen über eine Meile eingeholt hatte, würde er das bei dem extra Sechzehntel mit Leichtig- keit schaffen. Das schien logisch. Aber Pferderennen ver- laufen nicht logisch. Trainer lassen ihre Pferde unter an- scheinend ungünstigen Bedingungen starten, um das große Feld von ihrem Pferd fernzuhalten. Die geänderte Länge des Rennens und die Verwendung eines weniger beliebten Jockeys ließen einen Galopp zu einem guten Preis erwarten. Ich schaute auf die Anzeigetafel. In der Vorschau war meine Nr. 6 mit 5:1 angesetzt, jetzt hieß es 7:1.
»Die Nummer 6 wird's«, sagte ich zu Vi.
»Nein, der steht nicht durch«, sagte sie.
»Sicher«, sagte ich und ging dann hinüber und setzte zehn
Dollar auf den Sieg von Nummer 6.
Die 6 übernahm vom Start weg die Führung, berührte in der ersten Kurve fast das Geländer und hielt dann ohne gefordert zu werden auf der
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