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Der Mann mit der Ledertasche.

Der Mann mit der Ledertasche.

Titel: Der Mann mit der Ledertasche. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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mitmachen. Der Job brachte mich langsam um.
    Ich ging zu meinem Arzt und erzählte ihm davon. Er maß meinen Blutdruck.
»Nein, nein, Ihr Blutdruck ist normal.«
Dann setzte er mir sein Stethoskop an und wog mich.
»Ich kann nichts Ungewöhnliches finden.«
Dann machte er mit mir einen Spezial-Bluttest. Er zapfte mir dreimal in gewissen Abständen Blut aus dem Arm, wobei sich diese Zeitabstände vergrößerten.
»Möchten Sie so lange im Wartezimmer warten?«
»Nein, nein, ich geh raus und vertrete mir die Füße und komme rechtzeitig zurück.«
»Na schön, aber kommen Sie rechtzeitig zurück.«
Ich kam rechtzeitig zur zweiten Blutentnahme. Dann kam eine längere Wartezeit bis zur dritten, zwanzig oder fünf- undzwanzig Minuten. Ich ging hinaus auf die Straße. Es war nicht viel los. Ich ging in einen Laden und las eine Zeitschrift. Ich legte sie zurück, schaute auf die Uhr und ging hinaus. Ich sah an der Bushaltestelle eine Frau sitzen. Es war eine dieser seltenen Erscheinungen. Sie stellte groß- zügig ihre Beine zur Schau. Ich konnte den Blick nicht von ihr lassen. Ich überquerte die Straße und blieb in etwa zwanzig Meter Entfernung stehen.
Dann stand sie auf. Ich mußte ihr folgen. Dieser kräftige Arsch lockte mich. Ich war hypnotisiert. Sie ging in ein Postamt, und ich ging hinter ihr her. Sie stellte sich in eine lange Schlange, und ich stellte mich hinter sie. Sie kaufte zwei Postkarten. Ich kaufte zwölf Luftpostkarten und Brief- marken zu zwei Dollar.
Als ich herauskam, bestieg sie den Bus. Ich sah gerade noch ein bißchen köstliches Bein und Arsch, wie es im Bus verschwand und davonfuhr.
Der Arzt wartete.
»Was ist geschehen? Sie haben sich um fünf Minuten verspätet!«
»Ich weiß nicht. Die Uhr muß falsch gegangen sein.«
»DIESER BLUTTEST MUSS EXAKT SEIN!«
    »Bitte sehr. Zapfen Sie mir trotzdem Blut ab.« Er steckte mir die Nadel rein...
    Ein paar Tage danach erfuhr ich: Den Tests zufolge fehlte mir gar nichts. Ich wußte nicht, ob die fünf Minuten Ver- spätung verantwortlich waren oder nicht. Doch die Schwin- delanfälle wurden schlimmer. Ich fing an, schon nach vier Stunden Arbeit zu stempeln und wegzugehen, ohne die erforderlichen Formulare auszufüllen.
    Ich kam gegen elf Uhr abends nach Hause, und da war Fay. Die arme schwangere Fay.
»Was ist passiert?«
»Ich hab's nicht mehr ausgehalten«, sagte ich dann, »zu sensibel...«
    11
    Die Jungs vom Dorsey-Postamt kannten meine Probleme nicht.
Ich kam jeden Abend durch den Hintereingang, ver- steckte meinen Pullover in einem Korb und ging hinein, um meine Stempelkarte zu holen:
»Brüder und Schwestern!« sagte ich dann.
»Bruder Hank!«
»N'Abend, Bruder Hank!«
Wir spielten dieses Spielchen, das Schwarz-Weiß-Spiel, und es machte ihnen Spaß. Boyer kam auf mich zu, be- rührte mich am Arm und sagte: »Mann, wenn ich so an- gestrichen wär wie du, wär ich glatt Millionär!«
»Sicher, Boyer. Das ist alles, was man dazu braucht: eine weiße Haut.«
Dann kam der rundliche kleine Hadley zu uns rüber.
»Auf einem Schiff hatten sie mal einen schwarzen Koch. Er war der einzige Schwarze an Bord. Zwei- oder dreimal in der Woche kochte er Tapioka-Pudding und wichste sich dann darüber einen ab. Diese weißen Jungs aßen seinen Tapioka-Pudding unheimlich gern, hihihihi! Sie fragten ihn, wie er ihn koche, und er sagte, er habe sein eigenes Geheim- rezept, hihihihihihi!«
Wir lachten alle. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Tapioka- Pudding-Geschichte zu hören bekam...
    »Heh, weißer Abschaum! Heh, Boy!«
»Hör bloß auf, Mann, wenn ich dich mit >Boy< anredete, würdest du wahrscheinlich das Messer ziehen. Verschon mich also mit deinem >Boy<.«
»Sag mal, weißer Mann, wollen wir nicht am Samstag- abend zusammen ausgehen? Ich hab mir ein hübsches wei- ßes Mädchen mit blonden Haaren angelacht.«
»Und ich hab ein hübsches schwarzes Mädchen. Und du weißt ja selber, was die für eine Haarfarbe hat.«
»Ihr Burschen fickt unsere Frauen seit Jahrhunderten. Wir versuchen nur, aufzuholen. Du hast doch nichts da- gegen, wenn ich meinen dicken schwarzen Pimmel in dein weißes Mädchen stecke?«
»Wenn sie ihn will, soll sie ihn haben.«
»Ihr habt den Indianern das Land weggenommen.«
»Klar hab ich das.«
»Ihr ladet uns nicht in eure Häuser ein. Und wenn ihr's tut, dann müssen wir den hinteren Eingang benützen, da- mit keiner unsere Hautfarbe sieht...«
»Ich laß aber eine kleine Lampe für dich an.«
Es wurde langweilig, aber es gab kein

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