Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
aber ich musste immer kämpfen, um mein Gewicht zu halten. Ich wog knapp 70 Kilogramm, als ich mein Jahr ohne Geld begann, und wollte wirklich nicht weniger wiegen.
Entgegen meinen Vorstellungen passierte das Gegenteil. Zu Frühlingsbeginn fühlte ich mich fitter und gesünder als zu Teenagerzeiten, als ich viel Sport trieb, und ich hatte fast 13 Kilogramm zugenommen. Ich hatte von Anfang an einen strengen täglichen Trainingsplan befolgt, weil ich wusste, wie körperlich anstrengend das Jahr sein würde, und ich wollte das Experiment auf keinen Fall wegen körperlicher Erschöpfung abbrechen. Mein Plan war gewesen, bis Mitte Frühling so viel zuzunehmen. Ich denke, egal, welche Art von Leben wir führen, wir sind unser eigenes Aushängeschild. Die Leute bewerten den Erfolg und den gesundheitlichen Nutzen der von uns gewählten Ernährung anhand unseres Aussehens und unseres Verhaltens. Leider hat die Gesellschaft heute die Tendenz, nur nach dem Aussehen zu urteilen, also wusste ich, dass ein starker Gewichtsverlust während meines geldfreien Lebens die Botschaft vermitteln würde, dass man ohne Geld nicht genug zu essen bekommt.
Dies wurde noch wichtiger, als ich begriff, dass ich zu einem öffentlichen Experiment wurde. Ohne Geld zu leben, bedeutet nicht, dass man zwangsläufig zu- oder abnimmt, ebenso wenig wie bei jeder anderen Form von Leben oder Ernährung. Seit ich vor sechs Jahren Veganer geworden war, wurde ich immer wieder nach meiner Ernährung gefragt, meist mit einer echten, gutgemeinten Sorge um meine Gesundheit. Ich habe mich aus vielen Gründen für ein Leben als Veganer entschieden. Einer davon war, dass ich mit der Zeit feststellte, dass dies eine gesündere, natürlichere Ernährung war. Doch man kann genauso ein gesunder oder ungesunder Vegetarier sein, wie man ein gesunder oder ungesunder Allesfresser sein kann. Das Gleiche gilt für ein Leben mit oder ohne Geld.
In den vergangenen Jahren bekam ich oft um März herum einen Schnupfen, dann, wenn wir für gewöhnlich einen größeren Wetterumschwung erleben. Dieses Jahr ging der Schnupfen komplett an mir vorbei, ebenso wie die Schweinegrippe, gegen die sich viele impfen ließen. Ein geldloser Genosse aus den USA , der abwechselnd in einer Höhle lebt und Häuser hütet, erzählte mir, dass er nur dann krank wurde, wenn er in ein Haus zog. Ich muss sagen, meine Erfahrung stimmt mit seiner tendenziell überein, und zwar ganz anders, als ich dachte, bevor ich mein Jahr ohne Geld begann.
Anfang Mai zog ich mir nur durch meine eigene Gedankenlosigkeit eine Lebensmittelvergiftung zu. Als ich mich für einen Fahrradausflug in die Stadt vorbereitete, hatte ich mir einen Laib Brot gegriffen, der einige Tage im Wohnwagen gelegen hatte. Als ich ankam, bemerkte ich einige schwarze Stellen auf dem Brot, die ich abwischte, weil ich dachte, es handelte sich dabei um Ruß aus dem alten verbrannten Topf, den ich im Raketenofen benutzte. Ein großer Fehler. Es war schwarzer Schimmel. Während der nächsten drei Tage litt ich. Ich versuchte, mich möglichst oft auszuruhen, doch wenn man so lebt wie ich, gibt es immer etwas zu tun. Die Erfahrung ließ mich zum ersten Mal erkennen, welche Schwierigkeiten sich dadurch ergaben, dass ich ein solches Experiment allein durchführte. Und ich fragte mich, was ich getan hätte, wenn ich ernsthafter krank gewesen wäre. Kein Geld zu haben, bedeutete, ohne die Sicherheit zu leben, an die ich gewöhnt gewesen war. Selbst mit nur wenig Geld auf dem Konto kann man Zeit gewinnen, um wieder gesund zu werden, doch wenn man von der Hand in den Mund lebt, heißt das, man hat ein solches Sicherheitsnetz nicht. Zum Glück habe ich viele gute Freunde, und sie halfen mir bei meinen Routineaufgaben. Deasy, der Betriebsleiter des Bauernhofs, der während meiner ersten sechs Monate ein wirklich guter Freund geworden war, kochte mir einige leichte Mahlzeiten, während ich zwischen Bett und Kompostklo hin- und herschlich. Das war eine ausgezeichnete Ermahnung, dass Freunde die beste Sicherheit sind und dass man die guten unter ihnen, egal wie schlecht man sich im Leben benimmt, viel schwerer los wird als Geld.
Ich habe ein chronisches Gesundheitsproblem, von dem ich wusste, dass es mich in der letzten Frühlingswoche heimsuchen und mein Leben zur Hölle machen würde: Ich bin allergisch gegen Gräserpollen. Heuschnupfen (allergische Rhinitis), von dem weltweit Millionen von Menschen betroffen sind, ist schlimm genug, wenn man in einer Stadt
Weitere Kostenlose Bücher