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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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Zentimeter von seinen geschlossenen Augen entfernt. Beruhigt, daß er tief schlief, legte sie den Kopf schief und legte ihre Wange auf die seine. Sie konnte die spärlichen neuen Bartstoppeln spüren, die festen, gewölbten Backenknochen.
    Sein unfrisiertes schwarzes Haar streifte ihre Stirn und drückte sich gegen ihr eigenes. Ihr Gesicht war heiß und gerötet, und sie hatte das merkwürdige Gefühl, die Zeit stünde still.

 
14
Flucht vom Mond
     
    Gegen Ende der zweiten Stunde atmete Alar schneller. Sie zog sich schweigend zurück und schob, kurz bevor er die Augen öffnete und sie anschaute, den Fuß in die Sandale.
    Seine Augen schweiften ernst über ihren Körper, der vom Hals bis zu den Knien völlig von dem Cape verborgen war, dann kehrten sie zum Gesicht zurück. Er sagte ruhig: „Sie haben keine Arme.“
    Sie wandte das Gesicht ab.
    „Ich hätte es erraten sollen. War es Shey?“
    „Es war Shey. Die Chirurgen der Diebe sagten mir, es sei nicht mehr genug von ihnen übrig gewesen – daß sie amputieren mußten, um mir das Leben zu retten. Aber es ist nicht so schlimm. Ich kann mir das Gesicht waschen, eine Nadel einfädeln, ein Messer halten …“
    „Sie wissen, daß Diebe nicht einmal in Selbstverteidigung töten dürfen, Keiris?“
    „Ich möchte nicht, daß Sie Shey umbringen. Es spielt jetzt keine Rolle mehr.“
    Der Dieb lag auf dem kalten Fußboden, die Augen weich und nachdenklich. Dann erhob er sich auf die Knie, streckte die Hände aus, faßte sie sanft um die Hüfte und zog sie zu sich auf das Kissen nieder. Sie saß schweigend mit eingezogenen Füßen dort, als er sich ganz nahe bei ihr vor ihr niederkuschelte.
    „Keiris“, sagte er und ließ die Hand auf ihrer Hüfte. „Es spielt für mich eine Rolle, wie Sie sich fühlen, ob Sie jetzt glücklich sein können, ob Sie das Leben noch immer für lebenswert und erfreulich halten.“ Sein Gesicht war dem ihren nahe, und er spürte den verzweifelt vertrauten Geruch, der von ihr ausging. Wieder fragte er sich, ob er diese noch immer schöne Frau in seiner Phantomvergangenheit gekannt hatte. Mehrere Male war es ihm vorgekommen, als hätte sie eine schwache Andeutung von Erkennen gezeigt.
    Sie starrte ihn lediglich an. Nicht mit wilden Augen, sondern ruhig, beinahe sanft, als fühlte sie das Band zwischen ihnen und akzeptierte es. Die Linien in ihrem Gesicht hatten sich gelockert, und daß sich die großen schwarzen Augen mit Feuchtigkeit füllten, vergrößerte das unergründliche Gefühl in ihnen. Sie trug nicht wie sonst viel Rouge, dennoch war jetzt eine warme Farbe in ihrem Gesicht.
    „Ich weiß, wie Sie sich fühlen, mein Lieber“, sagte sie. Die Feuchtigkeit schoß ihr jetzt noch mehr in die Augen. „Und ich kann es auch nicht erklären. Ich habe Kim immer geliebt, ich werde ihn immer lieben. Ich weiß jedoch, daß ich ihm nicht untreu bin, wenn ich Sie liebe.“ Sie wandte heftig den Kopf ab, und das Haar fiel weich gegen ihren Hals.
    „Vielleicht“, meinte der Dieb nachdenklich, „habe ich etwas von Ihrem Mann an mir. Ich bin nicht Kennicot Muir selbst, aber ein Teil von ihm.“
    Sie hob den Kopf. Sie weinte nicht, obwohl ihre Augen feucht glänzten. „Vielleicht“, sagte sie. „Sie sind völlig von ihm verschieden – und doch spürte ich bei der ersten Begegnung, daß ich irgendwann zuvor einmal Ihr Gesicht mit diesen ach so tiefen dunklen Augen gesehen hatte.“
    Er nahm die Hände von ihrer Hüfte und berührte damit ihr Gesicht.
    „Keiris“, sagte er, der Name ein Streicheln auf seinen Lippen, „eines Tages, in nicht allzuferner Zukunft, werden wir wissen, wer ich bin.“ Er legte die Hände in den Schoß. „Wir dürfen nicht eher aufgeben, bis dieser Tag gekommen ist.“
    „Werden wir nicht“, sagte sie und lächelte ein wenig traurig und düster.
    Alar legte den Kopf auf ihr Knie und verbarg sich damit vor der harten Konzentration in ihren Augen.
    In dieser verkrümmten Lage verharrte er viele Minuten, unfähig, sich zu entspannen.
    Endlich fing die Frau zu sprechen an, und ihre Wange streichelte kurz sein Ohr. „Games’ Wachtposten tut jetzt möglicherweise schon Dienst.“
    „Jawohl, ich weiß.“ Er stand umständlich auf und weckte die anderen.
    Gaines rieb sich die Augen und streckte sich. „Ihr drei müßt einen Augenblick hierbleiben, bis ich meinen Mann gefragt habe, ob alles in Ordnung geht“, warnte er.
    Er schritt in den Gang hinaus, und die Wunde in der Täfelung schloß sich leise hinter

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