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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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planen aristotelischen Hypothese, wie sie von Marschall Eldridge aufgefaßt wird. Das heißt, es gibt heute im Sonnensystem keine Person, auf die die Fingerabdrücke und das Augenkapillarmuster in Alars Polizeiakten passen.“
    „Dasselbe gilt für Kennicot Muir, nehme ich an?“ fragte Haze-Gaunt.
    „Nicht ganz. Muirs Identität ist verstreuter. Nach Eldridges klassischer Logik müßte man Muir als mehr als einen einzigen Menschen betrachten. Nicht-aristotelisch gesehen scheint Muir eine gewisse Beweglichkeit entlang der Zeitachse erlangt zu haben.“
    „Er könnte als zwei Personen zugleich existieren?“ fragte Juana-Maria neugierig.
    „Leicht möglich.“
    Keiris lauschte der eigenen erstickten Stimme. „Befindet er … befindet sich eine dieser Personen jetzt in diesem Raum?“
    Das Gehirn schwieg lange Zeit. Schließlich wandte es ihr große, traurige Augen zu. „Die Frage der gnädigen Frau überrascht im Hinblick auf die offensichtliche Gefahr für ihren Mann, falls sich ihre Vermutung als richtig erweisen sollte. Eine Verkörperung Muirs, deren Existenz gerade von Ihrer Majestät der Imperatrix unter Heranziehung der nicht-aristotelischen Logik abgeleitet worden ist, ist anwesend, zieht es aber im Augenblick vor, für uns unsichtbar zu sein.“
    Er hielt inne und blickte auf das Radiochron an der Wand zur Linken. Einige der übrigen folgten seinem Blick.
    Es war vier Minuten nach Mitternacht. Irgendwo weit über ihnen dämmerte ein neuer Tag heran – der 21. Juli 2177.
    „Jedoch“, fuhr das Gehirn fort, „ist Muir auch in einer anderen, völlig anderen Form anwesend, die selbst Marschall Eldridge völlig zufriedenstellen würde.“
    Die Minister wechselten erstaunte, argwöhnische Blicke.
    Eldridge sprang auf. „Zeigen Sie auf ihn!“ rief er.
    „Der Kriegsminister“, bemerkte Haze-Gaunt, „ist merkwürdig naiv, wenn er sich einbildet, daß das Gehirn vor dieser Versammlung auf Kennicot Muir weisen wird.“
    „Eh?“ sagte Eldridge. „Sie meinen, er hat Angst, ihn zu nennen?“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber warten wir ab, was eine höchst direkte und spezifische Frage an Ausbeute bringt.“ Er wandte sich dem Gehirn zu und fragte sanft: „Können Sie abstreiten, daß Sie Kennicot Muir sind?“
     
    Während Alars verblüffte Augen auf das Pyrometer schauten, kroch die Nadel langsam die Skala hinauf und zeichnete den Fall der Station in den Sonnenfleckenwirbel auf – 4560, 4580, 4600. Je tiefer, desto heißer. Natürlich würde die Station nie den Sonnenkern erreichen. Der Wirbel würde sich innerhalb der nächsten tausend Meilen auf ein Minimum verengen, in einem Bereich, der tief genug war, um eine Temperatur von mehreren Millionen Grad aufzuweisen. Das Kühl- und Isolationssystem des Solarions konnte höchstens 7000 Grad K widerstehen.
    Es gab mehrere Möglichkeiten. Der Sonnenfleckenwirbel mochte sich bis zum Sonnenkern erstrecken, wo eine Temperatur von rund zwanzig Millionen Grad herrschte. Aber selbst wenn der Gaswirbel auf dem ganzen Weg zum Mittelpunkt unter 7000 Grad blieb – und es war ihm bekannt, daß dies unmöglich war –, würde die Station schließlich in den ungeheuer dichten Kern stürzen und verglühen.
    Aber angenommen, der Wirbel erstreckte sich nicht bis zu diesem ungeheuer heißen Mittelpunkt, sondern lief möglicherweise lediglich ein paar tausend Meilen weiter unten aus? Er spuckte eine Handvoll Blut aus und rechnete rasch. Wäre der Recken 16000 Meilen tief, würde die Temperatur an der Kegelspitze nur ein wenig unter 7000 Grad betragen.
    Wenn die Station sanft niedersank und dort zur Ruhe kam, mochte er mehrere Stunden lang leben, bevor die schwere Fabrik tief genug in die Zonen unerträglicher Temperaturen sank. Aber die Landung würde alles andere als sanft erfolgen. Die Station fiel jetzt mit einer Beschleunigung von 27 g und würde die Kegelspitze mit einer Geschwindigkeit von mehreren Meilen pro Sekunde erreichen, und das trotz der Viskosität der Gase im Sonnenflecken. Alles um ihn herum würde sich auf der Stelle auflösen.
    Er bemerkte, daß die Sesselkissen gegen seinen Rücken drückten. Die Metallrohre der Armstützen schienen schon erheblich wärmer zu sein. Sein Gesicht war feucht, aber der Mund war trocken. Ein Gedanke erinnerte ihn an den Notvorrat des Kapitän Andrews’.
    Da er im Augenblick nichts zu tun hatte, gab er dieser plötzlichen Laune nach. Er stand auf, streckte sich und ging zur Wand hinüber, an der die Kühlbox hing.

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