Der Mann schlaeft
Nigger« singend durch die Bronx laufen. Und wenn ich das gemacht hätte, würde ich zu Hause aufwachen, auf den See schauen, und alles wäre ein Traum gewesen, die Sorte, bei der man, noch während man schläft, zu weinen beginnt vor Erleichterung, weil man weiß, dass alles gut wird, nach dem Erwachen.
Keine Füchse hier.
Die Treppen, dreiundzwanzig, zum letzten Mal, mit zwei schweren Taschen. Ja, quält mich, reißt mir die Hände auf,sind ja nur Hände, die kann man abhacken im Anschluss, an die Füchse verfüttern, die Servietten trügen beim Essen.
Unten nimmt mir der Masseur die Taschen ab und geht mir voran durch die Gasse, die mich in den Schlaf gemurmelt hat mit chinesischen Stimmen und Kindern, die vermutlich nach innen kreischen. Als ahnten sie ihre Pflicht, sich schnell als gute Bürger eines kapitalistischen Landes zu beweisen, in dem die Eltern viel arbeiten, um reich zu werden, und die Kinder zu lernen beginnen, mit fünf, damit sie später noch reicher werden, da ist kein Raum zum Kreischen, Lärmmachen, Blödtun, sie sind guterzogene kleine Erwachsene, mit unsichtbaren Anzügen laufen sie neben den Eltern her und spielen ausschließlich Spiele, die der Geschäftstüchtigkeit dienen. Erstaunliche kleine Arschlöcher.
Nach wenigen Minuten, die wir schweigend durch die Nacht gelaufen sind, in ihrer Schwüle die heißeste, die ich hier erlebt habe, kommen wir zur Wohnung des Masseurs, die wie ein Boot in den Bäumen schaukelt. Aber vielleicht bin ich ja nur ein wenig überreizt. Die Taschen stelle ich in mein neues Zimmer, beide werden nicht ausgepackt, dafür werde ich sorgen, der Masseur zieht sich zurück, wofür ich ihm Respekt schulde. Ein gutes Gespür für Gastfreundschaft scheint er zu haben und nicht zu erwarten, dass ich ihn jetzt mit Geschichten aus der alten Heimat unterhalte.
Draußen ist es sehr Nacht und in dieser Ecke der Insel auch still. Man hört Tiere, die ihre Beine wetzen, ab und an mal Schritte, die immer und unbedingt schlurfen.
Wieder sitze ich auf einem Bett und erwäge Handlungen. Ich könnte in die Küche schleichen, von der ich nicht weiß, wo sie sich befindet, mir dort einen Tee zubereiten, wobeiich einige Teller zerbräche und im Anschluss den Wäschetrockner einschaltete, und meinen Arm, den ließe ich in der rotierenden Trommel zu Gehacktem verarbeiten. Ich könnte den Tee dann trinken. Aber dieses Getrinke kann man auch hervorragend seinlassen. Ersatzhandlung ehemaliger Raucher. Dieser ganze unglaubliche Schwachsinn, der in den letzten Jahren gepredigt wurde. Von der Wasserindustrie ein genialer Werbeschachzug, den Menschen einzureden, dass sie vier Liter Wasser täglich zu saufen hätten, wie Kamele vor einer Wüstendurchquerung, von der Ölindustrie die wunderbare Legende um das unsterblich machende Olivenöl, von unser aller Regierung die Aufgabe, den Müll zu trennen, damit wir beschäftigt sind und nicht auf die Idee kommen, zu fragen, was das Klima auf der Welt wirklich ruiniert.
Ich könnte mich ferner auf die Terrasse legen, in den Himmel schauen und träumen. All diese Unternehmungen, die nur in der Vorstellung nach Jasmin riechen. Und dann steht man da, frierend, ängstlich auf Tierlaute horchend, bei der Nachtwanderung oder beim nächtlichen Nacktschwimmen in der Andaman-See. Vielleicht ist das Leben in der Vorstellung einfach angenehmer, hat diesen Grad an Feinheit, die ihm bei Licht vollkommen abgeht. Da sitzen die Menschen und versuchen, sich mit Poesie und Viertonmusik eine Aura des Unkörperlichen zu geben, in Sphären zu schweben, aus denen sie durch nässende Hautekzeme wieder hinausgeschleudert werden, in die Schlammgrube ihres übelriechenden Lebens.
Ich unterlasse jeden Versuch, in eine andere Stimmung zu kommen, kein Tee, keine Veranda, wo ich doch nur läge und spürte, wie unvollkommen ich alleine bin, wie gelangweilt, angeödet und angeekelt.
Damals.
Vor anderthalb Jahren.
Vielleicht habe ich mich als Baby ähnlich gefühlt. Behütet, warm, angstlos. Wenn ich nicht schlafen konnte, genügte es, meinen Kopf auf den Bauch des Mannes zu legen, mein Herz wurde ruhiger. Man sagt, dass Babys sich am Puls der Mutter beruhigen. Da ich mich nicht besonders gut an meine ersten drei Lebensjahre erinnern konnte, ging ich davon aus, dass die beste Zeit meines Lebens in diesem Moment stattfände. Wenn man sich mit einem anderen Menschen wohlfühlt, wiegt sich der Geist mitunter in trügerischer Sicherheit, wird nachlässig, und auf einmal steht man
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