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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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Psychologie fiel mir nicht leicht. Die Psychologen betrachteten mich zu Recht als Eindringling. Ich mußte nachstudieren und ihre Prüfungen über mich ergehen lassen. Später schoben sie mir die unmöglichsten Aufgaben zu. Endlich faßten sie Vertrauen zu mir, verstanden meine Lage und beauftragten mich, Verbindung zu allen Gruppen zu halten, die zeitreisen sollten. Daneben befaßte ich mich nach wie vor mit Mikroforschung.
    Man hatte die von mir festgestellte Zeitanomalie überprüft. Die Differenz hing nicht von der Länge der Reise ab, jedenfalls nicht in dem uns bekannten Bereich. Um eine Abhängigkeit von den Personen wurde gestritten. Statistisch war sie nicht gesichert. Ohnehin beeinflußten diese »Resultate« das Gesamtprojekt kaum.
    Eines Tages kam die KOMMISSION zu meinen vier. In drei Wochen sollte die große Reise beginnen. Seltsam, je näher dieser Zeitpunkt rückte, um so ferner schien mir die Sache. Die Zeitreisen bewegten mich kaum, wiewohl ich wußte, daß mir schon nach den ersten viel zu tun bevorstand. Das Problem war, zwei schlüpfgeeignete Personen der Vergangenheit zu finden, die gleichermaßen ein Paar bildeten. Aber wozu trieben wir schließlich historische Mikroanalysen? Für uns hatte man per Schriftproben ein Studentenpaar bereitgestellt, 1956, ein Jahr vor dem ersten Sputnik. Sie: Maren, Medizin; er: Lars, Mathematik.
    Es stand nun nur noch eins offen: Wer fährt? Ute und Heiner oder Ute und Torsten? Das war vergleichsweise kein Problem, jedenfalls kein wissenschaftliches. Aber wie so oft, erhitzten sich gerade hier, im Persönlichen, die Gemüter. Die drei wurden sich nicht einig. Zu dritt konnten sie nicht fahren, denn wo gab es damals eine so geartete und schlüpfgeeignete Dreierfamilie?
Ute: Die Männer sollen sich entscheiden.
     
Heiner und Torsten: Ute soll wählen.
    Über diesem Hickhack verzweifelte Anne fast, aber sie vermochte auch nicht zu helfen. Sie und ich waren bereits ausgefallen, und nun gab es neue Schwierigkeiten. Mußte man nicht befürchten, daß das gesamte Team vom ZM-Projekt ausgeschlossen werden würde?
    Die KOMMISSION wurde ungeduldig. Man schickte wieder dieselbe Frau, die schon bei unserem damaligen Gespräch zugegen war. Sie wollten sie wahrhaftig hinauswerfen, als sie vorschlug zu losen. In ihrer Not kam sie auf die rettende Idee. Es fährt, wer sich mehr für Mathematik interessiert! Das war Torsten. Nach Tagen erklärte sich Ute einverstanden. Nahm aber Heiner bei der Hand und fuhr weg mit ihm für zwei Wochen. Ihr Abschied für Jahre. Die KOMMISSION mußte den Abreisetermin abermals verschieben.
    Es mag schon kalt gewesen sein, als es endlich losging. Anne erzählte mir enttäuscht, daß alles sehr gezwungen gewirkt hätte. Förmliche Verabschiedung durch die Offiziellen. Ute und Torsten hätten sich nicht angesehen. Heiner wäre gar nicht dagewesen. Kalt sei ihr geworden von der Kälte der zwei. Vielleicht sei es auch Lampenfieber gewesen, kaltes Lampenfieber.
    Nachdem Ute und Torsten »abgereist« waren, beschloß man, inzwischen wieder verstärkt »alte« Forschung zu betreiben. Man nahm mich ins Team zurück – als Ersatzmann. Wir waren nicht sehr regsam in dieser Zeit.
    Von einem, der Zukunftsromane des vorigen Jahrhunderts studierte, bekam ich einige dieser Bücher in die Hand. Ich stellte fest* daß sowohl unter Schlüpfen – wenn auch nicht unter diesem Namen – als auch unter »identischen Menschen« und ähnlichen Bewußtseinsphänomenen schon eine ganze Menge existierte, allerdings erst, nachdem die Phantasie der ewigen Weltraumraserei müde geworden war.
    Ein phantastischer Einfall (während einer Zeitreise wird einem Urmenschen ein Feuerzeug geschenkt; in die Gegenwart zurückgekehrt, findet der Spender es im Museum wieder) kam mir erneut in den Sinn, als wir uns mit der Interpretation der Vergangenheit befaßten: Ein bislang unverständlicher historischer Fund konnte nachträglich als Feuerzeug interpretiert werden.
    Utes Kinder lebten bei uns. An manchen Tagen gingen wir alle nicht ins Institut. Es gab so einen endlosen Baustoff, und alle, wir drei Großen und die vier Kinder, bauten wie verrückt und bemalten dann noch alles. Dazu Ausflüge in die Erde, zum Mond und zum Kindersatelliten – schöne, verantwortungslose Zeit. Wissenschaftlich natürlich – das juckte uns nicht sehr. Erstaunlicherweise schafften wir dennoch drei komplette Forschungsaufträge.
    Eines stillen Nachmittags wurden alle hastig zusammengerufen. Einige

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