Der Mann von Anti
abgeblieben?
»Hier, Herr Grau, helfen Sie mir doch, bitte, ich komme allein nicht los! – Arco, komm! Faß zu! Faß doch…« – Elender Hund! Die Schere hält mich fest! Eine zweite tastet an meinem rechten Fuß entlang, kommt immer näher heran, drückt nun mein Bein dicht unter dem Knie fest zusammen, es beginnt zu schmerzen. Ich stöhne lauf auf: »Herr Grau! – Arcooo…«
»Bleiben Sie ganz ruhig! Dann tun sie Ihnen nichts! Nur nicht bewegen!« ruft jetzt Herr Grau. Er steht nur zwei oder drei Meter von mir entfernt, trägt jetzt schwere Gummistiefel und hält eine großkalibrige Pistole in der rechten Hand. Er wird mich hier herausschießen.
Der Hund ist nun dicht neben mir. Er zittert und bebt an allen Gliedern, sein Kopf senkt sich, er will in die Schere beißen, die mein Bein immer enger zusammendrückt. Aber er kommt nicht dazu, denn es fällt plötzlich ein Schuß, dumpf und trocken der Knall, und gleich darauf noch ein zweiter.
Arco bricht in den Vorderbeinen zusammen. Er wälzt sich zur Seite, schlägt mit den Hinterbeinen ein paarmal aus und liegt dann ganz still. »Herr Grau!« schreie ich. »Sie… Sie haben den Hund erschossen! Was soll das heißen…?«
Herr Grau steht da und sagt nichts, er sieht zu. Die beiden Krebsscheren aber haben meine Beine fest zusammengepreßt, wie ein Stück Eisen im Schraubstock. Ohne Hilfe komme ich hier nie wieder ‘raus.
Der Sand knirscht hinter meinem Rücken. Und ich weiß, was jetzt gleich geschehen wird! Ich starre auf die mächtige Knackschere, die sich ganz langsam heranschiebt und immer fester und enger um meinen Hals legt.
Dafür lockern die Scheren an meinen Füßen ihren festen Griff, und dann lassen sie ganz los. Sie greifen nach dem Hund und ziehen seinen leblosen Körper hinab zum Wasser. Ich kann meinen Kopf noch etwas bewegen. Und ich sehe, wie die Kiefernfüße der unzähligen Krebse, die im niedrigen Wasser liegen, nach dem Körper des toten Hundes greifen. Sie rupfen ganze Brocken aus dem Kadaver, reißen die Beine aus dem Rumpf, ich höre, wie die Knochen von den Scheren zerknackt werden. Dann verschwinden Fleischfetzen auf Fleischfetzen in den Schlundöffnungen der unersättlichen Ungeheuer.
Und Herr Grau steht dicht neben mir. Nur die Breite eines kleinen Segelbootes trennt uns. Er wird doch nicht auch mich…? Der Griff um meinen Hals wird enger. Ich beginne zu röcheln: »Herr Grau! Herr – Grauuu…«
Der Griff an meinem Hals wird lockerer, dann ist der Hals frei. Gerettet! Ich atme, öffne den Mund, um tief Luft zu holen, und dann, dann will ich schreien!
Ich merke, wie zwei Scheren wieder meine Beine packen, unten an den Knöcheln, immer fester, fester.
»Herr Grau! Bitte! Sie können doch nicht… Sie werden doch…nicht… nicht, nein…!«
Ich schreie. Ich bettele. Gleich werde ich winseln, winseln wie ein Hund, Herrn Grau anwinseln, alles, alles werde ich tun. – Da sehe ich in das Gesicht von Herrn Grau, und nun weiß ich, ich werde gar nichts mehr tun, alles, alles wird zu Ende gehen. Denn jetzt werden meine Handgelenke von Scheren gepackt, mein Kopf sinkt hilflos in den Sand. Ich drehe das Gesicht zur Seite, Sandkörner knirschen zwischen den Zähnen. Ich gebe auf. Ich wehre mich nicht mehr, ich kann nicht mehr. Genau wie der tote Hund werde ich durch den Sand geschleift, hinunter zum Wasser, wo die Krebse warten, und ich bin doch ein Mensch, ein lebender Mensch.
Sand und Steine und die scharfen Muschelschalen verkratzen mein Gesicht, die Haut brennt wie Feuer, Blut läuft mir in die Augen. Ich sehe nichts mehr. Ich will auch nicht mehr. Ich will nur noch ein Ende, ein schnelles Ende.
Meine Füße sind schon im Wasser, nun auch meine Brust. Ich atme noch einmal ein, ganz flach, ich habe Angst, große Angst, wenn Herr Grau jetzt nicht doch noch.
Die letzte Luft von dieser Erde! Dann schlucke ich Wasser, immer mehr. Schlucke. Dann… ich sehe nichts mehr… alles ist schwarz. Ganz schwarz. Eine Welle hebt mich leicht empor, dann sinke ich, sinke immer tiefer.
»Danke, Major!« sagte der ältere, vornehme Herr, dem der Wächter Peter K. vor wenigen Tagen kurz vorgestellt worden war.
»Mehr war es auch nicht, Herr Oberst!« sagte Herr Grau und stellte das kleine Gerät, nicht größer als eine Pralinenschachtel, jetzt ab. »Ich habe nur seine Gedanken an fünf Tagen mitgeschnitten, ich denke, das reicht für unsere Zwecke. Das neue Gerät hat sich übrigens ausgezeichnet bewährt.«
»Und was kann ich dem Herrn Generalinspekteur
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