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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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man nichts tut.«
»Sie Ärmste… Ich hatte Ihnen doch vorgeschlagen spazierenzugehen – zum Tanz, ins Kino, ins Theater. Es gibt so viele Möglichkeiten…« Ich lächelte überlegen, denn hier hatte ich gewiß die größeren Erfahrungen.
Cora blickte mich irgendwie ängstlich an. Ihr Gesicht war bleich, die Augen unnatürlich groß. Was war mit ihr los? Sie tat mir leid.
»Wenn Sie nichts anderes vorhaben… und falls Sie möchten… kommen Sie mit mir! Ich will nämlich eben ins Kino. Ein Film über die Südsee.«
Ein freudiges Lächeln zerbrach die Maskenstarre ihres Gesichtes. »Selbstverständlich!« Sie nickte, zauderte jedoch mit einemmal. »Ich müßte meinen Vater fragen.« Sie verschwand.
Ich fand es ausgesprochen lachhaft. Der Wissenschaftler würde seine Privatassistentin doch wohl für einen Abend entbehren können. Das grenzte bald an Ungesetzlichkeit, wie er sie ausnutzte.
Einen Moment später erschien sie wieder. Ich hatte sogleich das Gefühl, sie habe Ärger gehabt, auch wenn sie nichts Derartiges äußerte. »Ich komme sofort«, sagte Cora und lächelte entschuldigend. »Warten Sie bitte ein bißchen. Das Umziehen… und bei uns ist es so ungemütlich… Wenn Sie vielleicht am Tor auf mich warten könnten.«
Ich nickte.
Es dauerte reichlich zehn Minuten, dann kam Cora, und wir gingen. Sie hatte sich in ein Kostüm gekleidet, das demjenigen glich, das sie bei jenem Besorgungsgang getragen hatte. Nur war der Rock hier eine Handbreit kürzer. Außerdem trug sie Strümpfe, zart gemustert und mit einem leichten Leuchteffekt versehen.
Die Zahl der Kinobesucher war gering. Ich hatte es nicht anders erwartet. Wir ließen uns weit hinten nieder.
Es war das uralte Thema, in einer der üblichen Varianten aufgebaut. Eine hübsche Insulanerin wollte einen hübschen und sympathischen Insulaner haben, wurde aber von ihrem Vater einem reichen und häßlichen Häuptling versprochen. Klar – wie immer. Dann die Streitigkeiten zwischen diesen vier Personen, und schließlich zieht der unglückliche Liebhaber aus, um in der Ferne möglichst rasch den Reichtum zu erwerben, der ihm den Besitz des Mädchens garantiert. Das gelingt ihm nicht – wie denn auch? –, und er kehrt arm zurück. Das Mädchen hat indes der andere kassiert; sie aber ist dem Geliebten treu geblieben und flieht mit ihm im schnellen Boot… Immer das gleiche Lied, der gleiche Schaumpudding. Aber ich hatte mich amüsiert, und meine Kopfschmerzen waren verflogen.
Als das Licht anging, sah ich, wie Cora das Taschentuch wegsteckte. Ihre Augen schimmerten verdächtig.
»Nanu?« erkundigte ich mich ungläubig. »Fanden Sie es so ergreifend?«
Sie lächelte – viel schöner als jene Häuptlingstochter, wie mir schien. »War es nicht wunderbar? Und sie hat richtig gehandelt. Bei Schwierigkeiten soll man nicht aufstecken! Es gibt immer einen Weg. War es nicht wunderbar, wie sie dem Reichen die Ringe und Ketten vor die Füße warf? Ich hab’ sie geradezu beneidet. Wie glücklich sie danach war, ganz echt!«
»Echt?« sagte ich vorsichtig. Ich hatte Cora mehr zugetraut. Diesen Rührschinken so ernst zu nehmen… »Aber deshalb muß man doch nicht weinen.«
»Es war viel zu schön, da… ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal geweint habe. Es muß lange her sein, aber jetzt…« Sie zog das Taschentuch wieder hervor und schneuzte sich. »So, nun ist es vorbei. Entschuldigen Sie, ich habe mich gehenlassen.«
Ihre Worte überraschten mich. Mir kam eine Ahnung. »Gehen Sie denn so selten ins Kino, Miß Wilton?«
»Alle Jahre einmal, wenn es hoch kommt. Sie wissen doch, ich komme kaum aus dem Haus.« Sie lächelte wieder, aber das überzeugte mich nicht. »Die Arbeit geht halt vor.«
Kein Wunder, dachte ich, daß sie dann diesen Kitsch für echt hielt. Sie ist ja richtig lebensfremd. Aber ihr Vater hätte nicht so handeln dürfen.
»Sie sollten, meine ich, mehr unter die Leute, Miß Wilton«, sagte ich vorsichtig. »Auf die Dauer hält es niemand aus, wenn er immer wie eingesperrt lebt.«
Sie senkte den Kopf und nickte schwach. »Ich möchte schon…« Sie sprach so leise, daß ich sie kaum verstand. »Nur – allein ist das nichts. Ich bin den Umgang mit so vielen Menschen nicht gewohnt… verstehen Sie? Ich fühlte mich meist fremd unter ihnen.«
Ich verstand schon. Dieser Mr. Wilton!
»Solange ich mich erinnern kann«, fuhr sie fort, »hatte ich mit den Maschinen zu tun. Ich kenne nicht viele Menschen, und die, die ich kenne…« Cora

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