Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
Vom Netzwerk:
der Mann. Eine ausholende Geste schien den Erdball anzudeuten.
»Ach so!« Bratt war enttäuscht. »Weshalb eigentlich?«
»Erstaunliche Frage! Sie sind doch ein intelligenter Mensch?«
»Man sagt es bisweilen.«
»Wissenschaftler?«
»Berichterstatter.«
Ich wunderte mich, daß er nicht sagte, er sei Jon Bratt, und was das heiße, wisse doch jedermann.
»Die TV-Sendung vorhin!« besann sich der andere. »Das waren Sie. In Begleitung einer reizenden jungen Frau.«
»Kam sie ins Bild? Unwichtig. Kleiner Schiffsoffizier. Nette Person.«
Am liebsten hätte ich ihn geohrfeigt.
»Und Ihr Beruf?« erkundigte sich Bratt nebenbei, für ihn wohl eine Routinefrage.
Der Mann strich mit den Fingerspitzen über die Stirn. »Es findet sich kein Vergleich.«
»Sie sind Ausländer?«
»Gewissermaßen. Ich komme vom Anti.«
»Anti… Anti… Wo liegt denn das?«
Bratts Unwissenheit kränkte den Fremden offenbar. Er erklärte zurechtweisend: »Planet sechs im Bereich Prokyon B der schwarzen Sonne. Das sollten Sie eigentlich wissen.«
Von diesem Planeten hatte ich nie gehört. Mir war auch nicht bekannt, daß jemals Besuch aus dem Prokyonsystem eingetroffen sei. Hatten wir einen Verrückten an Bord?
Bratt mochte den gleichen Verdacht hegen. Er verbarg ihn hinter harmlosem Lächeln. »Vom Anti also kommen Sie. Interessant!«
»Sie wissen Bescheid?« fragte der Mann ernst.
»Selbstverständlich«, log Bratt ohne Zögern. »Ihre Anpassung ist aber enorm. Wie machen Sie das? Die Sirianer haben ein Gerät, einen sogenannten Koordinator, um die unterschiedliche Denkweise auszugleichen. Die Sprache wird ebenfalls…«
Der andere unterbrach ihn mit der selbstbewußten Behauptung: »Wir sind in dieser Hinsicht weiter.«
»Was Sie nicht sagen!«
»In der Tat.« Der Mann wies auf seine Stirn. »Alles eingebaut unter Ausnutzung der Hirnventrikel und parallel geschaltet. Völlig schmerzloser Eingriff.«
»Eine perfekte Lösung!« lobte Bratt. »Und der Zweck Ihrer weiten Reise?«
»Ich gehöre zur Delegation.«
»Ach ja.«
»Morgen beginnen die Verhandlungen. Mich interessiert Ihre Meinung zu unserem Plan.«
Hier verschlug es selbst Bratt die Sprache. »Hm«, brummte er nur.
Der sonderbare graue Herr beachtete die Zurückhaltung seines Gesprächspartners nicht, er wurde lebhaft. »Wir wollen den Anti aus dem Prokyonbereich hinaussteuern und einem anderen System angliedern.«
Bratt richtete sich auf. Der Fall schien ihn zu packen. »Da haben Sie sich aber, etwas vorgenommen! Werden Sie das schaffen?«
»Wir hoffen es. Die Gravitation der schwarzen Sonne ist rapide gewachsen und wächst noch. Sie verändert, unsere Welt unaufhaltsam. Die Dimensionen schrumpfen, verzerren sich. Wir kennen keine Gerade mehr, alles ist krumm bei uns. Zugleich dehnt sich die Zeit innerhalb des riesigen sphärischen Raums, der uns umschließt. Passen Sie auf, einmal wird es Ihnen ebenso ergehen!« Der Antimann wies zur Sonne hin. »Auch Ihr Stern wird erlöschen.«
Bratt beeindruckte die düstere Voraussage nicht. »Das hat noch Zeit.«
»Gewiß. Nach unseren Berechnungen kann sich Ihre Sonne noch eine Weile halten. Trotzdem, Sie sind zu beneiden. In Ihrer Sorglosigkeit!«
»Wir werden uns schon zu helfen wissen, wenn’s soweit ist. Für Sie aber scheint es wirklich ratsam zu sein, mit Ihrem Anti schleunigst auszuwandern.«
»Einfach ist das leider für uns nicht. Jahrhundertelang suchen wir nach einer Lösung des Problems.«
»Ist’s möglich? Da hätten Sie sich längst etwas einfallen lassen können.«
Der Mann reckte sich stolz. »Junger Mensch! Wir sind ein uraltes Volk. Und bei uns liegen die Dinge anders als bei Ihnen, vergessen Sie das nicht. Die heutige Entwicklung auf der Erde durchlebten unsere Vorfahren vor Millionen Jahren. Auch sie hielten ihr Dasein für sinnvoll und genossen es ohne Sorgen um die Zukunft Die allmähliche Verdunklung des Planeten beunruhigte sie nicht. Es gab ja Gegenmittel: Kernfusion, Plasmasonnen – na, Sie wissen schon. Als die Lebensverhältnisse dennoch immer schwieriger wurden, schieden sich die Geister. Es bildeten sich zwei Parteien. Die Anhänger der einen sind dafür, das Prokyonsystem zu verlassen. Die anderen meinen, es habe doch keinen Zweck, dies weiter zu versuchen.«
»Und Sie gehören zu jenen, die auswandern wollen?«
»Wollen, ja. Die Frage ist, ob wir es noch können. Solch ein Unternehmen geht über Generationen!«
»Nicht resignieren, mein Freund«, beruhigte Bratt. Er sah sich unauffällig um. Es befand sich aber

Weitere Kostenlose Bücher