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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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Medaille.
    Sie stellte das Album zurück und öffnete den dritten Schrank. Überrascht prallte sie zurück. Er war angefüllt mit zahlreichen Pappschachteln in der Größe von Schuhkartons, die in mehreren Reihen aufeinandergestapelt waren. Welche Sammlerleidenschaft verbarg sich hier?
    Kate zog eine der Schachteln zu sich und öffnete sie. Ein merkwürdiges Sammelsurium von Gegenständen lag vor ihr; ein Taschenmesser, eine Schachtel Streichhölzer, eine Taxi-Quittung, eine zerdrückte Schachtel Zigaretten – im Wesentlichen das, was Männer in ihren Hosentaschen mit sich herumtragen. Nur die Krawatte, teuer aussehend, mit vornehmem Rautenmuster, paßte nicht dazu. Sie schloß den Deckel und öffnete weitere Schachteln; alle enthielten persönliche Gegenstände ohne größeren materiellen Wert.
    Ein merkwürdiges Gefühl beschlich sie. Wem gehörten diese Dinge? Nach welchem System waren sie zusammengestellt?
    Sie wirkten wie die Hinterlassenschaften von Toten. Mattuschek ein Massenmörder? Das konnte nicht sein, dafür waren es einfach zu viele. Aber was sonst steckte hinter dieser eigenartigen Sammlung?
    Sie untersuchte eine der Schachteln genauer und entdeckte in der Innenseite des Deckels die Initialen »G. S.« Als wäre davon irgendein Aufschluß zu erwarten, klappte sie einen Deckel nach dem anderen auf. Überall fanden sich Initialen.
    Sie hob einen weiteren Deckel – und erstarrte.
    In der Schachtel lag ein Goldkettchen mit einem aufklappbaren Anhänger, ein Stapel mit Briefen, ein spitzenbesetzter BH, ein ebensolcher Slip, einige versteinerte Muscheln, ein blaues Plastikbändchen.
    Kate wich die Farbe aus dem Gesicht. Sie hockte sich auf den Boden, die Schachtel im Arm. Mit zitternden Fingern untersuchte sie die Gegenstände.
    Plötzlich stand Rita in der Tür. »Laß uns verschwinden.«
    Kate rührte sich nicht vom Fleck.
    »Was ist los? Was hast du da?«
    Rita kniete sich zu ihr und betrachtete den Inhalt der Schachtel.
    »Was soll das? Was ist das für Zeug?«
    »Das sind Sachen, die mir gehören«, sagte Kate tonlos.
    »Wie bitte? Und wie kommen die zu Mattuschek?«
    Kate zuckte ratlos die Schultern. »Wenn ich das wüßte!«
    Interessiert wühlte Rita in den Sachen und förderte einen dicken Umschlag zutage.
    »Und was ist hier drin?«
    Kate sah auf. »Den kenne ich nicht, keine Ahnung.«
    Rita drehte den Umschlag um, ein Stapel Fotos rutschte heraus und verteilte sich auf dem Fußboden. Fassungslos starrten die beiden auf die Bilder.
    Jedes von ihnen zeigte Kate. Kate im Garten, Kate in der Hängematte, Kate oben ohne auf der Sonnenliege, Kate schlafend auf dem Sofa, Kate lesend im Bett, Kate in Umarmung mit Nellis, Kate … Kate … Kate …
    Vielen Bildern sah man an, daß sie aus großer Entfernung geschossen worden waren, andere waren gestochen scharf.
    »Dieser widerliche Spanner!« entfuhr es Rita.
    Kate kämpfte mit den Tränen. Sie fühlte sich gedemütigt, beschmutzt.
    Aber fast noch mehr als die Fotos verstörte sie die Tatsache, daß Mattuschek im Besitz ihrer persönlichen Gegenstände war.
    Die Briefe waren Liebesbriefe von Bernd, die Spitzenwäsche ein Geschenk. Die versteinerten Muscheln hatten in einer Schale neben ihrem Bett gelegen; sie waren eine Erinnerung an ihren ersten gemeinsamen Urlaub. Das Goldkettchen war ein Erbstück von ihrer Großmutter, das blaue Plastikbändchen mit dem winzigen Namensschild hatte Samuel als Neugeborenes im Krankenhaus getragen.
    Es gab keine vernünftige Erklärung dafür, wie diese Dinge zu Mattuschek gelangt sein könnten. Sie zog heftig die Luft ein und preßte die Hand auf ihr Herz.
    »Was ist los mit dir?« fragte Rita erschrocken.
    »Schon gut«, stöhnte Kate, »es geht gleich wieder.«
    »Laß uns abhauen«, bat Rita, griff nach den am Boden verstreuten Fotos, steckte sie zurück in den Umschlag und stellte die Schachtel an ihren Platz.
    »Nein!« protestierte Kate. »Das will ich mitnehmen!«
    Energisch schob Rita sie zur Tür hinaus. »Jetzt nicht. Laß uns erst in Ruhe nachdenken.«
    Gleich darauf schlüpften die zwei Frauen aus dem Haus.
    Kate überlegte, was sie tun sollte.
    Olga einweihen? Die Polizei verständigen? Schließlich verwarf sie beides. Sie hätte nicht erklären können, woher sie von den Sachen wußte.
    Über der verwirrenden Entdeckung hätte sie fast den eigentlichen Zweck der ganzen Unternehmung vergessen.
    »Hast du eigentlich auf dem Speicher irgendwas gefunden?« fragte sie.
    Rita antwortete nicht.
    »Was ist

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