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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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Kerala. Er wurde erpresst, damit er jemandem Zugang zu Dhar verschafft. Das sah ganz nach einem Vorgehen alter Schule aus.«
    »Nach Moskauer Regeln?«
    »Wie aus dem Lehrbuch. Der indische Geheimdienst hat kompromittierende Bilder im Schreibtisch des Polizeichefs gefunden. Die wurden mit einer unserer Kameras geschossen, einer alten Leica.« Er zögerte kurz. »Zum letzten Mal wurde die in den frühen Achtzigern in Berlin ausgehändigt. Und Ihr Vater hat sie nie zurückgegeben.«

7

    Marchant spürte, dass jemand in seinem Zimmer war, als er die abgewetzte Holztreppe in dem sicheren Haus hinaufstieg. Das hatte er seiner Intuition zu verdanken, einer Fähigkeit, die man ihnen im Fort nicht beibringen konnte. Nachdem Fielding ihn zum Haus begleitet und dann nach London zurückgefahren war, hatte Marchant kurz bei seinen beiden Aufpassern hineingeschaut, die in dem kleinen Wohnzimmer saßen und Pornofilme guckten. Die nahmen ihn kaum zur Kenntnis, und deshalb war er auch nicht sonderlich beunruhigt, als er den Türknauf drehte. Außerdem roch er bereits Leilas Parfüm.
    »Dan«, sagte sie und erhob sich von der Ecke des Betts, wo eine Zeitung aufgeschlagen auf der Bettdecke lag: eine Doppelseite über den versuchten Terroranschlag auf den London Marathon. »Ich habe mich schon gefragt, was du so lange mit dem Vikar im Wald treibst.«
    Beim Sex ließen sie es ruhig angehen, denn ihre Glieder waren noch schwer von dem Marathonlauf durch die Straßen von London.
    »So muss eine Nachbesprechung laufen«, sagte er, als sie ihm die Boxershorts abstreifte und sich sanft auf ihn legte.
    Keiner von beiden wollte darüber sprechen, was
beim Marathon passiert war. Bevor er suspendiert worden war, hatten sie sich an den Wochenenden getroffen, wann immer sich eine Gelegenheit bot: in Bern, Sevilla, Dubrovnik, aber nie in ihrer Heimatstadt. Und sie hatten es sich zur Regel gemacht, niemals über die Arbeit zu reden. Deshalb verbrachten sie eine Menge Zeit im Bett, denn sie hatten neben ihrem Beruf kaum ein Privatleben, meistens redeten sie erst am Flughafen miteinander, kurz bevor sie sich verabschiedeten. Heute würde es, wie sie beide wussten, anders sein.
    Zunächst jedoch fiel Marchant in tiefen Schlaf, was ihm während der letzten Monate selten passiert war. Sein Gehirn musste zu dem Schluss gelangt sein, dass er sich in diesem Haus mitten in Wiltshire und mit Leila an seiner Seite in so sicherer Umgebung befand, wie er es sich nur erhoffen konnte. Fielding hatte ihr den Besuch erlaubt, sagte sie, was das Gefühl der Sicherheit steigerte.
    Als er erwachte, fühlte er sich trotzdem nicht so ausgeruht wie erhofft. Zwar hatte er keine Albträume gehabt, aber die Erinnerung an Leilas heiße Tränen hatte sich durch die Müdigkeit gemogelt, die ihm in den schmerzenden Gliedern saß. Er setzte sich auf. Es bedrückte ihn, dass er nicht angemessen darauf hatte reagieren können. Leila duschte. Die Badezimmertür stand offen, und durch das beschlagene Glas der Duschkabine sah er verschwommen ihre braunen Brüste und ihr zartes Schamhaar.
    Sie legte den Kopf in den Nacken und strich ihr Haar im Wasserstrahl glatt. Diese Geste erinnerte ihn an das erste Mal, als er sie gesehen hatte. Damals hatten sie beide in London auf ihr Vorstellungsgespräch in Carlton
Gardens gewartet. Offensichtlich waren die Termine ein wenig durcheinandergeraten, und so saß er neben ihr am Empfang und vermutete, dass sie aus dem gleichen Grund dort sei wie er, traute sich aber nicht, sie zu fragen. Stattdessen hatten sie sich mit gequälter Höflichkeit über das Wetter unterhalten, über die Architektur und über alles andere außer dem einen Thema, das sie in Wirklichkeit beschäftigte.
    Bei der nächsten Begegnung am ersten Tag ihrer Ausbildung im Fort in Gosport hatte es sofort zwischen ihnen geknistert. Die neue Freiheit, offen über alles reden zu können, wirkte berauschend. Ein Ausbilder forderte sie auf, sich reihum vorzustellen. (Was solche entsetzlichen gruppendynamischen Spielchen betraf, unterschied sich der MI6 kaum von anderen Arbeitgebern.) Leila sprach zuerst in Englisch, dann kurz in fließendem Farsi, und sie erzählte, dass ihr Vater als Ingenieur in der Öl- und Gasindustrie gearbeitet habe. Als er nach Teheran versetzt worden war, lernte er dort ihre Mutter kennen, eine Iranerin und Bahai, die als Dozentin an der Universität angestellt war. Er hatte sie geheiratet. Nach der Revolution 1979 waren sie zusammen mit vielen anderen Bahai nach

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