Der Marathon-Killer: Thriller
kalt.
»Kennen Sie ihn?« Fielding war schon an der Tür, das Klemmbrett unter dem Arm.
»Nur seinen Ruf.«
»Einer der Besten in der Branche.«
»Und wenn Marchant gefunden wird?«, fragte Chadwick und erhob sich ebenfalls, da er den nächsten Streit nahen sah.
»Dann sind wir an der Reihe, ihn nach Dhar zu fragen«, erwiderte Armstrong.
Fielding öffnete die Tür.
»Passen Sie nur auf, dass wir ihn nicht noch mal verlieren«, sagte Chadwick. »Zweimal wäre leichtsinnig. Danke, Marcus.«
Fielding schloss die Tür hinter sich und überließ Armstrong und Chadwick sich selbst.
»Was auch immer Sie beide für Differenzen haben, die dürfen sich nicht auf Operationen auswirken, die unter meiner Aufsicht stehen, Harriet.« Chadwick war stehen geblieben.
»Spiro tobt.«
»Natürlich. Aber es sollte Sie nicht überraschen, wenn sich der Service um seine Leute kümmert. Das war schon immer so. Passt dieser Prentice auf ihn auf?«
»Höchstwahrscheinlich. Wir können Prentice die Hölle heißmachen, wenn wir wollen. Der ist bereits mehrmals mit Spiro aneinandergeraten. Jeder andere Geheimdienst hätte ihn schon vor Jahren rausgeworfen.«
»Ich rede mit Spiro.« Chadwick zögerte und ordnete die Papiere auf seinem Schreibtisch, was keinesfalls notwendig gewesen wäre. »Wir wollen diese Sache nicht eskalieren lassen, Harriet. Die Amerikaner brauchen Marchant zurück.«
Fielding fand Ian Denton mit einem Aktenordner in der Hand in seinem Vorzimmer, wo er sich mit den Sekretärinnen unterhielt. Dem Chef des MI6 standen drei zu: eine persönliche Assistentin, eine für die Korrespondenz und eine für den Terminkalender. Anne Norman hatte als
persönliche Assistentin schon vier Chefs erlebt, die ihre schroffe Art am Telefon alle zu schätzen gewusst hatten, besonders, wenn es sich um unangenehme Anrufe aus Whitehall handelte. Nach der Affäre um Stephen Marchant hatte sie kündigen wollen, doch Fielding hatte sie bei einem ausgedehnten Lunch bei Bentley’s zum Bleiben überredet. Die eindrucksvolle alte Jungfer in ihren späten Fünfzigern war ein typischer Blaustrumpf, nur dass sie für gewöhnlich rote Strumpfhosen trug und dazu rote Schuhe. Fielding hatte sie schon oft nach dem Grund fragen wollen, aber jetzt, nach dem Treffen mit Armstrong und Chadwick, war er nicht in der Stimmung für lockeres Geplauder.
»Kommen Sie«, sagte er und ging in sein Büro. Denton folgte ihm und schloss die Tür. »Was haben Sie?«
»Marchant ist bei der AW«, sagte Denton, leiser als sonst.
»Und die Amerikaner?«
»Spiro stellt Warschau auf den Kopf. Prentice sagt, die werden ihn nicht finden.«
Fielding zögerte einen Moment. »Wie steht es mit Salim Dhar? Irgendwelche Fortschritte?«
Denton holte einen Stapel Papiere aus dem Ordner, den er in der Hand hielt. Wie Fielding liebte auch Denton Ordnung im Leben, und deshalb hatte er die Blätter in Klarsichthüllen abgeheftet. Die oberste reichte er Fielding mit der Zufriedenheit eines Menschen, der weiß, dass er gute Arbeit geleistet hat. Es war ein alter Kontoauszug.
»Das Konto von Dhars Vater in Delhi«, erläuterte Denton. »Auf dieses Konto wurde sein monatliches Gehalt von der US-Botschaft überwiesen.«
»Und dieser Betrag hier?«, fragte Fielding und zeigte auf eine andere Zahlung, die mit rotem Kugelschreiber eingekreist war.
»Soweit der Filialleiter in Delhi weiß, handelte es sich um regelmäßige Überweisungen von Verwandten in Südindien. Die kamen in Rupien von der State Bank of Travancore, Kottayam. Auf heutigen Wert umgerechnet waren es ungefähr hundert Pfund im Monat.«
»Nicht schlecht für einen Verwaltungsbeamten. Man würde doch erwarten, dass jemand mit einer Stelle in Delhi Geld an seine Familie in den Süden schickt und nicht umgekehrt. Wer hat ihn also bezahlt?«
Denton zögerte kurz, denn er wusste, auf indirekte Weise würde er als mitverantwortlich betrachtet werden für das, was er jetzt zu sagen hatte. »Wir haben die Spur des Geldes weiter verfolgt.«
»Und?«, hakte Fielding gereizt nach.
»Kaimaninseln, ein altes Offshore-Konto des Service.«
»Herrgott.« Fielding warf die Klarsichthülle mit dem Kontoauszug auf den Schreibtisch.
»Es wurde 1980 von Stephen Marchant eröffnet.« Denton zog eine weitere Mappe heraus, deren Blätter noch stärker vergilbt waren als die der ersten, und reichte sie Fielding in der Hoffnung, sein Chef werde ein neues Ziel für seine Verärgerung finden. »Wir haben dies in den Personalakten
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