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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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gewöhnlich war sie beim Sex mit Hassan nüchtern, aber heute Nacht konnte sie einen Drink gebrauchen.
    »Das ist sehr aufmerksam, Leila, aber weißt du was? Das Hilton langweilt mich. Hotels überhaupt langweilen mich. Ich habe mein ganzes Leben in Hotels verbracht. Lass uns zu dir gehen. Was spricht dagegen? Es ist dein erstes Mal auf Heimatboden.«

    Hassans Vorschlag bedeutete für sie, eine Grenze zu übertreten, die sie noch nie überschritten hatte. Abgesehen von den Sicherheitsproblemen, die es mit sich brachte, einen Informanten mit in ihre Wohnung zu nehmen, hatte sie auch persönliche Vorbehalte. Sex in einem Hotelzimmer war eine Sache, doch zu Hause, an ihrem Zufluchtsort, ihrem Heiligtum, in das sie nach den Dienstreisen zurückkehrte? Das war etwas vollkommen anderes.
    »Tut mir leid, Hassan. Ich habe das Zimmer schon bezahlt. Außerdem ist es ein langer Weg bis zu mir.« Aber noch während sie es aussprach, wusste sie, dass sie damit nicht weit kommen würde.
    »Du hast für ein Zimmer bezahlt?« Er lachte. »Und wenn schon. Das übernehme ich.«
    Sie schaute über die vielen Tische hinweg, von denen jeder mit Kerzen und extravaganten Blumengestecken dekoriert war, sodass der Ballsaal aussah wie ein beleuchteter Obstgarten. Es war ihr unerträglich, nicht die Kontrolle über die Situation zu haben.
    »Es wird sich lohnen«, sagte er, beugte sich vor und berührte sie am Arm. »Ich weiß, wer die isotonischen Drinks geliefert hat.«
    Früher am Tag war sie nach der abschließenden Vernehmung in Thames House zum ersten Mal seit dem Marathon an ihren Schreibtisch im Hauptquartier zurückgekehrt. Dort war der vereitelte Anschlag immer noch das große Thema. Ihr entging nicht, wie sie in der Kantine angestarrt wurde, und sie hörte Kollegen in einer Offenheit über sie sprechen, die für Spione unwürdig war. In der Sektion Golfregion, in der sie arbeitete, herrschte eine Stimmung wie auf dem Börsenparkett. Zwar ging es
nicht um internationale Aktienpreise, aber der Lärm der klingelnden Telefone und die riesigen Schautafeln an den Wänden, auf denen Verbindungen zwischen Hunderten von Namen kreuz und quer über die Welt hergestellt wurden, erzeugten eine ähnlich chaotische Dringlichkeit. Ihre Vorgesetzte behauptete, es sei mehr los als in den Tagen direkt nach dem 11. September.
    Es war eine Erleichterung, als Marcus Fielding sie in sein Büro bestellte, wo er sie nach Marchant fragte und wissen wollte, in welcher Verfassung sie ihn am Tag zuvor angetroffen hatte. Er lobte sie außerdem dafür, wie sie sich wieder in die Arbeit stürzte, und wiederholte, dass sie sich jetzt in Geduld üben müsse. Marchant, so sagte er, werde von den Amerikanern vernommen, was nicht ideal sei, aber dafür werde er sicherlich bald wieder zum Dienst antreten. Allerdings wäre es das Beste, wenn sie beide sich einige Tage lang nicht treffen würden.
    Leila hakte nicht nach, was er mit »vernommen« meinte, denn sie wollte Paul Myers nicht verraten, aber auch Fieldings Benehmen selbst ermutigte sie nicht, ihm weitere Fragen über Marchant zu stellen. Stattdessen trug er ihr auf, sich auf Hassan zu konzentrieren und herauszufinden, was er über den Marathonanschlag wusste. Auf seine Informationen war bisher immer Verlass gewesen.
    »Quetschen Sie ihn aus«, hatte Fielding gesagt, und zwar auf eine Weise, bei der sie seine angebliche Enthaltsamkeit stark anzweifelte. Sie wussten beide, dass sie noch nie ein Formular für eine Zahlung an Hassan ausgefüllt hatte, und über die Angelegenheit wurde geschwiegen. Daran musste Leila jetzt denken, als sie Hassans Hände an die Pfosten ihres Messingbettes band. Es hatte sie schockiert, wie schnell
sie sich daran gewöhnte hatte, mit einem Mann zu schlafen, den sie nicht liebte. Nach dem ersten Mal hatte sie es Marchant erzählt, doch der wollte gar nichts davon hören. Es sei ihre Arbeit: Sie würden beide gelegentlich mit anderen Menschen ins Bett gehen müssen, und deshalb sollten sie keine große Sache daraus machen. Es gab nur einen Grund, weshalb sie es einander mitteilen müssten: wenn es anfing, mehr als Sex zu sein.
    Leila fand das nicht so einfach und war verärgert, weil Marchant so nüchtern damit umging. Kurz vor Ende des sechsmonatigen Kurses im Fort hatte eine Ausbilderin sie und die drei anderen Frauen aus ihrem Jahrgang eines Abends zu einem Drink eingeladen und ihnen ein paar persönliche Tipps mit auf den Weg gegeben. Sie war davon ausgegangen, dass sie alle mit den

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