Der Marathon-Killer: Thriller
einen Mann am Dscherschinski-Platz untergebracht hatte, noch in jenen Tagen, als Geheimagenten ihre Feinde nicht halb ertränkten, sondern mit schmutzigen Fotos erpressten, die sie in heruntergekommenen Hotelzimmern geschossen hatten. Weitaus zivilisierter.
»Er war von dem Gedanken besessen, nicht wahr?«,
fuhr Carter fort. »Jemand drin zu haben. Besonders nach dem II. September. Aber wir hatten genau die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Wir wollten sie einfangen und nicht anwerben. Deshalb wurde die Agency dem MI6 gegenüber so misstrauisch. Wir dachten, Sie wären in Tiefschlaf verfallen. Was haben Sie eigentlich getrieben, um Gottes willen?«
»Wir haben die Informationen gefunden, mit denen Sie Ihren Krieg rechtfertigen konnten«, erwiderte Fielding.
»Aber Sie haben sich die Bösen nicht vorgeknöpft. Amerikaner sind im Grunde sehr schlichte Menschen. Wenn uns jemand wehtut, dann bekommt er es zurück. In aller Öffentlichkeit. Das kann man vielleicht nicht gerade subtil nennen, und manchmal treffen wir die falschen Leute. Das verärgert auch diejenigen unter uns, die an feinere Methoden glauben.«
»Salim Dhar hätte niemals für die Agency gearbeitet.«
»Da sagen Sie mir nichts Neues.«
»Warum glauben Sie also, Sie seien in der Lage, ihn umzudrehen?«
»Ich nicht. Aber auf einen Versuch von britischer Seite würde er vielleicht anspringen.«
»Warum?«
»Sagen Sie es mir. Stephen Marchant wusste etwas.« Fielding trat vom Fenster zurück und drückte sich eine Hand ins Kreuz.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mich hinlege?«, fragte er.
»Aber nicht doch«, sagte Carter. Er hatte von den Rückenproblemen des Vikars gehört. »Lendenwirbel?«
»Ganzer Rücken.«
Carter schaute zu, wie sich der Chef des MI6 vorsichtig auf den Boden seines riesigen Esszimmers niederließ, scheinbar nicht ahnend, welches Bild er dabei bot. Vielleicht interessierte es ihn auch nicht.
»Fahren Sie ruhig fort«, sagte Fielding vom Boden aus, aber er hatte Carter den Wind aus den Segeln genommen. Hatte Fielding gewusst, was er gerade sagen wollte?
»Salim Dhars Vater hat in den frühen Achtzigerjahren in der amerikanischen Botschaft gearbeitet«, sagte Carter leicht verunsichert, weil er nicht wusste, wohin er sprechen sollte. Nach unten zu blicken, schien nicht angemessen. »Nachdem er von Ihrem Hochkommissariat entlassen worden war. Wir haben ein paar Ermittlungen angestellt. Es scheint, als hätte irgendwer ihm jeden Monat ein kleines Taschengeld zukommen lassen.«
Carter bemerkte eine Aktivität außerhalb des Esszimmers, wo die Dame in Rot noch spät arbeitete.
»Das Geld kam von der State Bank of Travancore in Südindien«, fuhr Carter fort. »Zumindest sollte es so aussehen. Aber es scheint, die Rupien haben ihre Reise möglicherweise als Dollars auf den Kaimaninseln begonnen. Oder vielleicht als britische Pfund in London.« Er machte eine Pause. »Ich habe nur eine Frage, Marcus. Warum haben die Briten Dhars Vater ein Gehalt gezahlt?«
»Die Zahlungen wurden 2001 eingestellt«, sagte Fielding ruhig und mit geschlossenen Augen.
»Einundzwanzig Jahre nachdem er aufgehört hat, für das Hochkommissariat zu arbeiten.«
Das hätte eigentlich eine Bombe sein müssen, die ausreichte, damit die Briten Daniel Marchant übergaben, aber der Vikar strahlte Seelenruhe aus.
»Wir haben diese Zahlungen selbst erst vor einigen Tagen entdeckt.«
»Hoffentlich wissen nur Sie und ich darüber Bescheid.« Carter war plötzlich verärgert, weil es Fielding gelungen war, die Geschichte verpuffen zu lassen, indem er sich einfach auf den Boden legte. Das schmälerte alles, was er sagte. »Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was Lord Bancroft dazu sagen würde, dass einer der meistgesuchten Terroristen der Welt ein Gehalt vom MI6 bezogen hat.«
»Während Sie eine ganze Generation von Mudschaheddin in Afghanistan unterstützt haben.«
»Das war ebenfalls Spiros Werk.«
»Wir haben wirklich keine Ahnung, wo Daniel Marchant sich aufhält«, sagte Fielding. Draußen vor dem Esszimmer wurden die Stimmen aufgeregter.
»Wir schon.«
»Man muss ihn gewähren lassen, wenn er Salim Dhar finden soll. Und bei allem Respekt für das Handwerk Ihrer Kollegen, es wird ihm nicht gelingen, wenn ihm ein Überwachungsteam von zehn Mann an den Fersen klebt.«
»Ich biete Ihnen einen Deal an, Marcus. Wir bewahren Stillschweigen über das Treuhandkonto auf den Kaimaninseln und lassen Marchant in Ruhe nach Dhar suchen,
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