Der Marathon-Killer: Thriller
nichts Gutes entwickeln.
Aber Fielding hatte schon lange, bevor Straker dabei half, Marchant aus dem Amt zu drängen, einen Verdacht gegen ihn gehegt. Er wusste, eigentlich sollten sie sich verbünden, anstatt gegeneinander zu kämpfen. Straker war praktisch das komplette Gegenteil zum vorherigen Direktor, einem Selbstdarsteller, der nach dem 11. September als eine Art Glamourspion ins Scheinwerferlicht getreten war und seine Auftritte genossen hatte, ehe er in den Ruhestand ging und seine Memoiren schrieb. Straker war anders, eher wie die Briten. Er hatte schon immer das Zwielicht bevorzugt. Und damit stellte er eine größere Bedrohung für den MI6 dar, denn er spielte nach den gleichen Regeln.
»Meine Herren«, sagte Straker zackig. »Wir haben nicht viel Zeit. Einer unserer höchsten Generäle wäre heute Nacht beinahe ums Leben gekommen. Ich muss alles erfahren, was wir über den Anschlag auf den Gymkhana Club wissen. Hat Marchant seine Finger im Spiel?«
Rotes Licht leuchtete dezent an drei kleinen Kameras, die in der Mitte des Tisches angebracht waren. Carter blickte Fielding an, und als der nickte, sah er zum Bildschirm hoch. »Sir, wie Sie wissen, ist Marchant Gegenstand einer Level-fünf-Operation. Der MI6 glaubt, er habe sich in dem Club aufgehalten, sei aber nicht für die Explosion verantwortlich.«
»Ich dachte mir schon, dass sie so etwas sagen würden. Schließlich hat er ja auch nicht versucht, Munroe zu ermorden. Marcus?«
»Will, ich weiß, wie die Sache erscheinen muss, aber unserer Überzeugung nach will jemand Marchant reinlegen.«
»Wir jedenfalls nicht«, erwiderte Straker.
Fielding wusste, was damit eigentlich gemeint war - Leila war nicht von den Amerikanern benutzt worden, um Marchant auszutricksen -, und er ging nicht darauf ein. Straker erinnerte Fielding an einen dieser stämmigen Rugbyspieler, die an seinem College in Cambridge stets nur deshalb aufgenommen worden waren, weil ihre beeindruckenden Fähigkeiten im Spiel schwerer wogen als ihre akademischen Unzulänglichkeiten. Doch er wusste, dass Straker der intelligenteste Agent seiner Generation war. Straker und er selbst sprachen fließend Arabisch (nur beherrschte Straker außerdem noch Russisch und Urdu), und ihre Wege hatten sich gekreuzt, als er und Fielding Gaddafi seine nuklearen Bestrebungen ausgeredet hatten. Eine Zeit lang hatte eine gesunde intellektuelle Rivalität zwischen ihnen bestanden, bis Langley die gesamten Lorbeeren der Gaddafi-Operation für sich allein beansprucht hatte.
Was Fielding hingegen jetzt beunruhigte, war das Wissen, dass die ganze Sache mit Leila von Straker persönlich genehmigt worden sein musste, selbst wenn es Spiros Operation gewesen war. Nach dem Rücktritt von Stephen Marchant hatte man einen Schlussstrich gezogen, doch das Verhältnis zwischen CIA und MI6 blieb angespannt.
»POTUS landet in zweiundsiebzig Stunden in Delhi«, bellte Straker, »und ich bräuchte nun schon einen verdammt guten Grund, der mich davon abhält, Marchant festsetzen zu lassen und gemeinsam mit den Indern Dhar auszuschalten.«
»Es wäre besser, Marchant Dhar erst einmal finden
zu lassen«, erwiderte Fielding kühl. Strakers einschüchternde Ungeduld kümmerte ihn wenig.
»Das halte ich durchaus für eine Option, Marcus. Aus dem Grund habe ich schließlich Spiro abgezogen und Alan eingesetzt. Aber ich hatte die Hoffnung, Marchant würde uns zu Dhar führen und nicht einen Anschlag auf General Casey im Gymkhana Club verüben.«
»Wir denken, Dhar könnte ein potenzieller Informant sein«, sagte Carter und blickte Fielding an, der froh war, dass der Mann aus Warschau die Führung übernahm. Seitdem die Zahlungen an die Dhar-Familie entdeckt worden waren, fragte sich Fielding, wie er den Amerikanern die schlechte Nachricht übermitteln sollte. Einen Boten aus ihren eigenen Reihen zu wählen, erschien ihm als gute Lösung.
»Ein Informant? Habe ich irgendetwas Entscheidendes verpasst? Im Augenblick ist Salim Dhar die Nummer eins auf unserer Liste der meistgesuchten Terroristen.«
»Sir, wir glauben, er könnte gedreht werden.« Carter wirkte wieder nervös. Fielding nickte, so diskret er konnte.
»Stimmt das?«
»Der MI6 hat einen interessanten CX über Dhar gefunden«, fuhr Carter fort.
»Will, wir glauben, er könnte einer von unseren sein«, sagte Fielding und sprang Carter zur Seite, denn der hatte genug vom Feuer des Direktors auf sich gelenkt. Ab hier würde er übernehmen.
»Sie
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