Der Marathon-Killer: Thriller
Vikars, als es am anderen Ende zu klingeln begann.
»Wer spricht da?«, fragte Fielding.
»Paul Myers, Analyst der Sektion Asien in Cheltenham«, sagte Myers und war sich bewusst, dass er lallte.
»Dies ist weder der passende Weg für die Kommunikation zwischen uns noch der passende Zeitpunkt«, gab Fielding zurück. »Wem sind Sie unterstellt?«
»Sir, es geht um Leila. Ich muss dringend noch heute Abend mit Ihnen sprechen.« Trotz des Alkohols spürte Myers die Überraschung am anderen Ende der Leitung. »Wir haben eines ihrer Telefonate abgefangen. Ich denke, Sie sollten sich das Transkript ansehen. Ich habe es bei mir.«
Eine Pause. »Wo sind Sie?«
»Auf der anderen Seite des Flusses.« Myers blickte hinauf zu dem vorspringenden Fenster ganz oben im Hauptquartier. Er konnte niemanden sehen, aber er stellte sich vor, wie der Vikar in die Dunkelheit spähte.
»Ich hole Sie mit meinem Wagen ab«, sagte Fielding. »Bleiben Sie, wo Sie sind.«
Zehn Minuten später saß Myers auf dem Rücksitz eines Range Rovers neben Fielding, während man sie an der Themse entlang in Richtung Westminster fuhr. Myers war fast genauso, wie Fielding ihn sich vorgestellt hatte: mangelnde soziale Kompetenz, Brille mit dickem Gestell, Körperhygiene, die zu wünschen übrig ließ, Alkoholproblem und ein IQ, der weit über den Durchschnitt hinausging. Ein typischer Datenhengst aus Cheltenham.
»Der erste Anruf fand einige Stunden nach dem Marathon statt«, erläuterte Myers. »Wir haben alles abgehört, weil wir verzweifelt nach einem Anhaltspunkt gesucht haben. Es herrschte ein Chaos wie nach dem 7. Juli. Südindien passte offensichtlich ins Raster, also nahmen wir uns Malayalam, Tamil und Telugu vor. Aber wir haben
auch Farsi abgehört. Ich habe dies hier entdeckt. Leilas Stimme habe ich sofort erkannt.«
Er reichte Fielding den Ausdruck eines Telefontranskripts. Fielding las aufmerksam.
Mutter (Farsi): »Sie sind heute Nacht gekommen, zu dritt. Sie haben den Jungen geholt, du weißt schon, der für mich kocht. Haben ihn vor meinen Augen verprügelt.«
Leila (Farsi): »Haben sie dir etwas getan, Mama? Haben sie dich angerührt?«
Mutter (Farsi): »Er war für mich wie ein Enkel. Sie haben ihn an den [Füßen?] rausgeschleift.«
Leila (Farsi): »Mama, was haben sie mit dir gemacht?«
Mutter (Farsi): »Du hast mir gesagt, die würden nicht kommen. Andere hier haben auch gelitten.«
Leila (Farsi): »Es ist vorbei, Mama. Jetzt kommen sie nicht mehr. Ich verspreche es dir.«
Mutter (Farsi): »Warum haben sie behauptet, meine Familie sei schuld? Was haben wir ihnen denn angetan?«
Leila (Englisch): »Nichts. (Farsi) Du weißt doch, wie das ist. Bist du jetzt in Sicherheit?«
[Verbindung unterbrochen]
Fielding gab das Transkript zurück.
»Haben Sie das eingetragen oder an irgendwen weitergereicht?«
Myers schwieg kurz und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß, das hätte ich tun sollen. Aber Leila und ich
waren Freunde. Gute Freunde. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Sie hatte mir von dem Pflegeheim erzählt, auch davon, dass das Personal ihre Mutter misshandelte. Um ehrlich zu sein, war es mir peinlich, sie abzuhören. Es war schließlich eine Familienangelegenheit.«
»Und warum haben Sie Ihre Meinung geändert?«
»Na ja, erst mal die Neuigkeit, dass sie für die Amerikaner arbeitet. Ich war richtig sauer auf sie, als ich das mitbekommen habe. Es war eine sehr persönliche Sache, so, als hätte sie mich selbst verraten. Ich habe mir daraufhin das Transkript noch einmal angeschaut.«
»Und?«
»Ich hatte den wichtigsten Teil übersehen, die Übermittlungsdaten. Leila hat immer von ihrer Mutter gesprochen, als würde sie in einem Pflegeheim in England leben. Als ich die Geschichte von einem Koch und von Prügeln hörte, dachte ich, es sei irgendein Streit unter dem Personal. Der Anruf ging an eine britische Mobilnummer, aber ich habe mir das Abhörprotokoll angeschaut und begriffen, dass er zu einem Mobilfunknetz in Teheran weitergeleitet worden ist.«
Das war niemandem aufgefallen, dachte Fielding. Niemandem außer den Amerikanern, die nicht nur herausgefunden hatten, dass Leilas Mutter in den Iran gezogen war, sondern diese Information auch eingesetzt hatten, um Leila umzudrehen. Darüber hinaus hatte, was Fielding die größten Sorgen bereitete, das System der Sicherheitsüberprüfungen versagt. Es gab also einen ersten Zwischenfall durch die neue, ausgeweitete Anwerbungspolitik des MI6. Wie viele andere
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