Der Marktmacher
es mag da ein paar zweifelhafte Konten geben, aber das ist doch noch lange kein Beweis.«
»Nein. Aber es wird geredet in Traderkreisen.«
»Geredet?«
»Jeder weiß, daß Chalmet mit schmutzigem Geld dealt, und diese Bank hält immerhin neunundzwanzig Prozent an Dekker Ward. Dadurch sind wir auch ins Gerede g e kommen. Ricardo hat damit natürlich nichts zu tun. Ni e mand würde ihm das ins Gesicht sagen. Aber im Pub, nach ein paar Bieren, kriegt man so einiges zu hören.«
»Und Sie halten das für wahr?«
»Zuerst war ich mir nicht sicher. Ich habe die Gerüchteküche ignoriert. Aber als dann dieser Martin Beldecos herumzuschnüffeln begann, fand ich es zunehmend intere s santer. Er stellte unbequeme Fragen und gab nicht eher Ruhe, bis er mit den Antworten zufrieden war. Da paßte es einigen Leuten sicher gut in den Kram, daß er umgebracht wurde. Und als dann auch noch Sie niedergestochen wu r den, waren es einfach zu viele Zufälle.«
»Daher haben Sie mit jemandem von der IFR gesprochen?«
»Ja. Ein Riesenfehler.«
»Warum?«
»Weil er geschrieben hat › Aus unterrichteten Kreisen bei Dekker Ward …‹ Und dann hat er mich zu Hause angerufen. Ich vermute, Eduardo hat mein Telefon angezapft. So haben sie mich erwischt.«
»Aber warum haben Sie mit ihm gesprochen? Sie haben doch gewußt, wie Ricardo reagieren würde.«
Dave schlürfte seinen Tee und blickte Teresa an. »Weiß nicht. Die Sache stank einfach zum Himmel. Ein Typ u m gebracht, ein anderer niedergestochen, alles tat furchtbar betroffen, aber keiner hat die richtigen Fragen gestellt. Ich habe viel darüber nachgedacht und konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. Wahrscheinlich hätte ich auch die Klappe gehalten, aber wir hatten ein paar Bier g e trunken, und da ist es mir eben rausgerutscht. Hätte nie gedacht, daß der Schuß derart nach hinten losgeht.«
Ich nickte. Vielleicht hätte ich noch ein paar Fragen mehr stellen sollen.
»Ich bin übrigens zur Polizei gegangen«, sagte er.
»Tatsächlich?«
»Ja. Nachdem sie mich rausgeschmissen hatten. Ich war so sauer, daß ich ’ s ihnen irgendwie heimzahlen wollte.«
»Und was hat die Polizei gesagt?«
»Hat überhaupt nichts gebracht.«
»Warum nicht?«
»Na ja, ein Mord in Venezuela fällt kaum in ihre Zuständigkeit, oder? Und Martin Beldecos war Amerikaner, offiziell wohnhaft auf den Cayman Islands. Mit anderen Worten, ein totaler Flop.«
»Was war mit der Geldwäsche? Waren sie daran nicht interessiert?«
»Im Prinzip schon. Aber Ricardo ist gerissen. Er wird praktisch von niemandem kontrolliert.«
»Warum nicht?«
»Zunächst einmal ist Dekker Ward eine Brokerfirma, das heißt, sie wird von der Börsenaufsichtsbehörde SFA und nicht von der Bank of England kontrolliert. Und die SFA interessiert sich nicht besonders für Geldwäsche. Außerdem führt Ricardo seine Geschäfte von Canary Wharf aus, die SFA aber beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Firmensitz in der City. Die Spekulationen auf den Eme r ging Markets sind sowieso wenig beaufsichtigt. Das ist ein ganz andere s D ing als Spekulationen an der Londoner Börse, wo man den Leuten genau auf die Finger guckt. Auße r dem werden Ricardos Transaktionen vielfach bei Dekker Trust auf den Caymans verbucht. Das ist nach außen hin eine eigenständige Firma und unterliegt damit nicht der Kontrolle durch englische Behörden.«
»Verstehe.« Ricardo hatte ein Netz gesponnen, das niemand mehr zu entwirren vermochte.
»Sie haben die Firma zwar im Auge. Aber solange das Geld nicht in London gewaschen wird, was streng genommen nicht der Fall ist, werden sie wohl nicht viel mehr tun.«
»Und was ist mit der Polizei?«
»Auch nicht besser. Sie haben sich meinen Verdacht angehört, ein Protokoll aufgenommen und es in irgendeinem Computer abgespeichert. Offenbar gehen bei ihnen anda u ernd Berichte über illegale Bankgeschäfte ein.«
Ich dachte nach. »Letzten Monat bin ich auf ein Fax gestoßen, das die United Bank of Canada an Martin Beldecos geschickt hat. Darin hieß es, die DEA ermittle gegen Fra n cisco Aragão und habe eine Zahlung von ihm an Dekker Trust festgestellt. Vielleicht bringen sie ihn mit Dekker Ward in Verbindung. Immerhin ist er Ricardos Schwager.«
»Francisco Aragão, ich verstehe«, Dave fuhr sich über das Kinn. »Das würde passen. Er hat einen miserablen Ruf.« Er seufzte. »Das könnte man der Polizei erzählen, nehme ich an, aber ob es sich lohnt …« Dave sah mir meine Unzufriedenheit an.
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