Der Marktmacher
anderen. Ich versuche, es ihm gleichzutun, aber es gelingt mir nicht i m mer.«
»Und woher kommen die Gerüchte über dich und Eduardo?«
»Ich glaube, die anderen haben gemerkt, daß irgend etwas mit mir war. Sie haben einfach auf den falschen Ross getippt. Das ist alles.« Sie erschauerte. »Beim bloßen G e danken daran kriege ich eine Gänsehaut.«
»Und seit Ricardo?«
»Niemand. Bis jetzt.« Sie sah mich an und lächelte. Ich war ihr mit Haut und Haaren verfallen.
»Weißt du, ich sollte das wirklich nicht tun«, sagte sie, während sie sich über mich beugte und mich küßte.
Aber sie tat es doch. Noch zweimal.
U nser Hotel lag zwischen dem nach Umweltsünden stinkenden Fluß Pinheiros und einer Stadtautobahn. Der Tagesanbruch färbte den Smog von São Paulo rötlich. Von unserem Fenster aus konnte ich ein Stück Brachland eins e hen, das von einem Fußballfeld und einer kleinen Favela mit Beschlag belegt worden war. Isabel behauptete, es g ä be sowieso keine hübschen Viertel in São Paulo, und dieses Hotel sei sehr komfortabel und liege günstig zum Flugh a fen.
Ich ging auf mein Zimmer mit dem unberührten Bett, zog mich um und war ein paar Minuten später wieder zurück, um Isabel abzuholen.
Sie lachte, als sie mich sah. »Du siehst schrecklich aus.«
Ich blickte in den Spiegel. Ich hatte dunkle Ringe, die ins leicht Gelbliche spielten, unter den Augen. Ich sah Isabel an . » Du siehst auch nicht gerade taufrisch aus.«
Sie gähnte und rekelte sich. Hinreißend sah sie aus. Müde, aber hinreißend.
»Was werden sie bloß in der Stadtverwaltung von uns denken?« fragte ich. »Vielleicht glauben sie, daß wir die ganze Nacht an dem Projekt gearbeitet haben.«
Isabel lachte. »Das würden sie, wenn sie Engländer wären. Aber sie sind Brasilianer. Sie werden annehmen, daß wir es die ganze Nacht miteinander getrieben haben.«
»Oh, mein Gott!«
Isabel lachte erneut. »Mach dir deswegen keine Sorgen. Das hat nichts zu sagen. Im Gegenteil, ich glaube sogar, i h nen wird der Gedanke gefallen.« Sie schlang die Arme um meinen Hals und gab mir einen langen, sehnsüchtigen Kuß.
I ch nehme an, sie haben es geahnt, aber es schien ihnen nichts auszumachen. Es folgte ein weiterer Tag voll harter Arbeit, und wir erzielten gute Fortschritte. Um sechs machten wir Schluß. Isabel und ich verbrachten den Sam s tag abend in São Paulo im Bett und ließen uns vom Zi m merservice bringen, was wir brauchten, um bei Kräften zu ble i ben.
Für Isabel, die Carioca , war die Aussicht, ein ganzes W o chenende in São Paulo verbringen zu müssen, eine entsetzliche Vorstellung, daher schlug sie vor, am Sonntag morgen nach Rio zu fliegen und am Montag die erste Maschine z u rück nach São Paulo zu nehmen. Sie wolle mir den Strand zeigen, sagte sie, und zum Dinner könnten wir ihren Vater treffen.
Anfänglich sträubte ich mich ein wenig dagegen. Aber Isabel versicherte mir, daß der Strand, den sie im Auge ha t te, vollkommen sicher sei. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden wir mit ihrem Vater im Rio Yacht Club essen, der von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wurde. Schließlich willigte ich ein, ein bißchen beschämt über meine Nervosität.
Ich dachte, ich würde Rios Strände kennen, aber ich irrte mich. Der Ponte war ein fünfhundert Meter langer Abschnitt der Barra de Tijuca, eines Strandes, der an Ipanema anschließt. Ich erschien dort bewaffnet mit einem Handtuch, einem Buch und einer genauen Vorstellung, wie ich meinem bleichen Körper zu einem leichten Braunton verhelfen wollte. Doch es kam alles ganz anders.
Der Strand war überfüllt, überfüllt mit schönen braunen Körpern. Alle Männer präsentierten sich mit eindrucksvoll definierten Muskeln, das Produkt regelmäßigen Krafttrainings. Die Frauen zeigten viel glatte und gebräunte Haut, hinreißend zur Geltung gebracht von Bikinis, die beinahe alles enthüllten. In Brasilien steht und fällt die Schönheit mit den Pobacken; aus diesem Grund sind die Badeanzüge so geschnitten, daß sie diese in ihrer ganzen Pracht zur Schau stellen.
Isabel, die einen dieser Bikinis aus modernen Kunstfasern trug, sah sensationell aus. Es war fast unmöglich, sie nicht anzustarren. Nein, es war unmöglich. Also tat ich es.
Doch wirklich außergewöhnlich am Ponte war der Umstand, daß sich niemand in den Sand legte, um in der So n ne zu braten oder ein Buch zu lesen, wie man es von eur o päischen Stränden gewohnt ist. Alle saßen, hockten oder standen
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