Der Maskensammler - Roman
Eigentümer des Häuschens bekannt gemacht, in dem wir die nächste Zeit verbringen werden. Es liegt idyllisch an einem Berghang mit Blick auf die Ebene und das Schachbrettmuster der Reisterrassen. Vor der Tür hängt ein Batikvorhang, den man wegen der Fledermäuse geschlossen halten muss. Die Möblierung ist auf das Nötigste beschränkt, aber für unsere Bedürfnisse ausreichend. Die Toilette (ein einfaches Plumpsklo) liegt ein Stück abseits vom Haus. Man erreicht sie über einen Trampelpfad, auf dem nachts Schlangen ihr Unwesen treiben. Sie zu töten, bringt Unheil. Man muss also mit einem Palmwedel rascheln, um auf dem kurzen Fußmarsch den Weg zu säubern.
Frank wird einmal die Woche kommen, um mit mir Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen. Ich hoffe, in Yogyakarta mit seiner Hilfe einige Masken erstehen zu können. Es könnte mich reizen, eine kleine Sammlung anzulegen. Aber wichtiger als alles andere ist für mich die Aussicht, Tag und Nacht in der Nähe von Candra zu sein. Ich liebe sie, und nichts kann mich von ihr trennen.» Und: «Candra hat mir einige Brocken Vavanisch beigebracht. Zur Begrüßung sagt man ‹Selamat siang›, wenn man sich bedanken will ‹Terima kasih› und zum Abschied macht man eine kleine Verbeugung ‹Sampai ketemu lagi›.»
***
Während die deutsche Wochenschau Bilder von siegestrunkenen deutschen Wehrmachtssoldaten zeigte, die mit ihren Panzern in das Land des östlichen Nachbarn einbrachen und wehrlose Menschen wie Vieh vor sich hertrieben, verbrachte Bernhard, alias Klana Gandrung, die glücklichsten Wochen seines Lebens. Ob mit Hausputz beschäftigt oder mit dem Fahrrad unterwegs nach Yogyakarta oder auf einer Decke im Schatten der Tamariske dösend – immer war er in Gedanken bei Candra. Vor Erwartung zitternd saß er auf dem Bett, sah hinüber zu der Bambuswand, hinter der sich Candra auszog, und lauschte auf das Plätschern des Wassers und das Tapsen ihrer nackten Füße auf dem Bretterboden. Wenn sie dann vor ihm stand und kokett die Hüften wiegte, war er überwältigt von Liebe und Lust. Candra Kirana war seine Prinzessin, er ihr ergebener Diener.
Candra hatte einen Stapel Bücher mitgebracht, sie las. Zwischen zwei Jambubäumen spannte sie eine Hängematte und ließ sich von Klana schaukeln, hin und her, her und hin, wenn sie mit geschlossenen Augen ihren Gedanken nachhängen wollte. Erst zweimal im Monat, dann jede Woche fuhr sie in die Stadt, um ihre Mutter zu besuchen. An einem Tag war das nicht zu schaffen, sie blieb über Nacht und kam müde und wortkarg von ihrem Ausflug zurück. Wenn Klana fragte, was sich zugetragen hatte, antwortete sie: «Ach, nichts Besonderes.»
Als er wieder einmal allein im Haus war, nutzte er ihre Abwesenheit, um sich mit Frank in Yogyakarta zu treffen. Der führte ihn zu einem Laden, eher einer Höhle, in der auf Tischen und Regalen ein buntes Sammelsurium von Gegenständen aller Art gestapelt lag: Kochgeschirr neben getragenen Schuhen, Lichtschalter neben einer Kiste mit Schrauben und Haken, Operationsbesteck aus dem vergangenen Jahrhundert neben alten Karten Niederländisch Indiens. Im Halbdunkel eines hinteren Winkels saß der Ladeninhaber. Als er hörte, was der Fremde suchte, bat er sie, sich zu setzen, undbot ihnen eine Tasse Tee an. Er verschwand darauf hinter einem Vorhang, man hörte es rumoren, etwas fiel scheppernd zu Boden, dann war er zurück, räumte einen kleinen Tisch frei und legte drei Masken darauf. Bis auf eine waren sie in keinem guten Zustand: Das Holz war gesprungen, die Farbe abgeblättert. Die gut erhaltene war ein Frauenantlitz: eine lange, spitze Nase mit markanten, gewölbten Flügeln über einem breiten, schmallippigen Mund, in dem man die obere Zahnreihe erkennen konnte. Zwischen den kühn geschwungenen Brauen eine Tätowierung in Blütenform, die Augen zu einem Schlitz geschminkt. Sie trug ein reich besticktes Stirnband über einem gezackten Tuch aus feiner Spitze. Es war Déwi Galuh Candra Kirana, Prinzessin aus Kediri. Sie lächelte.
Klana hörte den Namen und hielt den Atem an. Ihm war, als hätte die Maske auf ihn, als hätte er auf sie gewartet: Er musste sie besitzen. Der Händler, dessen Vorfahren von der Arabischen Halbinsel eingewandert waren, hatte ein feines Gespür für die Begehrlichkeiten seiner Kunden. «Es ist ein Museumsstück und steht eigentlich nicht zum Verkauf.» «Ich zahle jeden Preis», sagte Klana, was Frank mit: «Mein Freund ist interessiert. Er zahlt einen guten
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