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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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mich auf den Weg, um einen geeigneten Lakaien zu finden, und schickte ihn los, damit er trockene Umhänge und Hüte sowie einige dicke Wollschals holte. Trotz meiner ungepflegten Erscheinung kam er der Aufforderung sofort nach und erhielt zur Belohnung einen Penny für seine Mühe, was ihn derart beeindruckte, dass er seine Dienste erweitern wollte, indem er die Gegenstände zu ihrem Bestimmungsort zu tragen bereit war. Ich befahl ihm jedoch, sich wieder um die anderen Gäste zu kümmern. Als er mich verlassen hatte, ging ich zurück in den blauen Salon.
    Oliver hatte einen guten Teil des Brandys, welchen ich ihm zuvor eingeschenkt hatte, ausgetrunken, und etwas Brot und Schinken hinuntergeschlungen. Es missfiel mir sehr, dass ich sein Festmahl und insbesondere sein Trinken unterbrechen musste, und daher ließ ich eine der Brandyflaschen in meiner Jackentasche verschwinden.
    »Ziehe diese Sachen an, und stelle keine Fragen«, sagte ich, indem ich ihm die Hälfte meiner wollenen Last zuwarf.
    »Aber –«
    Ich erhob warnend eine Hand. »Keine Fragen.«
    Aufgeregt, aber neugierig, kleidete er sich an und folgte mir. Ich verließ mit ihm das Haus durch einen der rückwärtigen Ausgänge, und es gelang mir, sämtliche anderen Familienmitglieder zu meiden, als wir das Haus hinter uns ließen und durch die Gartenanlagen stapften.
    Unsere plötzliche Einsamkeit sorgte dafür, dass uns der Eisregen ärger als zuvor bedrängte. Er schmerzte auf der Haut, drang in unserer Kleidung und durchnässte einzelne Stellen. Der mitleidlose Wind trug dazu bei, dass uns die eisige Kälte schlimmer erschien, als sie eigentlich war. Die Schals, welche wir benutzten, um unsere Hüte festzubinden, boten nur einen geringen Schutz gegen die frostige Gewalt des Winters. Jemand hatte die Tür zur Hölle geöffnet und vergessen, sie wieder zu schließen.
    »Es ist verdammt kalt«, bemerkte Oliver mit großem Missvergnügen. Ich händigte ihm den Brandy aus. »Dann wärme dich auf.«
    Er nahm die Flasche und trank. Gut. Das Zeug würde seinen fast leeren Magen wie eine Pistolenkugel treffen.
    Oh. Ich griff mir mit der Hand an die Brust. Ich wünschte, ich hätte dies nicht gedacht.
    »Was ist mit dir los?«, verlangte er zu wissen und riss mich damit ohne sein Wissen aus meinen Gedanken über schwarze, erstickende Gräber.
    »Keine Fragen«, erwiderte ich, indem ich mir mühsam mit ihm zusammen einen Weg durch den Wind bahnte.
    Es war eine teuflisch finstere Nacht, aber Olivers Augen hatten sich so weit angepasst, dass er sehen konnte, wohin wir unterwegs waren.
    Er sträubte sich. »Dorthin können wir nicht gehen!«
    »Wir müssen es aber tun.«
    »Aber es ist... es ist...«
    »Was denn, ein wenig Furcht einflößend?«
    »Ja. Und ich habe das Gefühl, wir würden beobachtet.«
    »Ich ebenfalls, aber es ist nur der Wind in den Bäumen.«
    »Bist du sicher?«
    Ich blickte mich rasch um. »Nun, ich kann niemanden erkennen. Wir sind ganz allein.«
    »Das ist kaum ein Trost«, jammerte er.
    »Komm schon, Oliver.«
    Ich nahm seinen Arm, und wir bewegten uns weiter vorwärts, bis wir erneut vor dem Sarg seiner Mutter standen. Zwei brennende Fackeln waren in diesem steinernen Hause zurückgelassen worden, um auszubrennen.
    »Was nun?« Er klang furchtsam und ängstlich, wofür ich ihm keinen Vorwurf machen konnte. Hier draußen in der dunklen Bedrohung des Friedhofes, während der Wind um die Gruft heulte, als ob er den Verstorbenen eine eisige Stimme verleihen wolle, fühlte ich, wie meine eigene prahlerische Tapferkeit sich anschickte, wie ein Vagabund seine Sachen zu packen und sich aus dem Staube zu machen.
    Ich räusperte mich, wesentlich lauter, als es vonnöten gewesen wäre. »Nun wirst du mit ihr sprechen.«
    Sein Mund klappte auf. »Du bist verrückt geworden.«
    »Das stimmt wohl, aber es hat einen bestimmten Sinn. Sprich mit ihr. Sage ihr genau, was du fühlst, weil sie dich so behandelt hat. Ich garantiere dir, dass sie dieses Mal keine Einwände erheben wird.«
    »Das könnte ich niemals tun! Es ist töricht.«
    »Ist es das? Hallo! Tante Fonteyn! Bist du daheim?«, brüllte ich den geschlossenen Sarg an. Ich schlug mit der Faust darauf. »Bist du dort drin, du schreckliche alte Frau? Wir sind gekommen, um dich zu besuchen, und wir sind betrunken – zumindest Oliver –«
    »Ich bin nicht betrunken!«, protestierte er und sah sich angstvoll um.
    »Doch, du bist betrunken.« Ich wandte mich wieder an den Sarg. »Siehst du? Dein Sohn ist

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