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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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doch nichts geschah.
    Nach einer Minute öffnete ich meine Augen und sah in seine Richtung. Mein Blick wanderte nach oben und ich erkannte seine Hände – keine Fäuste mehr, Gott sei Dank – dann seine sich hebende und senkende Brust, und sein fleckiges Gesicht.
    Zweimal war ein Schluckauf zu hören, und da bemerkte ich seine Tränen, die ihm über die Wangen strömten.
    »Du bist. Ein Bastard.« Er wischte sie mit dem Armrücken fort.
    Ich fühlte mich tatsächlich wie ein solcher. Außerdem war ich erschöpft durch den Kampf und den anschließenden Sturz. Jericho würde entsetzt sein, wenn er meine Kleidung sähe; ich würde ihm versichern müssen, dass der Schaden – abgerissene Knöpfe an der Weste, ein Jackenärmel vom Schulterstück abge- trennt, zerfetzte Borte, und verschmutzte Strümpfe mit großen Löchern an den Schienbeinen – für einen guten Zweck entstanden war.
    »Hier«, sagte ich unsicher und hielt ihm den Ring hin.
    Er griff hastig danach und versuchte ihn sich wieder an den Finger zu stecken, aber er zitterte und war halb blind aufgrund der vielen Tränen, so dass er einfach nicht dazu imstande war.
    »Verdammt seiest du, verdammt seiest du, verdammt seiest du«, gab er während seiner Anstrengungen von sich.
    »Und verdammt seiest du, dafür, dass du ein Idiot bist, lieber Vetter«, knurrte ich ihn an.
    »Du wagst es? Wie kannst du –«
    »Du hasstest sie, also warum hast du dir überhaupt die Mühe hiermit gemacht?« Ich zeigte auf den Ring.
    Er schlug ein weiteres Mal nach mir. Ein halbherziger Versuch. Ich wich erfolgreich aus.
    »Meinst du, es kümmert irgendjemanden hier, ob du trauerst oder nicht? Oder machst du dir Sorgen darüber, was sie glauben könnten?«
    »Es ist mir verdammt egal, was sie glauben!« Das nächste Mal, dass er nach mir schlug, packte ich seinen Arm und zog ihn nach einer weiteren Balgerei zu einem Sessel.
    Schließlich gelang es mir mehr oder weniger ihn zum Sitzen zu bewegen.
    »Hierfür werde ich dich töten!«, brüllte er.
    »Das glaube ich nicht. Nun halte den Mund, oder –«
    »Oder was? Du wirst mich auf deine unheilige Art beeinflussen?«
    »Wenn ich dies geplant hätte, hätte ich es früher getan und mir die Tracht Prügel erspart. Nun wirst du dich benehmen, oder ich werde dir so lange in dein dummes Gesicht schlagen, bis du bewusstlos wirst.«
    Er musste wohl davon überzeugt sein, dass ich es ernst meinte, denn er sackte ein wenig zusammen. »Ich habe kein dummes Gesicht«, schmollte er.
    Dies sprach er so ernst aus, dass ich jäh innehielt, um ihn anzustarren. Er erwiderte meinen Blick und nahm die Haltung eines sturen und bockigen Kindes an. Einige Sekunden vergingen so, dann entlud sich unsere Anspannung, zuerst begannen die Mundwinkel zu zucken, dann war unterdrücktes Kichern zu hören, und schließlich brachen wir in ein herzhaftes Gelächter aus. Seines war allerdings nur von kurzer Dauer und verwandelte sich rasch wieder in einen stetigen Tränenfluss. Als er nun zu weinen begonnen hatte, hörte er so schnell nicht wieder auf. Mit gesenktem Kopf schluchzte und stöhnte er ob seines ganzen Kummers. Ich legte einen Arm um seine Schultern und weinte mit ihm, nicht aus Kummer, sondern aus Mitgefühl.
    Dann klopfte irgendein Hornochse an die Tür.
    Ich wischte mir Augen und Nase ab, und als ich mich selbst in Ordnung gebracht hatte, öffnete ich müde und erschöpft die Tür einen Spalt. »Ja?«
    Radcliff stand davor, gemeinsam mit einigen anderen Dienern, alle von ihnen anscheinend sehr beunruhigt. »Sir, wir hörten etwas zerbrechen ... gibt es Schwierigkeiten?«
    Sie hatten, den Blicken nach zu urteilen, welche sie mir zuwarfen, noch mehr gehört. Ich schenkte ihnen ein freundliches und unschuldiges Lächeln. »Nein, ich hatte bloß einen kleinen Unfall. Sie müssen sich keine Sorgen machen. Mr.
    Marling und ich führen ein Privatgespräch und würden es zu schätzen wissen, wenn wir im Augenblick ungestört wären.«
    »Wenn Sie sicher sind, Sir...«
    »Ganz sicher, vielen Dank. Sie können alle zu Ihren Pflichten zurückkehren.« Nur mit beträchtlichem Widerstreben zerstreuten sie sich, und ich schloss die Tür, drehte mich um und lehnte mich mit einem tiefen Seufzer dagegen. Mein Kopf schmerzte, und ich fragte mich, ob ich mich einen Moment lang auflösen sollte, um die Verletzung heilen zu lassen, gab diese Idee aber vorerst auf. Selbst wenn Oliver über dieses spezielle Talent meinerseits Bescheid wusste, würde eine unerwartete

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