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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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um Elizabeths Aufmerksamkeit zu erlangen. Er war kleiner als der Russe, aber es fehlte ihm nicht an Verve.
    »Hallo«, sagte ich und gab Oliver einen leichten Stoß. »Ist das Lord Harvey, der Elizabeth als Partnerin für den nächsten Tanz zu gewinnen versucht?«
    Er starrte unstet dorthin. »Ja, das glaub' ich auch. Niemand sonst, den ich kenne, hat solche Storchenbeine.«
    »Hat er sich je um seine Gläubiger gekümmert?«
    »Nein, er musste aus dem Land fliehen, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Hörte, er geriet in Frankreich in ein Kartenspiel, gewann ein Vermögen und kehrte triumphierend zurück, um alles abzubezahlen. Dennoch, soweit ich weiß, hat er es noch nicht aufgegeben, nach einer reichen Ehefrau zu suchen. Es wäre Pech für Elizabeth, wenn er – nein ... sie ist zu intelligent für ihn, und nach dieser schlimmen Angelegenheit, welche sie durchlitten hat, wird sie sich von einem Titel nicht mehr sehr beeindrucken lassen.«
    »Vielleicht sollte ich hingehen und ihn unterbrechen, bevor –«
    »Zu spät, die Musik hat bereits begonnen. Mach dir keine Sorgen, alter Knabe, es ist nur ein Tanz. Sie kann auf sich selbst Acht geben.«
    Da konnte ich ihm nur zögernd zustimmen; allerdings ist es auch schwierig, den Beschützerinstinkt zu unterdrücken, wenn er erst einmal erwacht ist.
    Die Tänzerinnen und Tänzer bildeten die erforderlichen Tanzfiguren, und die Nachzügler räumten den Weg. Der Russe, welcher in eine andere Richtung unterwegs war, änderte seinen Kurs, als er Oliver erblickte, den er offensichtlich erkannte. Er schlenderte zu uns hinüber.
    »Sind Sie es, Marling? Ich dachte es mir doch. Großartige Party, nicht wahr?«
    »Wirklich großartig. Ridley, stimmt's? Sie sind nicht zu verwechseln, mit Ihrer Größe von mehr als zwei Yard, Sie Riese. Sie müssen meinen Vetter aus Amerika treffen, Jonathan Barrett. Jonathan, dies ist Thomas Ridley.«
    Wir verbeugten uns voreinander. Ridley, der von dem Tanz ganz rot im Gesicht war und schwitzte, nahm seinen Bart ab und stopfte ihn in sich in die Tasche.
    »Er war ein paar Jahre vor uns in Cambridge, nicht wahr?«
    »In Oxford, Marling«, erwiderte er in einer fast herablassend klingenden, gedehnten Sprechweise.
    »Ja, natürlich. Habe Sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Zurück von der Rundreise?«, fragte Oliver, indem er auf die beliebte Mode der Oberschicht anspielte, den Kontinent zu erkunden.
    »Etwas in der Art. London wird mir zu klein, verstehen Sie.« Er breitete mit einer großartigen Geste die Arme weit aus, als wolle er die ganz Welt umfangen.
    Und in diesem Moment durchfuhr es mich wie ein Blitz. Die Vertrautheit, die ich ihm gegenüber empfand war darauf zurückzuführen, dass wir bereits Bekanntschaft geschlossen hatten. Ridley war der Anführer der Mohocks, welche ich in meiner ersten Nacht in London gepeinigt hatte.
    Großer Gott!
    »Und wie sieht es in diesen Tagen in Amerika aus?«, fragte er mich, wieder in diesem fast herablassenden Ton. Die Betonung war wohl gewählt, gerade genug, um unangenehm zu sein, aber nicht so viel, um Anstoß zu erregen.
    »Gut, sehr gut«, antwortete ich, ohne wirklich nachzudenken.
    »Gut? Sie sind nicht etwa einer dieser verdammten Rebellen, oder doch?«
    »Absolut nicht!«, rief Oliver aus. »Mein Gott, Jonathan hat sein Scherflein beigetragen im Kampf für unseren König. Wie viele hast du getötet, Vetter? Ein halbes Dutzend?«
    »Du übertreibst, Oliver.« Ich hegte nicht den Wunsch, bei diesem Teil meiner Vergangenheit zu verweilen.
    »Schoss drauflos, auf zumindest ein Zimmer voll von ihnen, erst diesen Sommer.«
    »Wie interessant«, meinte Ridley und starrte mich mit zusammengekniffenen Augen an.
    Verdammnis. Hatte er mich als das Opfer wieder erkannt, welches er und seine Bande zum Schwitzen bringen wollten? Es war schwer zu sagen, ob es dies war, oder seine Reaktion auf Olivers beschwipste Prahlerei.
    »Nicht besonders«, entgegnete ich. »Ich verteidigte nur meine Familie. Jeder Mann würde es mir gleichtun. Genießen Sie den Maskenball? Der Mantel muss sehr warm sein.« Gott, wie belanglos ich plapperte. Dabei gab es doch eigentlich nichts zu befürchten. Es war unwahrscheinlich, dass er sich an mich erinnerte; es war dunkel gewesen und er sehr betrunken. Abgesehen davon war die Hälfte meines Gesichtes unter der Maske verborgen. Die Musik und die große Menschenmenge machten mich einfach nervös.
    »Durchaus«, antwortete er, wobei kurz ein Anzeichen von Belustigung über seine

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