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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sehr wenig. Das ist so ehrlich gesprochen, wie ich kann.«
    »Was wissen Sie, Signori?«
    Wieder wechselten Scofield und Taleniekov Blicke; der Russe nickte. Bray war sich darüber klar, daß Antonia sie scharf beobachtete. Was er jetzt sagte, galt ebenso ihr wie der alten Frau. »Ehe wir Ihnen Antwort geben, glaube ich, daß es besser wäre, wenn Ihre Enkelin uns verlassen würde.«
    »Nein!« sagte das Mädchen mit so schneidender Stimme, daß Uccello zusammenzuckte und den Kopf hob.
    »Hören Sie mir zu«, fuhr Scofield fort. »Es ist eine Sache, uns hierherzubringen, zwei Fremde, die Ihre Großmutter sehen wollte. Es ist eine andere Sache, sich mit uns einzulassen. Mein… Begleiter… und ich haben in diesen Dingen Erfahrung. Es ist zu Ihrem eigenen Vorteil.«
    »Laß uns allein, Antonia.« Die blinde Frau drehte sich im Stuhl herum. »Ich habe von diesen Männern nichts zu befürchten, und du mußt müde sein. Nimm Uccello mit, ruh dich in der Scheune aus.«
    »Also gut«, sagte das Mädchen und stand auf, »aber Uccello bleibt hier.« Plötzlich holte sie ihre Lupara unter dem Kissen heraus und richtete sie auf die beiden. »Sie haben beide Waffen. Werfen Sie sie auf den Boden. Ich glaube nicht, daß Sie hier ohne die Waffen weggehen würden.«
    »Das ist lächerlich!« rief Bray aus, während der Hund sich knurrend erhob.
    »Tun Sie, was die Dame sagt«, herrschte Taleniekov ihn an und schob seine Graz-Burya über den Boden.
    Scofield holte seine Browning heraus, überprüfte den Sicherungshebel und warf die Waffe vor Antonia auf den Teppich. Sie beugte sich vor und hob die beiden Pistolen auf. Die Lupara hielt sie immer noch fest in der Hand.
    »Wenn Sie fertig sind, öffnen Sie die Tür und rufen Sie. Dann rufe ich Uccello. Wenn er nicht kommt, sehen Sie Ihre Waffen nicht wieder. Höchstens die Mündung.« Sie ging schnell; der Hund knurrte und legte sich wieder hin.
    »Meine Enkelin ist sehr mutig«, sagte die alte Frau und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Das Blut Guillaumes macht sich immer noch bemerkbar.«
    »Ist sie seine Enkelin?« fragte Taleniekov. »Seine Urenkelin, die Enkelin meiner Tochter. Meine erste Tochter wurde gezeugt, als der Padrone seine junge Hure in sein Bett nahm.«
    »›Die Hure der Villa Mataresec«, sagte Bray. »Sie haben ihr aufgetragen, uns das als Ihren Namen anzugeben.«
    Die alte Frau lächelte und wischte eine weiße Haarsträhne aus der Stirn. Einen Augenblick war sie wieder in jene andere Welt zurückgekehrt, und die Eitelkeit war in ihr noch nicht ganz gestorben. »Es ist viele, viele Jahre her. Wir werden in jene Tage zurückgehen, aber vorher müssen Sie meine Fragen bitte beantworten. Was wissen Sie? Was führt Sie hierher?«
    »Mein Begleiter wird zuerst sprechen«, sagte Taleniekov. »Er ist in diesen Dingen erfahrener als ich, obwohl ich mit Informationen zu ihm kam, die ich für überraschend hielt.«
    »Ihr Name, bitte«, unterbrach die blinde Frau. »Ihr wirklicher Name und woher Sie kommen.«
    Der Russe sah den Amerikaner an; in dem Blick stand die Übereinkunft, daß weitere Lügen ihnen nichts einbringen würden. Im Gegenteil, sie könnten schaden. Diese einfache, aber seltsam beeindruckende alte Frau hatte fast ein halbes Jahrhundert lang den Stimmen von Lügnern gelauscht – in der Dunkelheit; man konnte sie nicht täuschen.
    »Ich heiße Wassili Wassiliewitsch Taleniekov. Ehemaliger Stratege für Außenangelegenheiten, KGB, sowjetische Abwehr.«
    »Und Sie?« Die blinden Augen der Frau wanderten zu Scofield.
    »Brandon Scofield. Pensionierter Abwehroffizier, Sektor Europa und Mittelmeer, Consular Operations, State Department der Vereinigten Staaten.«
    »Ich verstehe.« Die alte Kurtisane hob ihre dünnen Hände mit den zarten Fingern ans Gesicht, eine Geste stummer Überlegung. »Ich bin keine gebildete Frau und lebe hier isoliert, aber die Nachrichten der Welt draußen sind mir nicht fremd. Ich höre oft stundenlang Radio. Die Sendungen aus Rom kommen ganz klar herein, ebenso wie die aus Genua und häufig auch aus Nizza. Ich will nicht behaupten, etwas zu wissen, denn ich besitze kein Wissen, aber daß Sie gemeinsam nach Korsika kommen, scheint mir seltsam.«
    »Das ist es, Madame«, sagte Taleniekov.
    »Sehr«, fügte Scofield hinzu.
    »Es deutet an, wie ernst die Lage ist.«
    »Dann soll Ihr Begleiter bitte beginnen, Signore.«
    Bray lehnte sich im Stuhl vor, stützte die Arme auf die Knie und richtete den Blick auf die blinden Augen.

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