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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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nie betreten hatte. Allerdings nur für Bray war es offensichtlich; er bezweifelte, daß es sonst jemand bemerkte. Sie hatte nämlich angeborenen Geschmack – angeboren, nicht anerzogen. Mag sein, daß sie wegen der Vielfalt der angebotenen Kleidungsstücke innerlich am Zerbersten war, aber äußerlich war sie geradezu ein Bild der Selbstkontrolle. Das war die gleiche Eleganz, die Bray in der schmutzigen Kneipe in Bastia entdeckt hatte.
    »Gefällt es Ihnen?« fragte sie, als sie in einem zarten, dunklen Seidenkleid, einem breitkrempigen, weißen Hut und hochhackigen, weißen Schuhen aus der Probierkabine kam.
    »Sehr hübsch«, sagte Scofield und meinte damit das Kleid und sie, also alles, was er sah.
    »Ich komme mir vor, als würde ich all die Dinge verraten, an die ich so lange geglaubt habe«, fügte sie im Flüsterton hinzu. »Von diesen Preisen könnten zehn Familien einen Monat lang leben! Gehen wir woanders hin.«
    »Wir haben keine Zeit. Nehmen Sie das und noch irgendeinen Mantel und was Sie sonst noch brauchen.«
    »Sie sind wirklich verrückt.«
    »Nein, ich habe es nur eilig.«
    Von einer Telefonzelle an der Via Sistina rief er eine Pensione an der Piazza Navona an, wo er häufig abstieg, wenn er in Rom war. Der Wirt und seine Frau wußten gar nichts von Scofield – sie interessierten sich nicht für ihre gelegentlichen Gäste –, nur daß Bray immer großzügige Trinkgelder gab, wenn er bei ihnen wohnte. Ja, sie hatten für ihn Zimmer frei.
    Die Piazza Navona war überfüllt; das war sie immer, und damit eine ideale Lage für einen Mann seines Berufes. Die Bernini- Brunnen zogen Römer wie Touristen an; die vielen Straßencafes boten ideale Möglichkeiten, sich zu treffen, geplant und spontan; Scofields Treffen waren immer geplant gewesen. Ein Tisch an einem überfüllten Platz war ein guter Ausguck, um verhältnismäßig leicht festzustellen, ob man überwacht wurde. Aber jetzt war es nicht nötig, sich um solche Dinge Sorgen zu machen.
    Jetzt war es nur nötig, etwas Schlaf zu bekommen, damit der Geist sich klären konnte. Morgen würde er eine Entscheidung treffen müssen. Das Leben oder der Tod der Frau an seiner Seite, die er über die Piazza zu einem alten Steingebäude und der Tür der Pensione geleitete.
    Die Decke ihres Zimmers war hoch, die Fenster riesig, sie überblickten den Platz, der drei Stockwerke unter ihnen lag.
    Bray schob das üppig gepolsterte Sofa gegen die Tür und deutete auf das Bett auf der anderen Seite des Zimmers.
    »Wir haben beide auf diesem verdammten Boot nicht viel Schlaf bekommen. Ruhen Sie sich aus.«
    Antonia öffnete eine der Schachteln aus dem Geschäft in der Via Condotti und holte das dunkle Seidenkleid heraus. »Warum haben Sie mir diese teuren Kleider gekauft?«
    »Wir gehen morgen an verschiedene Orte, wo Sie sie brauchen werden.«
    »Warum tun wir das? Diese Orte sind sicher extravagant.«
    »Eigentlich nicht. Dort sind ein paar Leute, die ich sehen muß. Ich möchte, daß Sie mitkommen.«
    »Ich wollte Ihnen danken. Ich hatte noch nie so schöne Kleider.«
    »Gerne geschehen.« Bray ging zum Bett hinüber und entfernte die Decke; dann kehrte er zum Sofa zurück. »Warum haben Sie Bologna verlassen und sind nach Korsika gegangen?«
    »Wieder Fragen?« sagte sie leise.
    »Ich bin nur neugierig, sonst nichts.«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt. Ich wollte eine Weile von dort weg. Reicht das als Grund nicht?«
    »Eine Erklärung ist es eigentlich nicht.«
    »Es ist aber die Erklärung, die ich vorziehe.« Sie studierte das Kleid.
    Scofield legte die Decke über das Sofa. »Warum Korsika?«
    »Sie haben das Tal gesehen. Es liegt abseits und ist friedlich. Ein guter Ort, um nachzudenken.«
    »Abgelegen ist es wohl; das macht es zu einem guten Versteck. Haben Sie sich vor jemandem versteckt – oder vor etwas?«
    »Warum sagen Sie solche Dinge?«
    »Ich muß das wissen. Haben Sie sich versteckt?«
    »Das würden Sie nicht verstehen.«
    »Versuchen Sie es.«
    »Hören Sie auf!« Antonia hielt ihm das Kleid hin. »Nehmen Sie Ihre Kleider. Nehmen Sie von mir, was Sie wollen, ich kann Sie nicht daran hindern! Aber lassen Sie mich in Frieden.«
    Bray ging auf sie zu. Zum erstenmal sah er Angst in ihren Augen. »Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie es mir sagen würden. Alles, was Sie von Bologna erzählt haben… war eine Lüge. Sie würden nicht dorthin zurückkehren, selbst wenn Sie könnten. Warum?«
    Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, ihre braunen Augen

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