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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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war.
    »Sie sehen also«, hatte sie ihm gesagt, während ein leichtes Lächeln um ihre Lippen spielte, »meine Französischlektionen waren sehr billig. Ich brauchte bloß Papa zu ärgern, der sich mit dem Italienisch meiner Mutter nie anfreunden konnte.«
    Sah man von den Momenten ab, in denen ihre Gedanken nach Porto Vecchio zurückwanderten, war in ihr eine Wandlung vorgegangen. Sie begann zu lachen, und das Lachen spiegelte sich in ihren braunen Augen wider, hell, ansteckend, manchmal fast manisch wirkend, als wäre der Akt des Lachens selbst eine Befreiung, die sie brauchte. Scofield konnte sich kaum vorstellen, daß das Mädchen, das neben ihm saß, in Khakihosen und eine zerfetzte Windjacke gekleidet, dieselbe Frau war, die so mürrisch und abweisend sein konnte. Die Frau, die in den Hügeln Befehle gerufen und so geschickt mit der Lupara umgegangen war. Sie hatten noch ein paar Minuten Zeit, ehe sie das Beiboot besteigen mußten, also fragte er sie nach der Lupara.
    »Ich habe da eine Phase durchlaufen; das tun wir, glaube ich, alle. Eine Zeit, in der drastische gesellschaftliche Veränderungen nur durch Gewalt möglich scheinen. Diese Wahnsinnigen von den Brigate Rosse wußten schon, wie sie uns manipulieren mußten.«
    »Die Brigaden? Sie waren bei den Roten Brigaden? Du lieber Gott!«
    Sie nickte. »Ich habe ein paar Wochen in einem Brigatisti- Lager in Medicina verbracht und dort gelernt, wie man schießt, Wände erklettert und Konterbande versteckt – alles übrigens Fertigkeiten, in denen ich mich nicht besonders auszeichnete –, bis eines Morgens ein junger Student, eigentlich noch ein Junge, bei einem ›Ausbildungsunfall‹ ums Leben kam; so nannten es die Anführer. Ein Ausbildungsunfall, das klingt so militärisch, aber es waren keine Soldaten. Nur brutale Schläger, die man mit Messern und Gewehren losgelassen hatte. Er starb in meinen Armen, das Blut floß aus seiner Wunde… seine Augen waren so angsterfüllt und verwirrt. Ich kannte ihn kaum, aber als er starb, konnte ich das nicht ertragen. Gewehre, Messer und Keulen waren nicht die richtige Methode; ich verließ das Lager noch in derselben Nacht und ging nach Bologna zurück.
    Das, was Sie in Porto Vecchio gesehen haben, war also nur gespielt. Es war finster und sie konnten die Angst in meinen Augen nicht sehen.«
    Er hatte recht gehabt. Sie war nicht für die Barrikaden geschaffen.
    »Wissen Sie«, sagte er langsam, »wir werden eine Weile zusammen sein.«
    Jetzt war in ihren Augen keine Angst. »Die Frage ist doch noch nicht geklärt, oder?«
    »Welche Frage?«
    »Wo ich hingehe. Sie und der Russe haben gesagt, daß ich Ihnen vertrauen sollte, das tun, was Sie tun, nämlich Korsika verlassen und nichts sagen. Nun, Signore, wir haben Korsika verlassen, und ich habe Ihnen vertraut. Ich bin nicht weggelaufen.«
    »Warum eigentlich nicht?«
    Antonia überlegte einen Augenblick. »Angst, und das wissen Sie. Sie sind keine normalen Männer. Sie sprechen höflich, aber für höfliche Männer bewegen Sie sich zu schnell. Das paßt nicht zusammen. Ich glaube, in Ihrem Inneren sind Sie das, was die Verrückten in den Brigate Rosse gerne wären. Sie machen mir angst.«
    »Hat Sie das abgehalten?«
    »Der Russe wollte mich töten. Er hat mich scharf beobachtet; er hätte mich sofort erschossen, wenn er gedacht hätte, ich würde fliehen.«
    »Tatsächlich wollte er Sie nicht töten und hätte das auch nicht getan. Er schickte Ihnen bloß eine Botschaft.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das brauchen Sie nicht, Sie waren nie in Gefahr.«
    »Jetzt auch? Werden Sie mir glauben, daß ich nichts sagen werde, und mich gehen lassen?«
    »Wohin?«
    »Bologna. Dort kann ich immer Arbeit kriegen.«
    »Was für Arbeit?«
    »Nichts Besonderes. Ich mache Recherchen für die Universität. Ich schlage langweilige Statistiken für die Professori nach, die ihre langweiligen Bücher und Artikel schreiben.«
    »Recherchen?« Bray lächelte. »Sie müssen sehr akkurat sein.«
    »Was ist das schon? Fakten sind Fakten. Lassen Sie mich nach Bologna zurückkehren?«
    »Das ist also keine regelmäßige Arbeit?«
    »Das ist Arbeit, die ich mag«, antwortete Antonia. »Ich arbeite, wenn ich Lust habe, da bleibt mir Zeit für andere Dinge.«
    »Tatsächlich sind Sie also Freiberuflerin mit einem eigenen Geschäft«, sagte Scofield, der das genoß. »Das ist das Wesen des Kapitalismus, nicht wahr?«
    »Sie machen mich wahnsinnig! Sie stellen Fragen, beantworten aber die meinen

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