Der Matarese-Bund
auch unverdächtiger Wachhund. Ich wurde… ausgebildet. Ich ließ sie in dem Glauben, daß in mir kein Widerstand mehr war. Mein Kurier wurde ausgewählt; ein Tier mit schmutzigen Reden, das es nicht abwarten konnte, mich zu haben, weil ich die Favoritin des Stärksten gewesen war; das verlieh ihm einen neuen Status. Mir war bei dem Gedanken an das, was mir bevorstand, speiübel, aber ich zählte die Stunden und wußte, daß eine jede mich dem näherbrachte, wovon ich seit Monaten geträumt hatte. Mein schmutziger Kurier und ich wurden nach La Spezia gebracht, wo man uns an Bord eines Frachters schmuggelte. Unser Bestimmungsort war Marseille, wo der Kontaktmann den Drogenhandel aufziehen sollte.
Der Kurier konnte nicht warten. Ich war auf ihn vorbereitet. Man steckte uns in einen Lagerraum unter Deck. Das Schiff sollte erst in einer Stunde ablegen, also sagte ich dem Schwein, wir sollten vielleicht warten, um das Risiko zu vermeiden, daß man uns störte. Aber er wollte nicht warten, und ich wußte das auch; ich hätte ihn sonst provoziert. Für mich war jetzt jede Minute wertvoll. Ich wußte, daß ich unter keinen Umständen auf See hinaus durfte; sobald wir einmal auf See waren, war mit dem, was von meinem Leben noch übriggeblieben war, für immer Schluß. Ich hatte mir das versprochen. Ich würde nachts ins Wasser springen und lieber in Frieden ertrinken als Marseille ertragen, wo das Schreckliche von neuem beginnen würde. Aber das brauchte ich nicht… »
Antonia hielt inne, der Schmerz ihrer Erinnerung drohte sie zu ersticken. Bray nahm ihre Hand und hielt sie in der seinen. »Weiter«, drängte er. Sie mußte es sagen. Dies war die letzte Möglichkeit, die sie hatte, irgendwie dem ins Auge zu sehen, was geschehen war, und es auszutreiben. Eine Art Exorzismus – er fühlte das ganz sicher, so als beträfe es ihn selbst.
»Das Schwein riß mir die Jacke herunter, zerfetzte meine Bluse; daß ich selbst bereit war, sie auszuziehen, war für ihn unwesentlich, er mußte seine Bullenkraft zeigen; er mußte mich vergewaltigen, denn er wollte nehmen – nicht empfangen. Er riß mir den Rock herunter, bis ich nackt vor ihm stand. Wie ein Irrer riß er sich selbst die Kleider vom Leib und stellte sich unter das Licht, wahrscheinlich, damit seine Nacktheit mich beeindruckte.
Er packte mich am Haar und zwang mich auf die Knie… an seine Hüfte… und mir war so übel, wie noch nie zuvor in meinem Leben, aber ich wußte, daß die Zeit näherrückte und schloß die Augen und spielte meine Rolle und dachte an die schönen Hügel in Porto Vecchio, wo meine Großmutter lebte… wo ich den Rest meines Lebens verbringen würde. Es geschah. Der Kurier warf sich auf mich. Ich bewegte uns näher auf die Rolle Tau zu, rief die Dinge, die das Scheusal hören wollte. Dabei tastete meine Hand auf die Mitte der Rolle zu. Mein Augenblick war gekommen. Ich hatte ein Messer bei mir gehabt – ein ganz gewöhnliches Speisemesser, das ich an einem Stein geschärft hatte –, und dieses Messer hatte ich in die Taurolle geschoben. Ich berührte den Griff und dachte wieder an die schönen Hügel von Porto Vecchio.
Als die Bestie nackt auf mir lag, hob ich das Messer und stieß es ihm in den Rücken. Er schrie auf und versuchte, sich zu erheben, aber die Wunde war zu tief. Ich zog das Messer heraus und stieß es ihm erneut in den Rücken, und noch einmal und noch einmal… und, o Mutter Christi, immer wieder, und immer wieder! Ich konnte mit dem Töten nicht aufhören!«
Sie hatte es gesagt. Jetzt weinte sie unkontrolliert. Scofield hielt sie fest, strich ihr über das Haar und sagte nichts, denn es gab nichts, was er hätte sagen können, nichts, was ihren Schmerz gelindert hätte. Schließlich kehrte jene schreckliche Kontrolle, die sie sich aufgezwungen hatte, wieder zurück.
»Es mußte getan werden. Das verstehen Sie doch, oder?« fragte Bray.
Sie nickte. »Ja.«
»Er verdiente es nicht zu leben, das ist Ihnen klar, nicht wahr?«
»Ja.«
»Das ist der erste Schritt, Antonia. Sie müssen das akzeptieren. Wir stehen nicht vor einem Gericht, wo Anwälte philosophische Argumente vortragen. Für uns ist das rein pragmatisch zu sehen. Es ist Krieg und Sie töten. Wenn Sie es nicht tun, wird jemand anderer Sie töten.«
Sie atmete tief. Ihre Augen musterten sein Gesicht, suchten es ab. Ihre Hand lag immer noch in der seinen. »Sie sind ein seltsamer Mann. Sie sagen die richtigen Worte, aber ich habe das Gefühl, daß Sie sie ungern
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