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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Türknopf. Er hatte Angst, er würde feststellen, daß sie nicht versperrt war.
    Das war sie nicht. Seine Angst stieg. Er stieß die Türe auf, trat ein und schloß sie. Was er sah, jagte ihm einen Schauer über den Rücken; er wußte, daß jetzt gleich ein noch größerer Schmerz folgen würde. Der Raum war ein einziges Chaos, Stühle, Tische und Lampen umgeworfen, Bücher und Kissen über den Boden verstreut, Kleidungsstücke überall. Die Szene war dazu bestimmt, den Eindruck eines heftigen Handgemenges zu erwecken, aber sie war falsch, übertrieben – wie solch konstruierte Szenen häufig übertrieben wurden. Es hatte kein Handgemenge gegeben, dafür aber etwas anderes. Ein Verhör, verbunden mit Folter.
    Die Schlafzimmertüre stand offen; er ging auf sie zu und wußte, daß der größere Schmerz jetzt binnen Sekunden kommen würde. Er ging hinein und sah sie. Sie lag auf dem Bett, die Kleider vom Leib gefetzt. Die Stellung ihrer Beine deutete auf eine Vergewaltigung, ein Akt, der, wenn er verübt worden war, nur für die Zwecke einer Autopsie erfolgt war, ohne Zweifel bereits nach ihrem Tode. Ihr Gesicht war zerschlagen, Lippen und Augen geschwollen, die Zähne gebrochen. Ströme von Blut waren ihr über die Wangen geflossen und hatten auf ihrer hellen Haut abstrakte, tiefrote Muster hinterlassen.
    Taleniekov wandte sich ab. Eine schreckliche Teilnahmslosigkeit überkam ihn. Er hatte sie schon oft empfunden; er wollte nur töten. Er würde töten.
    Dann war er gerührt, so tief gerührt, daß seine Augen sich plötzlich mit Tränen füllten und er kaum mehr atmen konnte. Lodzia Kronescha war nicht zerbrochen; sie hatte dem Tier, das sie mißbraucht hatte, nicht verraten, daß ihr Geliebter aus den Tagen von Riga nach Mitternacht kommen würde. Sie hatte viel mehr getan als nur das Geheimnis bewahrt, viel mehr. Sie hatte das Tier in eine andere Richtung geschickt. Was sie durchgemacht haben mußte!
    Er hatte mehr als ein halbes Leben lang nicht geliebt; jetzt liebte er, und es war zu spät.
    Zu spät? O Gott!
    … wo liegt dann das Problem?
    … daß ich mich geirrt habe. In dem Fall habe ich uns beide getötet.
    Janov Mikovsky.
    Wenn die Matarese einen Soldaten zu Lodzia Kronescha geschickt hatten, dann hatte man zweifellos einen weiteren zu dem alten Gelehrten geschickt.
    Wassili rannte ins Wohnzimmer, an das Telefon, das nicht berührt worden war. Jetzt war es gleichgültig, ob die Leitung angezapft war oder nicht; er würde das, was er erfahren mußte, binnen Sekunden erfahren und Sekunden später hier verschwinden, ehe jemand Männer zum Dom Vashen schicken konnte.
    Er wählte Mikovskys Nummer. Der Hörer wurde sofort aufgenommen… zu schnell für einen alten Mann.
    »Ja?« Die Stimme war unklar, verzerrt.
    »Doktor Mikovsky, bitte.«
    »Ja?« wiederholte die Männerstimme. Es war nicht die des Gelehrten.
    »Ich bin ein Kollege von Genosse Mikovsky und ich muß ihn dringend sprechen. Ich weiß, daß er sich heute abend nicht wohl fühlte; braucht er ärztliche Hilfe? Wir schicken sie sofort.«
    »Nein.« Der Mann redete zu schnell. »Wer spricht bitte?«
    Taleniekov zwang sich zu einem Lachen. »Nur sein Nachbar aus dem Büro, Genosse Rydukov. Sagen Sie ihm, ich hätte das Buch gefunden, das er gesucht hat… nein, lassen Sie es mich ihm selbst sagen.«
    Schweigen.
    »Ja?« Das war Mikovsky; sie hatten ihn an die Leitung gelassen.
    »Geht es Ihnen gut? Sind diese Männer Freunde?«
    »Lauf, Wassili! Gehe! Sie sind…«
    Eine betäubende Explosion hallte aus dem Hörer. Taleniekov hielt den Hörer in der Hand und starrte ihn an. Einen Augenblick lang stand er da und ein scharfer Schmerz schoß durch seine Brust. Er liebte zwei Menschen in Leningrad und er hatte sie beide getötet.
    Nein, das war nicht richtig. Die Matarese hatten sie getötet. Jetzt würde er töten, um sie zu rächen. Töten… und töten… und töten.
    Er ging am Nevsky Prospekt in eine Telefonzelle und wählte die Nummer des Evropeiskaya-Hotels. Diesmal würde er sofort zur Sache kommen; jetzt war keine Zeit, um sie an unbedeutende Männer zu verschwenden. Er mußte über den Vainikkala-See nach Helsinki gelangen, die korsische Frau in Paris erreichen und Scofield informieren. Sein Ziel war Essen; denn das Geheimnis der Voroschins lag dort. Tiere waren unterwegs, Bestien, welche töteten, um zu vermeiden, daß jenes Geheimnis gelüftet wurde. Er wollte sie jetzt… dringend… diese Elitesoldaten der Matarese. Für ihn waren sie alle

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